UDRP

Drei interessante Entscheidungen von WIPO-Entscheidern

In den vergangenen Tagen sind mehrere interessante UDRP-Entscheidungen ergangen, von denen wir uns drei herausgreifen und sie kurz vorstellen: Unter der .se-Policy griff der Entscheider im Streit um die Domain alexander-bourtakov.se auf das schwedische Namensrecht zurück, beim Streit um carrefour-world .com zeigte die Entscheiderin Eigeninitiative und wälzte unter anderem kanadische Wörterbücher, und den Streit um pippamalm gren.com wies der Entscheider zurück, weil der Fall sich nicht für die UDRP eignete.

alexander-bourtakov.se (WIPO Case No. DSE2022-0035)
Der Beschwerdeführer, A. B., ist ein britischer Bürger und Geschäftsmann mit Sitz in Monaco. Er meint, unter der seinem Namen ähnlichen Domain alexander-bourtakov.se würden von Rivalen verleumderische Unwahrheiten über ihn verbreitet, um seine Geschäfte schlecht zu reden und zu zerstören. Er verweist auf das schwedische Namensrecht, wonach Namen geschützt sind, die in Schweden von weniger als 2.000 Personen genutzt werden. Der Gegner, NJALLA – 1337 Services LLC mit Sitz auf Saint Kitts und Nevis in der Karibik, habe kein Recht an der am 22. April 2022 registrierten Domain. Die Gegner meldete sich nicht zur Sache. Der Entscheider, der schwedische Rechtsanwalt Johan Sjöbeck, stellte kurzerhand fest, dass der Beschwerdeführer vom schwedischen Namensrecht nicht geschützt wird, da er weder schwedischer Bürger ist, noch seinen Sitz in Schweden oder einem anderen Land des Europäischen Wirtschaftsraums hat. Er stellte darüber hinaus fest, dass der Nachname des Beschwerdeführers nicht bei der schwedischen Steuerbehörde registriert ist. Da also sein Name nicht durch schwedisches Recht geschützt ist, lag die erste Voraussetzung nach der .se-Policy nicht vor. Anlass, die weiteren beiden Voraussetzungen zu prüfen, sah Sjöbeck nicht, so dass er die Beschwerde abwies.

carrefour-world.com (Case No. D2022-4457)
Der bekannte französische Hypermarkt-Konzern Carrefour SA sah seine seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bestehenden Markenrechte durch die Domain carrefour-world.com verletzt. Inhaber der im November 2022 registrierten Domain ist Salman Nazari mit Sitz in Kanada. Er meldete sich nicht zur Sache. Vizepräsidentin und Chefsyndikus des The Unicode Consortium und freie Beraterin Anne Gundelfinger legte sich bei diesem Fall ins Zeug und recherchierte, da ihr zuwenig Informationen vorlagen. Sie stellte fest, dass der Domain-Inhaber auf der Website unter carrefour-world.com billige Fitness-Tracker vertreibt und das Impressum dort mit den Daten des Domain-Inhabers übereinstimmt. Außerdem schaute sie sich an, wie im französischen Kanada gelegenen Quebec, auf das das Impressum verweist, der Begriff »Carrefour« genutzt wird. Das »Grande Dictionnaire Terminologique« (GDT) bietet einige weitergefasste und mehr beschreibende Definitionen des Begriffes »carrefour« im »Québécois« als im Französischen. Zudem finde man den Begriff in Quebec an jeder Straßenecke; er verweise auf physische und virtuelle Plätze, an denen sich Menschen treffen, versammeln, einkaufen, und als Bezeichnung von Malls und Einkaufszentren. Zudem gibt es im kanadischen Markenregister 35 »Carrefour«-Marken Dritter. Diese allgemeine Nutzung des Begriffs »Carrefour« in Quebec sprach für Gundelfinger dagegen, dass man von bösgläubigem Registrieren und Nutzen der Domain sprechen könne. Zudem habe die Beschwerdeführerin in Kanada und den USA keine Niederlassungen, aufgrund derer ihre bekannte Marke auch genau da so bekannt wie in Europa sei. Wenn der Gegner »Carrefour« nutze, so sei das als »Einkaufsstätte« zu verstehen. Gundelfinger wies die Beschwerde zurück. Mittlerweile finden sich unter der Domain keine Inhalte mehr.

pippamalmgren.com (WIPO Case No. D2022-4605)
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Pippa Malmgren (UK) führte von Januar 2014 bis September 2020 zusammen mit Wayne Paul Harburn die DRPM Group Limited (UK). Mittlerweile ist Malmgren aus der DRPM ausgeschieden. Sie musste feststellen, dass, wie sie im UDRP-Verfahren um die Domain pippamalmgren.com sagt, die im April 2006 auf sie registrierte Domain irgendwann ohne ihre Kenntnis und ihr Einverständnis auf Paul Harburn und die DRPM Group Limited übertragen wurde. Sie verlangt nun im Rahmen des UDRP-Verfahrens die Übertragung der Domain auf sich. Sie hat im September 2020 die US-Marke »PIPPA MALMGREN« beantragt, die aber noch nicht eingetragen ist. Nach der Zusammenarbeit mit der DRPM Group von 2014 bis September 2020 ist die Beschwerdeführerin weiter unter ihrem eigenen Namen als Rednerin tätig; zudem hat sie unter ihrem Namen vier Bücher geschrieben, von denen zwei ausgezeichnet wurden. Die Gegner meldeten sich nicht in dem UDRP-Verfahren. Der Australier mit Professur für Recht in Beijing (China) Matthew Kennedy wies die Beschwerde zurück. Ob die Beschwerdeführerin über ihre Tätigkeit und ihre Veröffentlichungen eine Gewohnheitsmarke an ihrem Namen generiert hat, sei nicht notwendig zu klären, aber »arguendo« (als nicht entscheidungserhebliche Behauptung) nehme er das mal an. Doch kommt Kennedy im weiteren Verlauf, wobei er die Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners an der Domain überspringt, zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um einen typischen Cybersquatter-Fall handele. Es bleibe unklar, wann die Gegner Inhaber der Domain wurden und ob sie tatsächlich unrechtmäßig an die Domain gelangten, denn es sei durchaus plausibel, dass diese während der Zusammenarbeit mit der Beschwerdeführerin legitimer Weise seit 2014 Inhaber sind. Denn die gemeinsam geführte Unternehmung wurde, wie die Beschwerdeführerin selbst vorträgt, unter anderem gegründet, um ihre Dienstleistungen als Rednerin zu fördern – auch über die Domain pippamalmgren.com. Das alles sei, so Kennedy, viel zu komplex für ein UDRP-Verfahren, weshalb er letztlich die Beschwerde abwies, weil sie vor ein ordentliches Gericht gehöre, wo Beweis erhoben werden und Zeugen vernommen werden können.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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