UDRP

Alltägliches BMW- und Porsche-Domaingrabbing

In der Regel besprechen wir hier UDRP-Streitigkeiten mit einem besonderen Flair, die gegebenenfalls zu Reverse Domain Name Hijacking-Entscheidungen führen oder unsaubere Arbeit der Beschwerdeführer aufweisen. Doch diesmal nehmen wir das Alltägliche in den Blick: Porsche und BMW erzielten kürzlich erfreuliche Ergebnisse in UDRP-Routinefällen.

BMW
Die Bayerischen Motoren Werke gingen vor der WIPO in einem UDRP-Verfahren gegen einen Privacy-Service vor, der den Inhaber der Domain bmw.io kaschiert. Dass die Domain bmw.io nicht sowieso in Händen von BMW ist, verwundert. Doch wie sich dem WIPO-Verfahren Case No. DIO2021-0012 entnehmen lässt, war BMW bereits seit 2013 Inhaberin der Domain bmw.io, hat sie aber versehentlich im Dezember 2020 auslaufen lassen. So konnte ein Grabber zuschlagen und von da an die Domain missbrauchen. BMW legte im Verfahren Screenshots vor, laut denen die Domain auf andere Webseiten weiterleitete, wo Firefox-Add-ons oder -Updates angeboten wurden oder wo, unter einem Microsoft-Deckmantel, ein »standard security check« offeriert wurde.

Der als Entscheider eingesetzte britische Rechtsanwalt Steven A. Maier bestätigte die Beschwerde von BMW. Er blickt kurz vor der eigentlichen Prüfung auf die Möglichkeit eines »Transfer by Unilateral Consent« nach Ziffer 4.10 des WIPO Overview 3.0, den der Gegner, der sich sonst nicht zur Sache äußerte, eingereicht hatte. Da die Beschwerdeführerin auf die Frage nach einem solchen einverständlichen Transfer nicht reagierte, ging Maier in die Prüfung über. Maier sah die Voraussetzungen der UDRP auf Grundlage des Vortrags der Beschwerdeführerin alle bestätigt und stellte insbesondere fest, dass der Gegner durch die Verwendung der Domain bmw.io absichtlich versucht habe, Internetnutzer zu kommerziellen Zwecken auf seine Website zu locken, indem er durch die Nutzung der Marke der Beschwerdeführerin eine Verwechslungsgefahr herbeigeführt hatte. Maier entschied auf Transfer der Domain bmw.io auf die Beschwerdeführerin.

Porsche
Ähnlich erging es der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG mit der Domain porsche.vip, die sich in den Händen eines Chinesen befindet. Porsche rekurrierte auf seine auch in China eingetragenen Marken und darauf, dass die am 15. Dezember 2020 registrierte Domain zeitweise eine Website öffnete, deren Besucher nach sensiblen persönlichen Daten und nach Bildern der Vorder- und Rückseiten ihrer Führerscheine gefragt wurden. Der Gegner reagierte auf das UDRP-Verfahren vor der WIPO nicht. Als Entscheider wurde der US-amerikanische Jurist Joseph Simone berufen, der in Hong Kong Direktor der Simone Intellectual Property Services Asia Ltd. (S.I.P.S.) ist.

Simone bestätigte die Beschwerde von Porsche und entschied auf Transfer der Domain porsche.vip (WIPO Case No. D2021-2410). Bevor er sich aber der Sache widmete, prüfte er die Verfahrenssprache: Porsche hatte Englisch beantragt, obwohl aufgrund des Registrar-Vertrages Chinesisch die Verfahrenssprache sein müsste (UDRP Rules § 11), da unter anderem allein die Kosten einer ordentlichen Übersetzung die des UDRP-Verfahrens übersteigen würden und die zeitweisen Angebote unter der Domain porsche.vip ihrerseits in Englisch gehalten waren. Simone entschied sich aufgrund dessen für Englisch als Verfahrenssprache, aber auch weil der Gegner, der auf Englisch und Chinesisch um Stellungnahme gebeten wurde, nicht reagierte und der Domain-Name aus lateinischen Schriftzeichen besteht. Im übrigen stellte Simone das Vorliegen der Voraussetzungen der UDRP fest und unterstrich bei der Frage der Bösgläubigkeit, dass nach seiner eigenen Recherche die Marken von Porsche seit 2020 auch in China mittlerweile als bekannt gelten. Dass die Domain zur Zeit aber keine aktive Website öffne, ändere nichts an der Einschätzung der Bösgläubigkeit. Folglich entschied Simone auf Übertragung der Domain.

Das UDRP-Verfahren um bmw.io unterstreicht, wie wichtig es ist, das Domain-Management zu pflegen, damit eine Domain nicht verloren geht und dann kosten- und zeitintensiv zurückgeholt werden muss. Maier wunderte sich zudem zu recht, dass laut WHOIS die Domain bmw.io am 04. Januar 2021 erstmals registriert worden sein soll, wo sie doch schon lange vorher von BMW registriert und genutzt wurde. Damit muss man gegenüber den mittlerweile nur noch rudimentären WHOIS-Daten auch noch skeptisch sein. Was porsche.vip angeht, so ist die Domain mittlerweile (wahrscheinlich seit der UDRP-Entscheidung) zur Zeit wieder mit einer vermutlichen Phishing-Website konnektiert, die über – kurz sichtbare – Umwege aufgerufen wird und Testfahrer für neue Porsche-Fahrzeuge sucht. Es wird noch ein paar Tage dauern, bis Porsche Herr dieser Domain ist. Alles in allem sprechen die beiden Entscheidungen von den üblichen Abläufe bei UDRP-Verfahren, die ganz überwiegend gegen solches Cybersquatting geführt werden und eher selten gegen wirklich berechtigte Domain-Inhaber.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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