UDRP

Eine Agentur scheitert im Streit um af-ss.com, weil sich »afss« und »AFS« nicht zum Verwechseln ähneln

Eine gemeinnützige Agentur mit der Marke »AFS« scheiterte in einem UDRP-Verfahren um die Domain af-ss.org bereits an der Frage der Ähnlichkeit von Marke und Domain. Da sie sich von einer Anwaltskanzlei vertreten ließ, bestätigte der Entscheider im Verfahren auch ein Reverse Domain Name Hijacking.

Die North Seattle Community College Foundation DBA American Financial Solutions, eine gemeinnützige Agentur für Kreditberatung, Finanzbildung und Schuldenkonsolidierung, sieht ihre Rechte an der Marke »AFS« durch die Domain af-ss.org verletzt und startete mit der beauftragten Anwaltskanzlei Fish & Richardson P.C. vor The Forum ein UDRP-Verfahren gegen den Domain-Inhaber Christopher Johnson. Die Beschwerdeführerin ist seit 2003 Markeninhaberin und hat die Markenregistrierung zuletzt 2024 verlängert. Seit 2002 ist sie Inhaberin der Domain americanfinancialsolutions.com, die auf myfinancialsolutions.org weiterleitet. Der Gegner registrierte die Domain af-ss.org im August 2024 und leitet sie aktuell auf eine Baustellenseite weiter. Die Beschwerdeführerin meint unter anderem, die Domain verletze ihre Marke »AFS«, der Gegner sei unter dem Zeichen nicht bekannt, er habe keine Lizenz für die Nutzung des Zeichens und sei auch auf keine andere Weise berechtigt, die Marke »AFS« zu nutzen. Der Gegner meldete sich nicht. Als Panelist wurde US-Anwalt Terry F. Peppard berufen.

Peppard wies die Beschwerde bereits bei der Frage der Ähnlichkeit von Marke und Domain ab und stellte sogar Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) fest (The Forum, Claim Number: FA2409002115900). Da der Gegner keine Stellung genommen hatte, musste sich Peppard ganz auf den Vortrag der Beschwerdeführerin stützen. Er konzedierte, dass eine Marke »AFS« auf die Beschwerdeführerin eingetragen ist, sah aber keine verwechslungsfähige Ähnlichkeit zwischen ihr und der Domain. Zur genaueren Prüfung schnurrte er die Domain af-ss.org auf ihren Kern zusammen: »afss«. Die Endung falle heraus, weil sie eine technische Notwendigkeit ist, und der Bindestrich falle weg, weil der keinerlei Bedeutung hinzufüge noch den Klangcharakter ändere (»a hyphen adds nothing to the meaning, nor does it change the phonetic character«). Was bleibe, sei ein zusätzliches »s« gegenüber der Marke. »AFS« und »afss« seien jedenfalls nicht identisch, aber sie sind ähnlich. Es komme aber nicht auf die Ähnlichkeit von Marke und Domain an, sondern darauf, ob man sie verwechseln kann. Peppard bemängelt, die Beschwerdeführerin habe keinen Hinweis darauf gegeben, warum der Gegner das zweite »s« bei der Domain angefügt hat, oder inwieweit so ein Bezug zur Beschwerdeführerin hergestellt würde. Um das Problem zu veranschaulichen, zog Peppard andere Inhaber von »AFS«-Marken herbei, deren Geschäftsnamen durch das Akronym »AFS« abgekürzt werden. Es stelle sich die Frage, ob jeder dieser Inhaber einer »AFS«-Marke wegen verwechselbarer Ähnlichkeit im Sinne der UDRP gegen den Gegner ein Verfahren führen könne, oder ob jeder dieser Markeninhaber die Marke der Beschwerdeführerin angreifen könne. Das zeige, die Marke der Beschwerdeführerin sei außerhalb ihres Geschäftsbereichs einfach nicht unterscheidungskräftig und der Beschwerde seien keine ausreichenden Unterlagen beigefügt, die irgendwelche Anhaltspunkte dafür geben, dass der Gegner versucht, mit der Domain den Ruf der Beschwerdeführerin auf dem Markt auszunutzen. Zudem biete die Beschwerdeführerin keinen Anhaltspunkt dafür, dass die einfache Existenz der Domain zu irgendeiner Verwechslung geführt habe, oder dass dies für die Zukunft wahrscheinlich ist. Die Beschwerdeführerin behauptet zudem nicht, es handele sich um eine Tippfehlerdomain. Und die Beschwerdeführerin lege keine Nachweise für ihre Behauptung vor, der Gegner habe bei der Domain-Registrierung die Marke »AFS« gekannt oder hätte sie kennen müssen. Damit hatte die Beschwerdeführerin aus Peppards Sicht das erste Element des Verfahrens nicht erfüllt. Er sparte sich die Prüfung weiterer Voraussetzungen, zumal der Vortrag der Beschwerdeführerin auch bei diesen deutliche Lücken aufweise.

Peppard nahm sich aber die Zeit, noch die Frage eines RDNH zu prüfen und bestätigte dessen Vorliegen, denn die Beschwerdeführerin wurde von einer Anwaltskanzlei vertreten. Sie wusste, dass ihre Marke »AFS« außerhalb ihres Geschäftsbereichs nicht unterscheidungskräftig ist, sie habe nicht belegt, dass eine Verbindung zwischen ihrem Geschäftsfeld und der Domain besteht, sie habe keinen Nachweis für eine Verwechslung vorgelegt, sie habe den Vorwurf einer Vertipperdomain nicht vorgebracht und nicht belegt, dass der Gegner sie und ihre Marke kannte. Da sie gleichwohl das UDRP-Verfahren startete, liege ein Missbrauch des Verfahrens vor, womit ein Fall von RDNH gegeben sei. Damit entschied Pappard, dass die Domain af-ss.org beim Gegner verbleibt und die Beschwerdeführerin sich eines RDNH schuldig gemacht habe.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.

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