UDRP

Allianz bohrt dünn und scheitert im Streit um allianztrade.com

Der weltweit agierende Versicherer Allianz vermochte die Domain allianztrade.com nicht für US$ 11.000,– vom brasilianischen Inhaber zu kaufen und entschloss sich, 16 Jahre, nachdem die Domain registriert wurde, zu einem UDRP-Verfahren. Für WIPO-Entscheider Wilson Pinheiro Jabur war die UDRP nicht geeignet, den Fall zu lösen.

Die brasilianische Allianz Seguros S/A und die deutsche Allianz SE sahen sich nach erfolglosen Ankaufsversuchen gezwungen, die Domain allianztrade.com im Rahmen eines UDRP-Verfahrens zu erstreiten. Mit dem Inhaber der Domain hatten sie sich nach einem eMail-Austausch im August und September 2021 über einen Kaufpreis von US$ 11.000,– geeinigt; doch über die Zahlungsbedingungen kam keine Einigkeit zustande, weswegen das Geschäft nicht abgewickelt wurde. Die Beschwerdeführerin verweist auf zahlreiche brasilianische Marken, deren erste auf das Jahr 1978 zurückgeht, und meint, die im November 2005 registrierte Domain, die zur Zeit auf keine aktive Website verweist, werde passiv gehalten und verletze so ihre Markenrechte. Gegner sind zwei brasilianische Unternehmungen und deren CEO Marcos Constantino de Souza (Mr. Souza). Der hielt unter anderem entgegen, er habe die Domain seinerzeit als Mitgründer der Allianz Trading S/A registriert, die im Februar 2006 ihren Handel mit brasilianischen Gütern startete. 2018 änderte die Unternehmung ihren Namen in I4B Trading S/A, und die Domain wurde an die Options Participações Ltda. übertragen. Den deutschen Begriff »allianz« habe er seinerzeit gewählt, weil der im Kontext mit »alliance« steht und auf die eigenen Geschäfte verweise, nämlich den internationalen Vertrieb brasilianischer Produkte unterschiedlicher Hersteller. Wenn er mit der Domain-Registrierung den Beschwerdeführerinnen hätte schaden wollen, hätte er damals die Domain allianz.com.br registrieren können, die diese erst im Januar 2006 registriert hätten. Die Domain weise zwar keine Website auf, werde aber nach wie vor für eMail genutzt. Er schloss mit dem Argument, dass keine Nutzung der Domain allianztrade.com in Konflikt mit den Aktivitäten der Beschwerdeführerinnen stehe. Die WIPO setzte den brasilianischen Rechtsanwalt Wilson Pinheiro Jabur als Entscheider ein.

Jabur wies die Beschwerde von Allianz zurück, da die Sache sowieso besser vor einem Zivilgericht ausgetragen werden sollte (WIPO-Case No. D2022-0625). Zunächst stellte er jedoch fest, dass Mr. Souza wirklich der Gegner ist. Der konnte in mehreren eMails und Screenshots seine Verantwortlichkeit für die Domain-Inhaberin Options Participações Ltda. nachweisen. Alsdann bestätigte Jabur die Ähnlichkeit von Domain und Marke, da die Domain die Marke der Beschwerdeführerinnen in Gänze enthalte. Die Fragen zu einem Recht oder berechtigten Interesse sowie der Bösgläubigkeit des Gegners untersuchte Jabur in einem, da es sich aus seiner Sicht ganz klar nicht um einen Fall handelt, der am besten mit der UDRP gelöst wird: die aufgeworfenen Fragen ließen sich besser vor einem ordentlichen Gericht behandeln. Jabur wog daraufhin die einzelnen Vorträge und Nachweise der Parteien gegeneinander ab. Es spräche einiges für ein berechtigtes Interesse des Gegners an der Nutzung der Domain, da er die Domain ja 16 Jahre vor dem Verfahren registriert habe und erstmals 2021 von Vertretern der Beschwerdeführerinnen angemailt wurde. Zudem nutze der Gegner die Domain offiziell für eMail-Korrespondenz: wie eine Recherche zeige, sind eMail-Adressen unter der Domain in der zwei Datenbanken der brasilianischen Verwaltung eingetragen und in der öffentlichen des »Mercado Livre«-Markplatzes. Außerdem gebe es keine Anzeichen einer Cybersquattingvergangenheit des Gegners. Allerdings gäbe die Wahl des deutschen Begriffes »Allianz« für die Domain doch zu denken: man hätte ja auch die brasilianische Version des Begriffs wählen können. Die Beschwerdeführerinnen hingegen hätten nicht nachweisen können, dass der Gegner sie und ihre Marke als Ziel der Domain-Registrierung hatte. Nach alledem hätten die Beschwerdeführerinnen mit ihrem Vortrag nicht überzeugt. Die gesamte Angelegenheit sei besser bei einem ordentlichen Gericht aufgehoben. So wies Jabur die Beschwerde ab, mit der Folge, dass die Domain beim Gegner verbleibt.

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