UDRP

Ein Markenstreit unter Zahnspangenanbietern kulminiert im Streit um die Domain suissealign.com

Zwei Unternehmen für Medizin- und Dentaltechnologie, die durchsichtige Zahnspangen anbieten, stehen in einem Markenrechtsstreit. Parallel fochten sie ein UDRP-Verfahren um die Domain suissealign.com aus. Interessant war, dass die Beschwerdegegnerin laut Schweizer Handelsregister wegen Insolvenz gar nicht mehr existierte.

Die kalifornische Align Technology Inc. ist die Anbieterin von durchsichtigen Zahnspangen und seit Dezember 2006 Inhaberin der US-Marke »ALIGN«. Sie sieht ihre Rechte durch die Schweizer »faktor plus communications« verletzt, die unter der Domain suissealign.com ihrerseits durchsichtige Zahnspangen anbietet. Beide Parteien streiten sich über ihre Marken und um die im März 2015 registrierte Domain suissealign.com. Die Align Technology Inc. startete ein UDRP-Verfahren vor dem National Arbitration Forum (NAF). Im Vorfeld hatten die Parteien aber bereits über eine Beilegung des umfassenden Streites verhandelt, bei dem die Align Technology Inc. US$ 1,3 Mio. an die schweizer Unternehmung hätte zahlen sollen, wobei die Meinungen auseinandergehen, ob davon auch die Domain betroffen gewesen wäre und übertragen werden sollte. Die Beschwerdeführerin trägt vor, die Gegnerin »faktor plus communications« existiere gar nicht mehr; sie sei in Insolvenz gegangen, aufgelöst worden und betreibe unter der Domain kein Geschäft mehr, weshalb sie keine Rechte mehr an der Domain habe und unter ihr nicht bekannt sei. Sie versuche nun, sich als Align Technology Inc. oder als ihr Geschäftspartner auszugeben. Die Gegnerin hält entgegen, die Marke »ALIGN« der Beschwerdeführerin sei vom US-Markenamt als beschreibend eingestuft worden, und die Löschung der EU-Marke drohe auch. Mit dem Zusatz „suisse“ sei ihre Domain zur Marke »ALIGN« unterscheidungskräftig. Die Insolvenz des Unternehmens sei im vorliegenden Falle irrelvant, da man die im Oktober 2018 eingetragene Schweizer Marke »SWISS INSIDE SUISSEALIGN« berechtigterweise und die Domain im Zusammenhang mit Medizin- und Dentaltechnologien nutze. Die Darstellung der Marke auf der Website entspreche der registrierten Marke, welche man aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit dem Markeninhaber nutze. Die Beschwerdeführerin trug nach, dass das US-Markenamt letztlich ihre Marke aufgrund der eingetragenen Klassen nicht als beschreibend eingestuft habe. Als Entscheider für diesen Fall wurde der sehr renommierte koreanische Rechtsanwalt Ho-Hyun Nahm, Esq. berufen.

Nahm wies die Beschwerde letzten Endes ab, da er die Nutzung der Domain durch die Gegnerin als berechtigt feststellte (NAF Claim Number: FA2006001898708). Doch bevor er in die Prüfung ging, klärte er zwei Vorfragen. Da die Parteien ihrerseits auf die Komplexität des Markenrechtsstreites hingewiesen hatten, hätte Nahm die Bearbeitung des Falles als für die UDRP ungeeignet zurückweisen können, weil Markenrecht und UDRP-Argumente miteinander vermischt werden. Er entschied sich allerdings anders, da die Beschwerdeführerin neben der Markenstreitigkeit auch das Vorliegen der drei Elemente der UDRP geltend machte. Weiter habe die Gegnerin gegen die Voraussetzungen der »ICANN Rule #5 (a) and/or the Annex to the Supplemental Rules« verstoßen, indem sie Dokumente von über 10 MB eingereicht habe. Gleichwohl entschied er sich dafür, die Entgegnung der Gegnerin zu akzeptieren und sie sich anzuschauen.

Alsdann ging er in die Sachprüfung und stellte fest, dass die Beschwerdeführerin Inhaberin der Marke »ALIGN« ist, während die Gegnerin Rechte an der Marke »SWISS INSIDE SUISSEALIGN« habe, und die Domain für Medizin- und Zahntechnologien nutze. Da die Domain das Zeichen »align« enthalte, bestehe Verwechslungsgefahr. Der Zusatz »suisse« sei lediglich beschreibend. Ausführlich wurde Nahm bei der Frage des Rechts oder berechtigten Interesses seitens der Gegnerin. Hier stellte er zunächst fest, dass die Beschwerdeführerin den Anscheinsbeweis erbracht habe, dass die Gegnerin nicht berechtigt sei. Denn die gäbe es nicht mehr, da sie insolvent gegangen und folglich unter dem Domain-Namen nicht bekannt sei. Unter der Domain gäbe sie sich als die Beschwerdeführerin aus, womit sie kein legales Angebot von Waren und Dienstleistungen erbringe. Allerdings halte die Gegnerin valide Argumente entgegen: so sei sie berechtigt, die Marke »SWISS INSIDE SUISSEALIGN« zu nutzen und biete Medizin- und Dentaltechnik an, und sei demgemäß unter dem Domain-Namen bekannt. Sie habe umfangreiche Unterlagen vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass verschiedene Unternehmen in der Angelegenheit involviert seien, dass man aber die Geschäftstätigkeit von SUISSEALIGN unter der Domain nie ausgesetzt habe. Nach der Pleite von »factorplus Mosimann« sei die Domain suissealign.com auf den Einzelunternehmer »Suissealign, Patrice Mosimann« (kurz »Suissealign«) nach Schweizer Recht übertragen worden. Dass es Suissealign nicht mehr gäbe, sei einfach eine Falschbehauptung der Beschwerdeführerin. Die Unternehmung war seit ihrer Gründung immer geschäftlich aktiv. Das alles war für Nahm ausreichend, von der Berechtigung der Gegnerin auszugehen, womit die Beschwerdeführerin das 2. Element der UDRP nicht erfüllte. Irgendwelche Gründe für Bösgläubigkeit der Gegnerin bei Registrierung und Nutzung der Domain waren für Nahm nicht ersichtlich. Er ging dabei auf die Beilegungsverhandlungen und den hohen Preis von US$ 1,3 Mio. ein. Doch das Argument der Gegnerin, das Beilegungsangebot habe alleine dazu gedient, die eigene Marke zu schützen und der Preis habe die Domain nicht mitumfasst, überzeugten Nahm. Selbst wenn die Domain mit in Verhandlung gestanden hätte, wäre das in Ordnung gewesen, da die Gegnerin diese berechtigter Weise nutzte. Aus diesen Gründen wies Nahm die Beschwerde ab.

Die UDRP-Entscheidung zeigt den großen Spielraum, den Entscheider haben, wenn es um die Annahme eines Verfahrens geht. Nahm ließ sich durch die im Hintergrund schwelenden Markenstreitigkeiten nicht abhalten, das UDRP-Verfahren durchzuführen. Und er akzeptierte auch den Regelverstoß der Gegnerin, die zuviele Daten eingereicht hatte.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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