Die französische Airbus SAS sah ihre Marke durch a320guide.com verletzt, unter der der Inhaber »One app or ebook offering an in-depth look at aircraft systems« anbietet. Im UDRP-Verfahren griff allerdings der »Oki Data Test« und führte zur Abweisung.
Die Airbus SAS, ein französisches Luft- und Raumfahrtunternehmen, sieht ihre 1991, 1993 und 1996 bei unterschiedlichen Markenämtern registrierte Marke »A320« durch die im März 2015 registrierte Domain a320guide.com verletzt. Dem Inhaber der Domain sandte sie im Juni 2023 einen »cease-and-desist letter«, der zu einem Austausch von eMails, aber nicht zu einem Ergebnis führte. Aus diesem Grunde startete Airbus ein UDRP-Verfahren vor der WIPO. Darin trägt das Unternehmen als Beschwerdeführerin unter anderem vor, die Domain sei zum Verwechseln ähnlich mit ihrer Marke A320. Gegner ist der Pilot Ben Riecken aus den USA, der die Domain a320guide.com im März 2015 registrierte und über sie unter anderem »An Airbus® A320 training solution for the pilots of tomorrow« als eBook und App anbietet. Auf jeder Seite seines Internetauftritts zeigt er einen Hinweis, aus dem klar hervorgeht, dass er eine unabhängige Entität ist und nichts mit Airbus zu tun hat. Für den angesprochenen Personenkreis sei klar, dass für den Betrieb eines solchen Flugzeugs nur die vom Hersteller oder der Fluggesellschaft als Betreiber genehmigten Handbücher maßgeblich sind. Berufspiloten aber könnten zusätzliches Lehrmaterial erwerben, das offizielle Handbücher niemals ersetzen könnte. Um solches handele es sich hier. Der Gegner reichte zwei eidesstattliche Erklärungen von lizenzierten Fliegern ein, in denen sie bestätigen, dass die Herkunft und die Eigenständigkeit der Website klar zu erkennen sei. Die Website unter a320guide.com, so der Gegner, diene der Verbreitung von Wissen über den Airbus A320 und der Verbesserung der Flugsicherheit.
Als Entscheider war der italienische Jurist und Lehrbeauftragte Edoardo Fano eingesetzt, der die Beschwerde zurückwies, da der Gegner die Domain berechtigter Weise nutzt (WIPO Case No. D2023-3842). Fano stellte die Ähnlichkeit von Domain und Marke fest, da die Marke vollständig in der Domain enthalten ist und der Zusatz »guide« sowie der technisch notwendige Zusatz der Endung .com eine verwirrende Ähnlichkeit nicht ausschließen. Darüber hinaus bestätigte er den von der Beschwerdeführerin erbrachten Anscheinsbeweis, wonach sie den Gegner nicht berechtigt habe, die Marke zu nutzen, mit ihm in keiner Weise verbunden und er unter der Domain auch nicht bekannt sei. Allerdings ließ sich Fano vom Vortrag des Gegners überzeugen, der für sich reklamiere, die Domain zur Verbreitung von Wissen über den Airbus A320 und der Verbesserung der Flugsicherheit registriert zu haben. Sein Geschäft sei dem eines unautorisierten Weiterverkäufers zu vergleichen, weshalb hier nach dem WIPO-Overview 3.0 (Sektion 2.8.1) die Regeln des »Oki Data Tests« greifen. Beim »Oki Data Test« (Oki Data Americas, Inc. gegen ASD, Inc. – WIPO Case No. D2001-0903) muss der Domain-Inhaber vier Kriterien erfüllen, aus denen sich eine berechtigte Nutzung einer »Marken-Domain« ergeben kann: (1) der Gegner muss aktuell Waren oder Dienstleistungen anbieten, (2) die Website darf ausschließlich zum Vertrieb dieser Markenprodukte oder -dienstleistungen genutzt werden, (3) die Website muss unmissverständlich und gut sichtbar die Beziehung zwischen ihr und dem Markeninhaber darstellen, und (4) der Gegner darf nicht versuchen, den Domain-Markt hinsichtlich der Marke zu beherrschen.
Fano sah den Test als erfüllt an, da der Gegner Trainingsmaterial für den Airbus A320 und nur dieses anbietet; er würde Kunden nicht anlocken und zu anderen Produktangeboten oder Dienstleistungen wechseln. Ein wenig Bedenken äußerte Fano zur Möglichkeit, dass der Gegner den auf jeder Seite unter seinem Webauftritt sichtbaren Hinweis, nicht in Verbindung mit Airbus zu stehen, mit einem Klick entfernen könnte. Schließlich sei dem Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen, dass der Gegner die relevanten Domain-Namen monopolisiere. Eine kurze Internetsuche bestätige zudem, dass der Gegner tatsächlich Pilot sei und mehrere selbstpublizierte Schriften zum Thema Luftfahrtindustrie veröffentlicht hat. Aufgrund seines Vortrags konnte der Gegner dem Anscheinsbeweis der Beschwerdeführerin erfolgreich entgegentreten, womit diese das zweite Element der UDRP nicht erfüllte. Für Fano war damit die Prüfung im Grunde abgeschlossen und die Sache erledigt, gleichwohl schaute er sich noch die Frage der Bösgläubigkeit an. Allerdings konnte er in der Beschwerde keine Beweise feststellen, die die Feststellung oder auch nur die Schlussfolgerung stützen, der Gegner habe die Domain als Teil eines Plans zur Irreführung von Internetnutzern zu kommerziellen Zwecken registriert. Es sei richtig, dass der Gegner mit der Domain versuche, die Aufmerksamkeit von Konsumenten zu gewinnen, aber das mache er nicht, indem er eine Verwechslungsgefahr erschaffe; im Gegenteil versuche er diese mit seinen Hinweisen auf der Website zu verhindern. Aus all den Gründen wies Fano die Beschwerde von Airbus ab.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.