UDRP

Ein ungesunder Streit um zwei Kräuter-Apotheken-Domains

Ein UDRP-Streit besonderer Güte ist der um die beiden Domain-Namen bghealingarts.com und healingartsapothecary.com. Die Parteien des UDRP-Verfahrens waren einmal verbandelt und hatten bereits um die Domain bghealingarts.com gestritten. Darüber hinaus bot das Verfahren einige weitere Besonderheiten, die der Entscheider W. Scott Blackmer klarsinnig diskutierte.

Schon die Person der Beschwerdeführerin ist etwas unklar. Es ist die US-amerikanische »Battle Ground Healing Arts«, vertreten durch Jill E. Stansbury. Die im Staat Washington (USA) zuständige Behörde kennt allerdings nur die im Februar 2020 gegründete »Battle Ground Healing Arts Pllc«, die aber nicht Inhaberin der zwischen 2016 und 2021 eingetragenen US-Marken »BATTLE GROUND HEALING ARTS«, »HEALING ARTS APOTHECARY« und »BG HEALING ARTS« ist, auf die sie sich im UDRP-Verfahren stützt. 1989 gründete Jill E. Stansbury die in Battle Ground ansässige »Battle Ground Family Practice«. 2002 bewarb die Beschwerdeführerin ihr Vorhaben, einen Laden in ihrem Geschäftsgebäude zu etablieren. 2005 oder 2006 engagierte sie Diana Davidson als Ladenbetreiberin. Über die Führung des Ladens wurde man sich uneinig und trennte sich 2011, wobei die Ladenbetreiberin der Beschwerdeführerin das Inventar abkaufte und einen eigenen Laden eröffnete. Sie ist nun, zusammen mit Jon Davidson, Gegner des Verfahrens. Im November 2011 registrierten sie die Domain bghealingarts.com, und seit 2018 sind sie auch Inhaber der im August 2015 registrierten Domain healingartsapothecary.com. Unter bghealingarts.com bewerben sie ihre Kräuterapotheke in Battle Ground. Die Domain healingartsapothecary.com leitet auf die von ihnen betriebene Domain bgapothecary.com weiter, die die gleichen Inhalte wie bghealingarts.com zeigt.In einem UDRP-Verfahren hinsichtlich der Domain bghealingarts.com (NAF Claim Number: FA1912001875226) war die Beschwerdeführerin gegen die Gegner im Januar 2020 gescheitert. Der Panelist David P. Miranda, Esq war der Ansicht, dass es sich um eine geschäftliche und/oder vertragliche Streitigkeit handelt, die nicht in den Anwendungsbereich der UDRP fällt. Zum Entscheider im aktuellen Verfahren wurde der US-amerikanische Jurist W. Scott Blackmer bestellt.

Blackmer wies die Beschwerde gegen die Domain healingartsapothecary.com mangels unter anderem fehlender Bösgläubigkeit der Gegner ab; die Domain bghealingarts.com nahm er zur Entscheidung gar nicht erst an (WIPO Case No. D2021-3965). Nachdem Blackmer die Vorfrage hinsichtlich nachgereichter Einlassungen der Parteien geklärt hatte, stellte sich die Frage über die erneut eingereichte Beschwerde hinsichtlich der Domain bghealingarts.com. Er vermochte keine hinreichend stichhaltige Begründung und keine Beweise seitens der Beschwerdeführerin feststellen, die eine erneute Einreichung ihrer Beschwerde über die Domain bghealingarts.com begründeten, weshalb er dieses Verfahren nicht wieder öffnete. In seiner Entscheidung befasste sich Blackmer von da an nur noch mit der Domain healingartsapothecary.com.

Bei der Prüfung dieser Domain wich Blackmer der Beantwortung der Frage nach einer bestehenden Verwechslungsgefahr von Marke und Domain zunächst aus: Die Domain beinhalte die Marke »HEALING ARTS APOTHECARY« gänzlich, doch ist die Marke erst vor kurzem in das USPTO-Zusatzregister eingetragen worden, weshalb von einer lediglich geringen Unterscheidungskraft der Marke auszugehen sei. Ob sich eine Gewohnheitsmarke gebildet habe, sei nur schwer feststellbar. Es bleibe die Frage, ob der Begriff »healing arts« innerhalb der Marke eine Verwechslungsgefahr gegenüber der Domain healingartsapothecary.com etabliere. Der Begriff »healing arts« werde von zehntausenden Dritten genutzt. Man müsse das im größeren Zusammenhang des Falles sehen, weshalb er zunächst die beiden verbleibenden Voraussetzungen prüfte, um dann auf die Verwechslungsgefahr von Marke und Domain zurückzukommen.

Aus Blackmers Sicht hatte die Beschwerdeführerin den Anscheinsbeweis für das Nichtbestehen eines Rechts oder berechtigten Interesses der Markennutzung durch die Gegner mit der Domain erbracht. Die Gegner vermochten nicht überzeugend darzulegen, weshalb sie unter der Bezeichnung healingartsapothecary.com bekannt seien: Die Domain haben sie erst 2018 erworben, 2011 waren sie als »Battle Ground Apothecary and Natural Goods LLC« gestartet und hatten ihren Laden »BG Apothecary and Natural Goods« benannt, der aber auch als »Healing Arts Apothecary« bekannt war, da er ursprünglich im »Healing Arts«-Gebäude der Beschwerdeführerin untergebracht war. Das reiche aber nicht aus als Nachweis dafür, dass die Gegner unter dem Namen healingartsapothecary.com allgemein bekannt sind. Vielmehr nutzen sie auch heute die Bezeichnungen »Battle Ground Apothecary and Natural Goods LLC« und »BG Apothecary and Natural Goods« vor Ort und im Internet.

Im Hinblick auf die Bösgläubigkeit der Gegner stellte Blackmer fest, dass, als die Gegner die Domain healingartsapothecary.com 2018 erwarben und eine Weiterleitung auf ihre eigentliche Website bghealingarts.com einrichteten, ihnen die Beschwerdeführerin aufgrund der früheren Zusammenarbeit bestens bekannt war. Während die Beschwerdeführerin diese Handlungsweise als Versuch, ihr Geschäft zu ruinieren und ihren guten Namen auszunutzen verstehe, zeige sich doch, dass die Website unter bghealingarts.com nach wie vor die Inhalte aufweist, die sie schon vor 2016 hatte, als die Website zugleich auch für das Geschäft der Beschwerdeführerin warb. Diese Website wurde von Anfang an durch die Gegner gestaltet und betrieben. Folglich ahmten die Gegner nicht die Geschäftsdarstellung der Beschwerdeführerin nach, sondern hielten, ungeachtet des zu diesem Zweck gewählten Domain-Namens, an ihrer eigenen Geschäftspräsentation fest. Zudem hätten die Gegner vorgetragen, die Domain lediglich aus der Defensive heraus erworben zu haben, um ihre eigene Online-Identität vor einem »Überschreiben« durch die Beschwerdeführerin zu schützen. Daraus entnimmt Blackmer, dass die Gegner Gründe hatten, zu versuchen, die Kunden zu halten, die sie ursprünglich unter diesem Namen und unter dem Namen »BG Healing Arts« gewonnen hatten, bevor die Beschwerdeführerin die entsprechenden Markenrechte verwerten konnte. Folglich sei von einer bösgläubigen Registrierung und Nutzung nicht auszugehen. Im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr zwischen Domain und Marken ergab sich für Blackmer daraus, dass die Gegner mit der Domain healingartsapothecary.com nicht auf eine Marke der Beschwerdeführerin abzielten und dass hier kein Beweis für eine Verwechslungsgefahr bestehe. Folglich wies Blackmer die Beschwerde der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Domain healingartsapothecary.com wegen der fehlenden Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr und der Bösgläubigkeit ab.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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