Die Sorge, dass mit der Zahl der Domain-Endungen auch die Zahl der Domain-Streitigkeiten explodiert, ist unbegründet: obwohl mittlerweile über 1.200 nTLDs eingeführt sind, dominiert .com unverändert die UDRP-Streitigkeiten vor dem Schiedsgericht der Genfer World Intellectual Property Organization (WIPO).
Ende März 2017 hatte die WIPO ihren Jahresbericht für 2016 veröffentlicht und ein Allzeithoch von 3.036 Verfahren nach der Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy (UDRP) vermeldet. Gestritten wurde um insgesamt 5.374 Domains; davon waren 3.135 .com-Domains, umgerechnet also 66,89 Prozent. 16 Prozent aller Verfahren betrafen Domains mit neuer generischer Endung, weitere 14 Prozent Länderendungen. Unter den nTLDs dominierte erwartungsgemäß .xyz mit einem Anteil von 6,85 Prozent die Zahl der Streitverfahren; mit 6.665.733 registrierten .xyz-Domains zum Jahresende 2016 entfiel auf .xyz jedoch ohnehin der überwiegende Teil aller Domain-Registrierungen mit neuer Endung.
Für das laufende Jahr 2017 hat der US-Jurist Doug Isenberg nun ein erstes Zwischenfazit gezogen. Im April 2017 kratzt die WIPO bereits an der Marke von 1.000 UDRP-Verfahren, in denen bisher um 2.090 Domains gestritten wurde. Dabei dominiert unverändert .com: in 69,78 Prozent aller Fälle wurde um Domains unterhalb der Kommerzendung gestritten. Gegenüber 2017 hat sich ihr Anteil also sogar nochmals leicht erhöht, auch wenn es sich aktuell nur um eine Momentaufnahme handelt. Bei den nTLDs mischt .xyz unverändert mit; derzeit sind es 37 Verfahren, in denen um Domains mit dieser Endung gestritten wird, so viel wie bei keiner anderen nTLD. Insgesamt gibt es aktuell 13 nTLDs mit zehn oder mehr UDRP-Verfahren, nämlich .xyz, .top, .club, .vip, .online, .store, .website, .cloud, .site, .space, .shop, .lol und .date. Doch wie man es dreht und wendet: selbst wenn nTLDs insgesamt die Zahl der registrierten Domains und der UDRP-Verfahren erhöht haben, die Rechtsverletzungen konzentrieren sich auf .com. Vor allem die Verwalter großer Domain-Portfolien sollten dies bei ihrer Planung berücksichtigen.
Zu den Gründen, warum nTLDs in UDRP-Verfahren vergleichsweise unterrepräsentiert sind, lassen sich nur Spekulationen anstellen. Isenberg geht davon aus, dass die Zahl der nTLDs im Vergleich zur Gesamtzahl an registrierten Domains noch zu gering ist. Er kommt zum Jahresende 2016 auf ein Verhältnis von 329,3 Millionen zu 29 Millionen, umgerechnet also knapp 9 Prozent. Aber auch das Verhalten der Inhaber von Markenrechten könnte eine Rolle spielen – .com steht weit mehr in ihrem Fokus als zum Beispiel .lol. Das heisst nicht, dass es unter .lol keine Rechtsverletzungen gibt, sie fallen möglicherweise nur weniger auf oder werden mangels Relevanz weniger intensiv verfolgt. Spätestens Anfang des Jahres 2018 sind wir wieder ein Stück klüger.
Die Statistik-Seite der WIPO finden Sie hier.