UDRP

Herr Paches und sein Kampf um paches.com

Ein Privatmann aus der Schweiz mit Nachnamen Paches wollte die Domain paches.com kaufen, sie war ihm aber zu teuer. Deshalb startete er, sich selbst vertretend, ein UDRP-Verfahren und rekurrierte darin auf seine Wort-/Bild-Marke »Paches«.

Sébastien Paches aus Morges in der Schweiz hätte gerne die Domain paches.com. Sie ist aber bereits seit vielen Jahren registriert. Paches setzte sich mit dem aktuellen Inhaber der Domain in Verbindung, der »Dvlpmnt Marketing, Inc.« mit Sitz in den USA. Die investiert in Domains und bietet sie zum Verkauf; paches.com ist geparkt und zeigt eine Seite mit Pay-per-Click-Links. Paches wandte sich an die Dvlpmnt Marketing und erklärte, die Domain seines Nachnamens wegen zu privaten Zwecken erwerben zu wollen, war aber lediglich bereit, US$ 500,– für sie zu zahlen. Da die Dvlpmnt Marketing aber US$ 6500,– für paches.com wollte, kam man zu keiner Einigung. Daraufhin startete Paches ein UDRP-Verfahren vor der WIPO, bei dem er sich selbst vertrat, und verwies auf seine Ende 2016 beantragte und eingetragene schweizer Wort-/Bild-Marke »Paches«, die durch die Domain paches.com verletzt würde. Die Dvlpmnt Marketing sei bereits in einem anderen UDRP-Verfahren einer Markenrechtsverletzung für schuldig befunden worden. Sie sei zudem seit 19 Jahren Inhaberin der Domain und betreibe unter ihr weder eine Website, ein Blog noch habe sie diese mit einem Instagram-, Facebook- oder Twitter-Account vernetzt. Das alles spräche für einen Fall von Cybersquatting. Die Gegnerin, die Dvlpmnt Marketing, erklärte, Domain-Händler zu sein und die Domain lange bevor der Beschwerdeführer seine Marke beantragt und eingetragen habe, registriert gehabt zu haben. Der Beschwerdeführer betreibe bisher keine Unternehmung unter dem Namen Paches. Die geparkte Domain paches.com habe bisher keine Links aufgewiesen, die eine Verbindung zum vom Beschwerdeführer angeblich geplanten Unternehmen herstelle. Man habe die Domain weder bösgläubig registriert noch genutzt. Als Entscheider wurde der britische Jurist Nick J. Gardner berufen.

Gardner wies die Beschwerde von Paches letztlich ab, aber machte ihm nicht den Vorwurf des Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) (WIPO Case No. D2019-0742). Bevor Gardner bei der Prüfung in medias res ging, klärte er noch, warum er die nachgereichte Stellungnahme des Beschwerdeführers mit Details über die Parking-Seite und deren Links nicht berücksichtigte. Diese Angaben seien nicht hilfreich, weil sie die komplexen Algorithmen außer Acht ließen, die individuelle Faktoren wie Geolocation, Browserverlauf, Gerät bei Aufruf der Domain nicht berücksichtigen und deshalb nicht hilfreich seien. Dies zu berücksichtigen, würde auch nichts am Ergebnis der Entscheidung geändert haben. Alsdann stellte Gardner fest, dass Domain und Wort-/Bild-Marke identisch sind. Die Frage nach einem Recht oder berechtigten Interesse der Gegnerin an der Domain übersprang Gardner und verwies auf seine Prüfung der Bösgläubigkeit. Diese vermochte er auf Seiten der Gegnerin nicht festzustellen. Kaum hilfreich sei es für die Prüfung, dass die Gegnerin sich nicht dazu geäußert hatte, weshalb sie die Domain paches.com erworben habe. Es handle sich um keinen englischen Begriff und es gäbe keinen Hinweis, dass es diesen Begriff in einer anderen Sprache gäbe. Es seien lediglich sechs Buchstaben, die gesprochen dem englischen Begriff »patches« nahe kämen. Der Begriff korrespondiere mit dem Familiennamen des Beschwerdeführers, doch sei unklar, wie bekannt dieser Name in der Schweiz oder sonstwo sei. Bei alle dem trage die Domain einen gewissen Wert in sich, der für die Gegnerin habe als Grund ausreichen können, die Domain zu erwerben, ohne dass sie von dem Beschwerdeführer wusste. Das Problem des Beschwerdeführers liege darin, dass er keinerlei Ansehen aufweise. Er habe noch nicht sein angekündigtes Unternehmen aufgebaut. Seine schweizer Marke meldete er erst 2016 an, drei Jahre, nachdem die Gegnerin die Domain erworben habe. Es weise nichts darauf hin und sei kein Grund ersichtlich, dass die Gegnerin den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Domain-Registrierung hätte kennen können oder müssen. Gardner stimmte der Ansicht der Gegnerin zu, es gelte grundsätzlich das Prinzip, dass nicht von Bösgläubigkeit ausgegangen werden könne, wenn die Domain vor der Marke registriert oder erworben wird. Dabei berücksichtigte Gardner auch, dass gegenüber Domain-Händlern höhere Standards hinsichtlich der Registrierung von Domains im Hinblick auf Markenrechtsverletzungen gelten. Auch im Hinblick auf eine bösgläubige Nutzung vermochte Gardner nichts zum Nachteil der Gegnerin festzustellen. Es sei nicht ersichtlich, dass sie, die als Domain-Brokerin im großen Stile tätig ist, jeweils aktiv den Beschwerdeführer anvisiert habe. Kern des gesamten Rechtsstreits sei letztlich, dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, den von der Gegnerin geforderten Betrag für die Domain zu zahlen. Aber das Interesse der Gegnerin an der Domain sei völlig legitim, und es bleibe ihr überlassen, zu welchem Preis sie die Domain verkaufe. Letztlich gäbe auch die vom Beschwerdeführer genannte frühere UDRP-Entscheidung, bei der eine Markenrechtsverletzung der Gegnerin festgestellt wurde, nichts her, da dieser Fall von ganz anderen Fakten ausging. Damit lag auch keine Bösgläubigkeit vor, und Gardner wies die Beschwerde zurück.

Abschließend prüfte er noch die Frage des Reverse Domain Name Hijacking (RDNH), die voraussetzt, dass die Beschwerde in böswilliger Absicht erhoben wird, z.B. um die Domain auf diesem Wege zu entführen, oder in erster Linie, um den Inhaber der Domain zu belästigen. Hier sprach nach Ansicht von Gardner, nach Abwägung aller Umstände, alles für Dilletantismus auf Seiten des sich selbst vertretenden Beschwerdeführers. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer beim Ankaufversuch erklärt habe, es gehe ihm um die persönliche Nutzung der Domain wegen des Familiennamens und sich hinterher herausstellte, dass er im Verfahren auf seine Marke und geschäftliche Gründe verwies, störten Gardner nicht. Aus seiner Sicht hatte der Beschwerdeführer eher einfach die UDRP nicht richtig begriffen, als dass er mit Absicht böswillig agierte. Das aber verdiene nicht, als RDNH eingestuft zu werden.

Was wie ein böswilliges Reverse Domain Name Hijacking aussieht, entpuppt sich – unter dem Auge des Entscheiders – als Unfähigkeit. Die Sache wäre wahrscheinlich auch mit professioneller Hilfe nicht anders ausgegangen. Aber die Chancen stehen in der Regel besser, wenn man sich als Markeninhaber von einem spezialisierten Anwalt vertreten lässt – und sei es, dass er von einem UDRP-Verfahren abrät. Unklar blieben die Angaben, zu welchem Zeitpunkt die Gegnerin die Domain registriert hatte: der Beschwerdeführer ging von einer Registrierung in 2000 aus; die Gegnerin will die Domain 2013 erworben haben, wobei sowohl vom September als auch vom Dezember des Jahres die Rede ist.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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