UDRP

Durch Broker vermittelte Preisvorstellung führt im Streit zum Verlust der Domain dwrs.com

Zur Abwechslung bieten wir diesmal eine UDRP-Entscheidung, bei der die Beschwerdeführerin erfolgreich war. Der Entscheider orientierte sich bei der Frage nach der Bösgläubigkeit an den vom Broker des Domain-Inhabers genannten Zahlen. Das finden Domain-Investoren nicht lustig.

Die niederländische MAGT Holding B.V. sieht ihre Markenrecht an den Kürzeln »DW\RS« (Wort-/Bild-Marke) und »DWRS« verletzt, die seit Januar 2016 und Oktober 2017 in den Niederlanden und Europa geschützt sind. Das Unternehmen selbst wurde 2015 gegründet und ist unter der Domain dwrslabel.com mit einem Angebot von Schuhen im Internet aktiv. Die im Verfahren streitige Domain dwrs.com wurde 2001 registriert; über die Jahre änderten sich die WHOIS-Daten der Domain aber mehrfach, zuletzt im Jahr 2022. Unklar blieb, ob mit eine der Änderungen der WHOIS-Daten auch eine Änderung des Domain-Inhabers einherging. Der Registrar vermochte lediglich als Inhaber anzugeben „Translation Failed Translation Failed“ mit Sitz in China. Auf Nachfrage ergaben sich keine Erkenntnisse. Die MAGT Holding versuchte, die Domain zwischen Juni und November 2021 über einen GoDaddy-Broker für EUR 1.000,– zu kaufen. Der Broker empfahl, das Angebot auf US$ 2.500,– bis 5.000,– und dann auf US$ 10.000,– zu erhöhen. Die MAGT Holding bot daraufhin einen Betrag von »US$ 1.000,–« (laut Entscheidung). Im November 2021 meinte der Broker, der Inhaber habe ihm gesagt, er werde lediglich ein Angebot über US$ 40.000,– akzeptieren. Das schmeckte der MAGT Holding nicht, weshalb sie ein UDRP-Verfahren vor der WIPO anstrengte. WIPO versuchte, dem Gegner die Beschwerde zuzusenden, was jedoch wegen unbrauchbarer Angaben seitens des Inhabers gegenüber dem Registrar nicht möglich war. Vom Gegner liegt demgemäß keine Stellungnahme vor. Als Entscheider kam der australische Rechtsanwalt und Lehrbeauftragten Warwick A. Rothnie zum Zug. Der meinte, da Domain-Inhaber verpflichtet sind, korrekte Daten über sich für das WHOIS-Verzeichnis anzugeben, hatte der Gegner eine faire Möglichkeit, dem UDRP-Verfahren entgegenzutreten.

Rothnie gab der Beschwerde der MAGT Holding statt (WIPO Case No. D2022-0938). Die Domain und die Marken seien identisch, stellte Rothnie fest. Es sei kein Recht oder berechtigtes Interesse des Gegners an der Domain erkennbar: da keine korrekten Angaben zu seinem Namen vorliegen, sei nicht nachvollziehbar, ob der Gegner unter dem Domain-Namen bekannt sei. Rothnie ließ sich von der Argumentation der Beschwerdeführerin leiten, die vortrug und belegte, dass im Oktober 2016 die Domain aufhörte, auf die Seite xz.com weiterzuleiten, wo sie zum Verkauf angeboten worden war. Das zeige, so die Beschwerdeführerin, dass der Gegner danach Inhaber der Domain wurde. Rothnie verwies weiter auf den WIPO Overview 3.0, dem zu entnehmen ist, dass ein VierZeichen-Akronym nicht notwendigerweise ein Recht oder berechtigtes Interesse an einer Domain generiere. Demnach sehe es in erster Linie danach aus, dass der Domain-Inhaber falsche Daten geliefert hat, und obwohl er die Möglichkeit erhalten hatte, diese zu korrigieren, hat er sich dazu entschieden, das nicht zu tun. Nach alle dem vermochte Rothnie hier kein Recht oder berechtigtes Interesse zu Gunsten des Gegners zu erkennen und bestätigte damit das Vorliegen des 2. Elements der UDRP.

Alsdann prüfte er die Frage der Bösgläubigkeit des Gegners bei Registrierung und Nutzung der Domain. Rothnie stellte fest, die Beschwerdeführerin habe nachvollziehbar dargelegt, dass der Gegner die Domain registrierte, nachdem ihre Marken bekannt geworden waren. Weder habe der Gegner das verneint, noch habe er verneint, dass er die Marken der Beschwerdeführerin kannte. Vielmehr habe er durch seinen Broker angeboten, die Domain zum Preis von US$ 40.000,- an die Beschwerdeführerin zu verkaufen. Rothnie sah keine Hinweise, die dafür sprachen, dass dieser Betrag den tatsächlichen, dem der Domain innewohnenden Wert widerspiegele. Im Gegenteil deutete die Empfehlung des GoDaddy-Brokers, das Angebot zu erhöhen, darauf hin, dass das Gegenangebot von US$ 40.000,– nicht dem tatsächlichen Wert der Domain entspreche, sondern vielmehr dem Wissen um die Marken der Beschwerdeführerin entstamme. Rothnie verwies weiter auf die gängige Praxis, dass falsche Angaben im WHOIS für die Bösgläubigkeit sprechen. Da der Gegner weder ein Recht noch ein berechtigtes Interesse an der Domain für sich in Anspruch nahm noch auch Nachweise dafür vorlegte, stellte Rothnie hier die Bösgläubigkeit des Gegners fest. Demgemäß entschied er auf Transfer der Domain dwrs.com auf die Beschwerdeführerin.

Domain-Investor Elliot Silver sieht aufgrund der UDRP-Entscheidung zu dwrs.com ein deutliches Problem mit den von Brokern genannten Preisen, die nicht unbedingt den Wert einer Domain widerspiegeln, sondern einen Ausgangsbetrag für die Kaufpreisverhandlung von Seiten des Verkäufers. Im Grunde bestätigt er den Ausgang des Verfahrens, doch kritisiert er, dass Rothnie die Preis-Angaben des Broker zur Bewertung des Wertes der Domain und damit der Bösgläubigkeit des Gegners herangezogen hat. Der Broker wollte lediglich den besten Preis für seinen Kunden herausschlagen, und damit gehe einher, dass bei einer Verhandlung über einen dynamisch bewerteten Vermögenswert wie Domain-Namen Broker in der Regel schrittweise Angebotsverbesserungen vorschlagen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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