In einem umfangreichen UDRP-Verfahren vor dem Forum im Streit um die Domain leah.ai stellte sich unter anderem die Frage, ab wann der Markenschutz dem Käufer der Marke zuzurechnen ist.
Die britische Contractpod Technologies Ltd. ist auf dem Sektor »Legal-Tech« tätig und Inhaberin mehrerer Marken »LEAH«. Sie sieht ihre Rechte durch die im Januar 2019 von Fred Ju aus den USA registrierte Domain leah.ai verletzt. Am 05. Juni 2025 versuchte sie über den Dienstleister domainagents.com, die Domain anzukaufen. Dem Kaufangebot in Höhe von US$ 2.000,– machte der Domain-Inhaber das Gegenangebot von US$ 1.010.000,– mit dem Kommentar: »for serious buyers only«. Darauf bot domainagents.com US$ 3.500,– für die Domain mit dem Kommentar, er möge doch bitte ein realistisches Gegenangebot machen. Der Domain-Inhaber erklärte hingegen, er habe sein bestes Angebot bereits unterbreitet; die Domain sei nur für ernsthafte Käufer mit VC-Kapital im Rücken. Daraufhin startet die Contractpod Technologies Ltd. ein UDRP-Verfahren vor dem Forum. Als Beschwerdeführerin trug sie unter anderem vor, sie sei Inhaberin mehrerer Marken, unter anderem einer britischen Marke aus dem Jahr 2018 und zweier weiterer, 2024 eingetragenen Marken in der EU und den USA. Außerdem beruft sie sich auf eine erstmals am 31. Januar 2017 für Softwareprodukte aus dem medizinischen Bereich genutzte Marke »LEAH« von ihrer Rechtsvorgängerin, der Embecta Corp., die sie am 01. August 2023 gekauft habe. In der Folge habe sie die Marke für ihre Online-Plattform genutzt, auf der sie AI-gestützte Rechtssoftware anbietet. Der Gegner habe seine Domain leah.ai bis etwa 10. Juni 2025 nicht genutzt, also kurz nach dem Kaufangebot und kurz vor Einreichen der Beschwerde.
Der Gegner ließ sich zunächst selbst auf die Beschwerde ein, ehe er eine Anwaltskanzlei beizog, die seinen Vortrag ergänzte. Der Beschwerde halten sie entgegen, dass es sich bei Leah um einen Namen handelt. Seine Tochter heiße Leah und für sie habe er die Domain vor fünf Jahren registriert. Er wollte sie nicht verkaufen, weshalb er auf die anonyme Anfrage den exorbitanten Preis genannt habe, um weitere Angebote auszuschließen. Die Marke „LEAH“ sei nicht berühmt oder weithin wahrgenommen, und werde nicht mit künstlicher Intelligenz in Verbindung gebracht. Als Entscheider wurde der britisch-australische Jurist und Mediator Alan L. Limbury berufen.
Limbury wies die Beschwerde ab, da einerseits keine Bösgläubigkeit bei der Registrierung der Domain leah.ai zu erkennen und andererseits der Gegner zur Nutzung berechtig sei (Forum Claim Number: FA2506002162186). Die Ähnlichkeit von Marke und Domain stellte er problemlos fest. Bei der Prüfung eines Rechts oder berechtigten Interesses seitens des Gegners bestätigte Limbury, dass es sich bei Leah um einen gängigen Vornamen handele und dass die 15-jährige Tochter des Gegners, wie der Kopie ihres Ausweises zu entnehmen, genau so heißt. Aufgrund dessen liege die Berechtigung des Gegners an der Domain leah.ai vor. Eine Bösgläubigkeit vermochte Limbury bei Registrierung und Nutzung der Domain durch den Gegner nicht feststellen, was sich bereits aus dem zuvor Festgestellten ergäbe. Dass er auf die anonyme Kaufanfrage über US$ 2.000,– mit dem Gegenangebot von US$ 1.010.000,– reagierte, spreche nicht dafür, dass der Gegner die Domain nur in erster Linie zu dem Zweck registriert hat, die Domain an die Beschwerdeführerin, ihre Vorgängerin oder an einen Konkurrenten der Beschwerdeführerin zu verkaufen, zu verpachten oder anderweitig zu übertragen, und das zu einem überteuerten Preis. Damit war für Limbury die Beschwerde abzuweisen.
Dem Antrag des Gegners gemäß prüfte er noch ein Reverse Domain Name Hijacking (RDNH), das er bestätigte: genau so sehe der klassische „Plan B“-Fall aus. Der Ankauf einer Domain scheitere, woraufhin der enttäuschte Käufer die Domain über ein UDRP-Verfahren zu gewinnen versucht. Dabei berücksichtige Limbury auch, dass die Domain leah.ai bereits im Januar 2019 registriert wurde, beinahe vier Jahre bevor die Beschwerdeführerin Rechte an der Marke „LEAH“ erlangte und nochmal länger vor der EU- und der US-Marke. In der Folge wies Limbury die Beschwerde ab und bestätigte ein RDNH.
In diesem Fall wird unter anderem deutlich, dass es nicht auf Entstehung einer Marke ankommt, auf die man sich als Markeninhaber beruft, sondern ab wann man Inhaber dieser Rechte ist und sie geltend machen kann.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.