Die Zahl der Initiativen um eine Reform der »Uniform Domain-Name Dispute Resolution Policy« (UDRP) ist gewachsen: die hochkarätig besetzte »UDRP Exploratory Group« plant Verbesserungen des Domain-Schiedsverfahrens, der Kern der bisherigen Regelungen soll aber unangetastet bleiben.
Um grenzüberschreitende Konflikte bei Domain-Streitigkeiten zu lösen, hat die Internet-Verwaltung ICANN am 24. Oktober 1999 mit der UDRP eine eigene Schiedsgerichtsordnung eingeführt. Seither hat sich die UDRP längst etabliert, ist sie doch schnell (von der Einreichung einer Beschwerde bis zur Entscheidung vergehen in der Regel nur wenige Wochen), kostengünstig (die Gebühren beginnen bei US$ 1.500,–) und effektiv (im Fall des Obsiegens erhält der Markeninhaber die streitige Domain übertragen, was im deutschen Recht nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt). Auch wenn es über die Jahre immer wieder zu kleineren Updates gekommen ist, beruht der materiell-rechtliche Kern der UDRP nach wie vor auf den Regelungen aus dem Jahr 1999. Schon vor geraumer Zeit hat daher der US-amerikanische Anwalt Gerald M. Levine, Autor des Buches »Domain Name Arbitration, A Practical Guide to Asserting and Defending Claims of Cybersquatting«, eine wöchentlichen Telefonkonferenz ins Leben gerufen, in der aktuelle UDRP-Entscheidungen überprüft und praktische Fragen diskutiert werden. Aus ihr ist die Initiative UDRP Exploratory Group hervorgegangen. Zu den regelmäßigen Teilnehmern zählen mit Zak Muscovitch, Nat Cohen, Steve Levy und Georges Nahitchevansky vier weitere renommierte UDRP-Spezialisten, die schon in zahlreichen UDRP-Verfahren mitgewirkt haben.
Ihr gemeinsames Ziel ist es, ein inhaltlich begrenztes Paket von Änderungsvorschlägen zu entwickeln, das eine hohe Wahrscheinlichkeit der Akzeptanz aufweist und sowohl den Beschwerdeführern als auch den Beschwerdegegnern zu Gute kommt. Die Vorschläge sind noch in Arbeit; allerdings gibt es bereits erste Entwürfe von Verbesserungsempfehlungen, die den Kern der UDRP unberührt lassen. Vorgeschlagen wird zum Beispiel, eine begrenzte Berufung einzuführen; die Überprüfung wäre – ähnlich wie die Berufung nach deutschem Zivilprozessrecht – auf Rechtsfehler der I. Instanz beschränkt, entschieden würde stets durch ein Dreier-Panel. Um das Risiko eines »Forum Shopping« zu verhindern, schlägt man weiter vor, dass ICANN einen »Companion« zur Verfügung stellt, der einen einheitlichen Ansatz für häufig in der UDRP auftretende Probleme bietet, die Standpunkte aller Schiedsgerichte einbezieht und allen Beteiligten zur Verfügung steht, also eine Art Standardkommentar, der als Leitfaden für Praktiker dient. Weiter wird diskutiert, den Domain-Registrar in die Zustellung einer Beschwerdeschrift einzubinden, da ihm der Domain-Inhaber mehr Vertrauen entgegenbringt als einem ihm bisher nicht bekannten Schiedsgericht; das soll verhindern, dass ein Domain-Inhaber das UDRP-Verfahren versehentlich ignoriert. Ausdrücklich abgelehnt wird dagegen, dass finanzielle Strafen gegen Cybersquatter eingeführt werden – sie wären schlicht nicht eintreibbar; ein Verbot der weiteren Domain-Registrierung könnte zudem leicht umgangen werden. Daneben gibt es noch einige verfahrenstechnische Verbesserungsvorschläge; dazu gehören einheitliche und klare Regeln für ergänzenden Vortrag, der in der UDRP regelmäßig nicht vorgesehen ist. Eine Beschwerderücknahme soll dagegen nur nach Ermessen des Schiedsgerichts zulässig sein; damit will man verhindern, dass sich der Beschwerdeführer einem »Reverse Domain Name Hijacking« entziehen kann.
Ob sich die Vorschläge der »UDRP Exploratory Group« durchsetzen, bleibt abzuwarten. Die Bemühungen um eine moderne UDRP häufen sich aber. Auch das Schiedsgericht der World Intellectual Property Organization (WIPO) und der Lobby-Verband Internet Commerce Association (ICA) haben ihre Kräfte gebündelt und im Herbst 2024 ein Projektteam zusammengestellt, das Reformen prüft. Das Projektteam hat eine Reihe von Gesprächen geführt, darunter mit ccTLD-Registries wie Nominet, Registraren (Tucows, Namecheap, GoDaddy), UDRP-Schiedsgerichten (Forum, CAC und CIIDRC) sowie Anwälten mit Vertretungsschwerpunkt auf Seiten der Domain-Inhaber (Gerald Levine und John Berryhill). Allein die Tatsache, dass die WIPO Domain-Investoren in ihre Gespräche einbezieht, zeigt nicht nur, dass die Branche gereift ist, sondern auch, dass die Bedeutung des Sekundärhandels mit Domains weiter zunehmen wird.