UDRP

Discounter Norma verliert einen UDRP-Streit um norma.app

Der Lebensmittelanbieter Norma sah seine Rechte durch die Domain norma.app verletzt und startete ein UDRP-Verfahren gegen einen griechischen Anbieter von KI-Software. Das Verfahren war nicht von Erfolg gekrönt, aber führte auch nicht zu einem Reverse Domain Name Hijacking.

Die Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG aus Deutschland sieht ihre Rechte durch die Domain norma.app verletzt und startete ein UDRP-Verfahren vor der WIPO. Sie trug vor, unter norma.app werde Software angeboten, was in den Klassenbereich der eigenen EU-Marke »NORMA« falle, für die auch ein Schutz in der Klasse 9 (Computer Software und Programm, Datenbanken usw.) und Klasse 35 (Online-Verkauf von Computer-Zubehör und Software) besteht. Der Gegner, Anastasios Anastasiadis mit Sitz in Griechenland, meldete sich nicht zum Verfahren. Der als Entscheider bestellte britische Jurist Nick J. Gardner führt im Sachverhalt zum UDRP-Verfahren aus, die Domain norma.app wurde im Mai 2021 registriert; unter der Domain findet sich eine mit »Norma« gebrandete Website, auf der ein »AI Powered Analytics«-System beworben werde. Auf der Website heißt es:

Bringing Your Data to Life. Founded in 2022, Norma’s mission is to empower organizations worldwide to awaken the full potential of their data. By offering cutting-edge Cloud Warehousing and Modern AI-powered Analytics solutions, Norma becomes your trusted internal BI partner, guiding your growth and success in a data-driven world.

Gardner wies die Beschwerde von Norma ab, wobei er ein Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) zwar prüfte, aber nicht bestätigte (WIPO Case No. D2025-2486). Die Beschwerdeführerin habe belegt, dass sie Markeninhaberin und die Domain mit ihrer Marke identisch ist, womit sie das erste Element der UDRP erfülle. Bei der Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners an der Domain griff Gardner wieder auf die Inhalte unter der Domain norma.app zurück. Dort werde angegeben, dass der Gegner sein Geschäft seit 2022 führt. Die Beschwerdeführerin behaupte nicht, dass die Angaben auf der Website falsch seien. Vielmehr erkläre sie, der Gegner biete auf der unter der Domain norma.app erreichbaren Website Softwarelösungen für europäische Unternehmen an, insbesondere Cloud-Warehousing- und KI-gestützte Analyselösungen. Darüber hinaus könnten Nutzer auf der Website einen Beratungstermin per Videoanruf buchen. Für Gardner sprach das dafür, dass der Gegner die Domain in Verbindung mit einem gutgläubigen Angebot von Waren oder Dienstleistungen benutzte, bevor er von der Streitigkeit Kenntnis erlangt habe. Angesichts dessen sah Gardner die Anforderungen des 2. Elements der UDRP durch die Beschwerdeführerin nicht erfüllt.

Nichtsdestotrotz prüfte Gardner auch die Bösgläubigkeit des Gegners bei Registrierung und Nutzung der Domain norma.app. Die Beschwerdeführerin behaupte, die Registrierung und Nutzung der Domain sei mit der Absicht erfolgt, um – aufgrund der Ähnlichkeit von Domain und Marke – von der Reputation der Beschwerdeführerin wirtschaftliche Vorteile zu erzielen, indem Internetnutzer irrtümlich auf diese Seite gehen; deshalb liege Bösgläubigkeit vor. Gardner erklärte, er verstehe nicht, aufgrund welcher Basis diese Vorwürfe gemacht werden. Es sei nicht ersichtlich, warum der Anbieter einer anspruchsvollen KI-Software Interesse daran haben sollte, potentielle Kunden einer deutschen Supermarktkette irrezuführen. Selbst im unwahrscheinlichen Fall, dass so ein Kunde auf das Angebot des Gegners gerate, sei nicht ersichtlich, wie er Geschäfte mit dem potentiellen Kunden der Beschwerdeführerin machen könne. Der Kunde würde doch nur erkennen, dass er sich auf der falschen Website befindet. Dass der Gegner auf diese Weise einen wirtschaftlichen Vorteil erziele, sei nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin verweise auch auf eigene Software und Beratungsdienste für Unternehmen, die sie anbiete, wie auch eine Mobile-App für ihre Kunden, über die diese Einkäufe tätigen können. Die Beschwerdeführerin gehe bei ihren Ausführungen allerdings nicht soweit, anzudeuten, dass sie ihren Kunden KI-Softwaredienste anbiete. Weiter sei nicht ersichtlich, dass ihre Marke „NORMA“ in Griechenland bekannt sei, wo der Gegner seinen Sitz hat. Gardner merkte weiter an, er wisse nicht, wer Inhaber der Domain norma.com sei, aber die weise keine aktive Website auf; die Beschwerdeführerin nutze norma-online.com als ihre Hauptdomain. Er denke, die Wahl des Gegners bei der Domain sei rein zufällig und stehe in keiner Verbindung zur Beschwerdeführerin. Das Vorliegen einer Markenrechtsverletzung zu prüfen, sei nicht Aufgabe dieses Verfahrens; das müsse ein ordentliches Gericht feststellen. Damit lag für Gardner keine Bösgläubigkeit des Gegners vor, und damit war auch das 3. Element seitens der Beschwerdeführerin nicht erfüllt.

Gardner prüfte abschließend noch ein RDNH, das er allerdings nicht feststellte, da aus seiner Sicht die Beschwerdeführerin das Verfahren falsch verstanden habe. Er habe den Eindruck, die Unzulänglichkeiten der Beschwerde beruhten darauf, dass die Beschwerdeführerin nicht erkannt habe, was nachgewiesen werden müsse, um ein erfolgreiches UDRP-Verfahren zu führen. Eine böse Absicht seitens der Beschwerdeführerin sehe er nicht, weshalb die Feststellung von RDNH nicht erforderlich sei. Damit stellte er kein RDNH seitens der Beschwerdeführerin fest, wies aber zugleich die Beschwerde ab mit dem Ergebnis, dass die Domain norma.app beim Inhaber verbleibt.

Was Gardner bei seiner Einschätzung des RDNH nicht formuliert, ist der Umstand, dass die Beschwerdeführerin von einer Anwaltskanzlei vertreten wurde. Diese hätte wissen müssen, dass ein UDRP-Verfahren unter den gegebenen Umständen nicht von Erfolg gekrönt sein konnte, womit der Missbrauch des Verfahrens durchaus im Raum stand.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.

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