UDRP

Erste positive RDNH-Entscheidung der neuen Streitbeilegungsstelle CIIDRC

Ein irisches Softwareunternehmen war etwas spät dran bei der Namensfindung und sich zudem zu fein, einen angemessenen Preis für die Domain klir.com zu zahlen. Sie wagte den »Plan B« und startete ein UDRP-Verfahren. Das kanadische Streitbeilegungszentrum CIIDRC konnte aufgrund dessen nach knapp zwei Jahren im UDRP-Business seine erste positive »Reverse Domain Name Hijacking«-Entscheidung treffen.

Die in Irland ansässige Klir Platform Europe Limited, ein 2014 gegründeter, führender Anbieter von Softwarelösungen, die Wasserversorger bei der Verwaltung und Einhaltung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen unterstützt, sieht ihre Rechte durch die Domain klir.com verletzt. Sie ist Inhaberin einer US-Marke, einer EU-Marke und einer kanadischen Marke, die zwischen Februar 2018 und Juli 2019 registriert wurden. Sie versuchte seit September 2017, die Domain klir.com vom Inhaber zu kaufen und bot zunächst ca. CAD 5.000,– für die Domain. Der Inhaber verlangte über CAD 30.000,–. Im Laufe von gut drei Jahren bot Klir bis zu gut CAD 19.000,– für die Domain, doch der Inhaber ließ sich darauf nicht ein. Auch ein Angebot über einen Dritten in Höhe von US$ 20.000,– für die Domain wies er zurück und erklärte, er würde erst bei Angeboten über US$ 30.000,– über einen Verkauf nachdenken. Schließlich wandte sich Klir an das Canadian International Internet Dispute Resolution Centre (CIIDRC) und verlangte in einem UDRP-Verfahren die Übertragung der Domain. Unter anderem trug Klir vor, der Gegner habe die Domain irgendwann 2017 erworben; er nutze sie nicht und sei unter der Domain nicht bekannt. Auf Kaufangebote in Höhe von bis zu US$ 20.000,- gehe er nicht ein. Die Domain habe er ausschließlich gekauft, um sie an Klir oder einen ihrer Wettbewerber zu verkaufen. Der Gegner, ein Domain-Investor, nahm sich als Rechtsvertreter den renommierten Domain-Anwalt John Berryhill. Der machte klar, dass der Gegner eine Reihe von Vier-Zeichen-Domains halte und zum Verkauf anbiete, zu denen unter anderem klir.com, aber auch qatl.com, tekr.com und oxjb.com zählen. Die Domain klir.com, die er am 30. April 2016 bei einer öffentlichen Auktion erworben habe und deren Transfer zu ihm am 07. Mai 2016 abgeschlossen gewesen sei, habe er nie für Werbung oder dergleichen genutzt. Nicht die Beschwerdeführerin sei im Jahr 2014 gegründet worden, sondern eine »Elm Consulting & Solutions Limited«, die am 14. August 2018 in »Klir Platform Europe Limited« umbenannt worden sei, was am 12. September 2018 in das irische Handelsregister Eingang gefunden habe. Am 20. September 2017 registrierte sie dann folgerichtig die Domain klir.io. Es liege hier ein klassischer Fall von »Plan-B UDRP« vor, das auf der CIIDRC-Website wie folgt näher beschrieben ist:

After failing to negotiate a purchase, the brand owner, or its counsel, considers using the UDRP as an inexpensive alternative to going to court. Perhaps they believe that filing a complaint will give them leverage in negotiating a purchase.

Dies sei ein Fall von Reverse Domain Name Hijacking (RDNH). Als Entscheider dieses Falles wurden der britisch-australische Jurist und Mediator Alan L. Limbury als Vorsitzender sowie Michael Erdle und Steven M. Levy als Beisitzer bestimmt.

Das aus drei Entscheidern bestehende Gremium wies die Beschwerde von Klir Platform Europe Limited zurück und stellte RDNH fest (CIIDRC Case Number 15008-UDRP). Dass die Domain klir.com mit den Marken der Beschwerdeführerin identisch ist, war offensichtlich. Doch schon bei der Frage nach dem Recht oder berechtigten Interesse des Gegners an der Domain scheiterte die Beschwerdeführerin. Es sei offensichtlich, dass der Gegner die Domain zum Verkauf angeboten und die seit September 2017 eingehenden Kaufangebote der Beschwerdeführerin abgelehnt habe. Die Beschwerdeführerin habe jedoch keinen Nachweis dafür erbracht, dass sie die Marke »KIR« vor 2018, als sie ihren Namen änderte, genutzt habe. Der Gegner sei seit 2016 Inhaber von kir.com, lange bevor die Marken der Beschwerdeführerin existierten. Als Domain-Händler habe er demnach das Recht, die Domain zum Verkauf anzubieten. Der Beschwerdeführerin sei es damit nicht gelungen, das zweite Element der UDRP zu etablieren. Auch hinsichtlich der Frage der Bösgläubigkeit war die Beschwerdeführerin nicht erfolgreich, da der Gegner beim Kauf der Domain nicht wissen konnte, dass er unter Umständen die Rechte der Beschwerdeführerin verletzen könnte, weil sie und ihre Marken zu dem Zeitpunkt noch gar nicht existierten. Zudem nutze der Gegner die Domain nicht mit dem Ziel, die Beschwerdeführerin oder deren Marken auszunutzen. Das Gremium stellte fest, dass der Gegner nicht bösgläubig handelte und widmete sich der Frage des RDNH. Hier bestätigte es den Vortrag von Berryhill, der auf die Informationen auf der Website der CIIDRC verwiesen hatte und unterstrich, dass es sich um einen typischen »Plan-B-Fall« handele. Folglich entschied man darauf, dass die Domain klir.com beim aktuellen Inhaber verbleibt.

Das Canadian International Internet Dispute Resolution Centre (CIIDRC) ist als sechste UDRP-Streitbeilegungsstelle im Mai 2019 zugelassen worden und nimmt seitdem bis zu 200 UDRP-Verfahren monatlich an. Es ist eine Abteilung des British Columbia International Commercial Arbitration Centre (BCICAC), das der gemeinnützigen BCICAC Foundation untersteht. Mit diesem aktuellen Fall liegt nach knapp zwei Jahren die erste UDRP-Entscheidung des CIIDRC vor, in der ein Reverse Domain Name Hijacking bestätigt wird.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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