UDRP

Auswirkungen von »lease to own« im Streit um nex.org

Beim Streit um die Domain nex.org waren Domain-Inhaber und Verfahrensgegner zwei unterschiedliche Entitäten, da die Domain per Ratenzahlung verkauft und die letzte Rate noch nicht bezahlt worden war. Das WIPO-Panel war allerdings sehr entschieden und wies die Beschwerde ab.

Ein aktuelles UDRP-Verfahren führt zu wertvollen Überlegungen in besonderen Fällen des Domain-Verkaufs. Die Domain nex.org wurde im August 2022 per LTO (»lease to own«, Ratenzahlung mit Nutzungsberechtigung) für US$ 6.000,– an die Nex Marketing LLC verkauft, die den Preis der Domain über 36 Monate abstottert. Die 2018 gegründete NEX Foundation, eine gemeinnützige Organisation und Inhaberin der im August 2019 eingetragenen US-Marke »NEX FOUNDATION«, sah ihr Markenrecht verletzt. Zunächst bot sie US 1.200,– zum Kauf der Domain an. Die Nex Marketing LLC hielt US$ 50.000,– entgegen. Danach kam es zum UDRP-Verfahren. Der berufene Panelist, Professor für Recht Frederick M. Abbott, wies die Beschwerde der NEX Foundation ab (WIPO Case No. D2025-042).

Gegner des Verfahrens war ursprünglich der Privacy-Service von Afternic Services LLC und nicht etwa die Nex Marketing LLC. Doch Afternic belegte durch Rechnungen, dass die Nex Marketing LLC aufgrund Kaufvertrags mit Ratenzahlungsvereinbarung die Domain am 10. August 2022 erworben hat. Abbott entschied sich dafür, das Kaufdatum als Zeitpunkt der Registrierung der Domain festzuhalten. Die Nex Marketing LLC sah er als »owner-in-fact« an, also als tatsächlicher Domain-Inhaber, obwohl der Kauf noch nicht abgeschlossen ist. Unter dieser Prämisse stieg er in die Prüfung ein und konnte schon bei der Frage der Identität oder Ähnlichkeit von Domain und Marke keine eindeutige Antwort geben, da unter anderem die Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht hat, dass sie Markenrechte an dem Begriff »nex.org« aufgrund seiner Verwendung im Handel erworben hat, und die Website lediglich durch die Kombination »NEX FOUNDATION« gekennzeichnet ist. Da für Abbott absehbar war, dass die Beschwerde nicht erfolgreich sein würde, entschied er nicht über die Markenähnlichkeit. In einer Fußnote erklärt er, dass er davon ausgeht, es werde sowieso zu einem umfassenden Markenrechtsstreit kommen; da wolle er mit einer Entscheidung über die Markenähnlichkeit nicht vorgreifen.

Im Rahmen der Prüfung der beiden weiteren Voraussetzungen der UDRP scheiterte die Beschwerdeführerin unter anderem, da die Gegnerin unter ihrer Firma Nex Marketing LLC aktiv war, lange bevor die Beschwerdeführerin gegründet wurde und sie auch nicht Inhaberin einer Marke »NEX« ist, sondern der Marke »NEX FOUNDATION«. Dabei berücksichtigte Abbott den Vortrag der Gegnerin, wonach es viele Marken Dritter gäbe, die den Begriff »NEX« nutzen. Das Argument der Beschwerdeführerin, der Gegner sei nicht berechtigt, weil er die Endung .org nutzt, die allein gemeinnützigen Organisationen vorbehalten sei, wies Abbott zurück: weder sähen das die Registrierungsbedigungen für die Endung vor, noch ergäbe sich das aus der UDRP und der Entscheidungspraxis. Dass die Gegnerin dem Kaufangebot einen Preis von US$ 50.000,– entgegenhielt, spreche nicht gegen sie, da das Angebot über US$ 1.200,– in keinem Verhältnis zum tatsächlich an die Verkäuferin zu zahlenden Preis von US$ 6.000,– steht. Nichts sprach für irgendeine Bösgläubigkeit auf Seiten der Gegnerin, weshalb Abbott die Beschwerde zurückwies. Ein Reverse Domain Name Hijacking stellte er allerdings auch nicht fest, da für Abbott der Gesamtzusammenhang weder auf ein böswilliges Motiv der Beschwerdeführerin hindeute, noch die Feststellung von RDNH stütze.

Die Entscheidung führte bei Andrew Allemann zu einer Diskussion hinsichtlich der Frage des Risikos von LTO-Geschäften, bei denen der Verkäufer bis zum Ausgleich aller Raten Inhaber einer Domain bleibt und der Käufer in der Zeit die Domain lediglich nutzt, aber nicht Inhaber ist. Es fragt sich, wer im Rahmen eines UDRP-Verfahrens Partei ist und als Gegner auftritt. Dies müsste in einem Kauf- oder Leasingvertrag ordentlich geregelt sein. Im obigen Falle hatte der Panelist entschieden, die Domain-Registrierung auf den Zeitpunkt des Kaufs festzusetzen; er hätte aber auch das ursprüngliche Registrierungsdatum nehmen können, da das Ratenzahlungsgeschäft noch nicht abgeschlossen war. Letzteres könnte Vorteile für den Käufer mit sich bringen, da damit ältere Rechte einhergehen. Allemann regt an, LTOs nur für Domains anzubieten, die nicht so wertvoll sind. Domain-Anwalt John Berryhill steuert weitere Überlegungen bei: Welcher Verkäufer würde es einem x-beliebigen Käufer überlassen, seine Inhaberrechte an einer Domain in einem UDRP-Verfahren zu verteidigen – gerade wenn das Risiko besteht, dass ein Markeninhaber einen Strohmannkauf initiiert, um im UDRP-Verfahren an die Markendomain zu kommen?

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.

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