UDRP

Der Freistaat Bayern bekommt keinen Streit, aber eine Neuschwanstein-Domain

Der Freistaat Bayern schoss im Streit um die Domain neuschwanstein.apartments etwas über das Ziel hinaus. Der WIPO-Entscheider sorgte für die Übertragung der Domain an Bayern – aber aus anderen Gründen, als es dem Freistaat lieb war.

Der Freistaat Bayern sah seine Markenrechte durch die Domain neuschwanstein.apartments verletzt und startete deshalb ein UDRP-Verfahren, in dem er unter anderem vortragen ließ, der Domain-Inhaber könne die Domain neuschwanstein.apartments aus keinem anderen Grund registriert haben, als bei den Nutzern absichtlich Verwirrung zu stiften oder den guten Ruf der Beschwerdeführerin in unlauterer Weise auszunutzen. Beides spreche für ein bösgläubiges Verhalten im Sinne der UDRP. Bayern beantragte den Transfer der Domain auf sich. Der Inhaber der Domain, der Italiener Massimo Perusi, hatte die Domain am 28. März 2021 registriert. Er nahm in dem UDRP-Verfahren nicht offiziell Stellung, entschuldigte sich aber in einer eMail und erklärte, er habe absolut keine böse Absichten bei der Registrierung der Domain verfolgt; er wolle die Sache einverständlich regeln und gerne die Domain auf die Beschwerdeführerin übertragen. Er habe die Domain gutgläubig registriert, um Appartments zu verkaufen: entsprechend zu neuschwanstein.apartments habe er auch Domains mit anderen deutschen Ortsnamen registriert. Bei »Neuschwanstein« sei er davon ausgegangen, es handele sich sowohl um einen Ortsnamen wie um den Namen des Schlosses; zudem habe es auf der Website der Beschwerdeführerin keinen Hinweis gegeben, dass der Begriff geschützt sei. Er habe bereits seinen Registrar beauftragt, die Domain dem rechtmäßigen Inhaber zu überführen, sobald eine entsprechende Aufforderung eingehe. Darauf ließ sich die Beschwerdeführerin jedoch nicht ein und erklärte, da sie immer wieder mit Markenrechtsverletzungen konfrontiert sei und auch künftig sein werde, lege sie großen Wert darauf, dass hier eine Entscheidung wegen bösgläubiger Registrierung und Nutzung der Domain neu schwanstein.apartments ergehe. In einer weiteren eMail erklärte der Gegner unter anderem: Auf der Website zum Schloß Neuschwanstein fände sich in keiner Sprache ein Schutzsymbol wie »(C)« in der Nähe von »Neuschwanstein«, um Besucher auf diesen Schutz hinzuweisen, während dies auf derselben Seite für andere zu schützende Namen geschehen ist. Ein Copyright-Vermerk hätte ihn sicher davon abgehalten, einen Fehler zu begehen und die Domain neuschwanstein.apartments zu registrieren. Als Entscheider wurde der britische Jurist Nick J. Gardner berufen.

Gardner entschied auf Transfer der Domain neuschwanstein.apartments auf die Beschwerdeführerin, aber nicht so, wie die es sich vorgestellt hatte (WIPO Case No. D2021-2035). Die Umstände des Falles veranlassten ihn, die Domain auf dem Einverständnis des Gegners basierend zu übertragen. Er nannte vier Gründe für diese Entscheidung. Erstens schaffe die vorliegende Entscheidung kein Präjudiz hinsichtlich der Rechte der Beschwerdeführerin in Bezug auf zukünftige Fälle, die sich ergeben könnten. Zweitens reagierte der Gegner unverzüglich, nachdem er die Beschwerde empfangen hatte, mit einer Entschuldigung und dem Angebot, die Domain zu übertragen. Es sieht so aus, als habe er einen entschuldbaren Fehler begangen, als er die Domain registrierte. Drittens scheint die Beschwerdeführerin im Vorfeld des UDRP-Verfahrens nicht versucht zu haben, Kontakt mit dem Gegner zur Klärung der Sache aufgenommen zu haben. Gardner führt weiter aus, das Panel sei zwar nicht dazu verpflichtet, sehe aber nicht ein, dass eine Entscheidung in der Sache gegen den Gegner ergehen sollte, der in die Übertragung einwilligt, sobald er die Beschwerde erhält, wenn er keinen vorherigen Hinweis darauf erhalten hat, dass die Beschwerdeführerin Einwände gegen die Registrierung der Domain erhebt. Schließlich werfe die Beschwerdeführerin dem Gegner Betrug vor. Doch seien keine Hinweise ersichtlich, wonach sich der Gegner betrügerisch verhalten habe. Gardner erklärte, er erkenne keinen Grund, warum die Beschwerdeführerin den Begriff »Betrug« nutze. Er halte es für unangemessen, in der Sache zu entscheiden, wenn ein nicht näher spezifizierter Betrugsvorwurf erhoben wird und die beklagte Partei einer Übertragung der Domain sofort zugestimmt hat. Aus diesen Gründen weigerte sich Gardner, eine Entscheidung in der Sache zu treffen, sondern ordnete nur an, dass die Domain neuschwanstein.apartments auf die Beschwerdeführerin übertragen wird.

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