stable.com

UDRP-Verfahren um Domain im Wert von US$ 1 Mio.

Kaum hatte ein Unternehmen die Domain stable.com für mehr als US$ 1 Mio. gekauft, gründeten Dritte die Stable App LCC, meldeten Marken an, warben eine Finanzierung von Mastercard International ein und forderten in einem UDRP-Verfahren die Domain. Vor der WIPO hatten sie damit kein Glück.

Ein besonders übersichtliches UDRP-Verfahren lieferte die US-amerikanische STABLE APP LLC im Streit gegen die zyprische Unlimint Holding EU Ltd/ Mr Admin – Cardpay Lt um die Domain stable.com. Der Sachverhalt folgt einer strengen Chronologie: am 20. Januar 2022 kamen die Herren Ovalle, Ibanez, und Delgado überein, ihre WhatsApp-Gruppe »Stable« zu nennen. Der als Entscheider eingesetzte australische Rechtsanwalt und Lehrbeauftragte Warwick A. Rothnie geht davon aus, dass man gemeinsam in der WhatsApp-Gruppe die Konzeption und Einführung einer neuen Finanzdienstleistung unter dem Namen »Stable« planen und koordinieren wollte. Am 09. Februar 2022 kaufte der Gegner des UDRP-Verfahrens, die Unlimint Holding EU Ltd/ Mr Admin – Cardpay Ltd, die Domain stable.com zum Preis von US$ 1.008.925,–. Am 09. März 2022 erhielten Ovalle, Ibanez, und Delgado ein Angebot für eine Marketingstrategie von einer Werbeagentur. In dem Angebot wurde das Eintragen eine Marke empfohlen und darauf hingewiesen, dass möglicherweise die Domain stable.com zu kaufen sei. Mr. Delgado beauftragte daraufhin einen GoDaddy Domain Broker, der am 11. März 2022 nach dem Budget für die Domain fragte und vorschlug, mit US$ 25.000,– anzufangen und ein Maximum von US$ 250.000,– einzukalkulieren. Zwischen dem Broker und Delgato kam es zu einem weiteren Austausch, der darin mündete, dass Delgado ein Angebot von US$ 900,– für angemessen hielt. Der Broker antwortete, dass die Domain stable.com gerade erst für über US$ 1 Mio. verkauft worden sei und schlug ein Startgebot von US$ 1,2 Mio. vor.

Am 28. März 2022 beantragte eine kolumbianische Unternehmung im Auftrag der noch zu gründenden Beschwerdeführerin in Kolumbien die Marke »STABLE« für Finanzdienstleistungen, sowie eine IR-Marke »STABLE« für Brasilien, Mexico, USA, später auch Chile und die EU. Am 30. März 2022 wurde die Beschwerdeführerin in Delaware (USA) als Unternehmen eingetragen. Am 09. Oktober 2022 registrierte Delgado die Domain stable-app.com, unter der die Beschwerdeführerin aktuell zu finden ist. Im April 2023 nahm die Beschwerdeführerin an der Messe »Consensus Pitchfest 2023 – Finance for the Unbanked« teil. Am 04. Mai 2023 konnte sie eine Investitionsvereinbarung mit Mastercard International abschließen. Im laufenden Jahr unternahm Delgado weitere Anstrengungen, die Marke »STABLE« auf dem Markt zu sichern.

Der Gegner ist eine in der EU zugelassene Electronic Money Institution (EMI), die weltweit tätig ist. Bevor der Gegner die Domain stable.com kaufte, beherbergte diese eine Weiterleitung zu »America’s Online Horse Directory« unter horseexpousa.com. Der Gegner erklärt, die Domain habe man gekauft, um darunter geplante Dienstleistungen anzubieten. Die seien noch nicht gestartet, aber am 09. August 2022 habe man zu diesem Zwecke eine neue Tochtergesellschaft auf Zypern unter dem Namen Stable Defi Ltd. gründet. Die Domain sei solange geparkt. Sie wies zumindest zum Zeitpunkt der Entscheidung folgende Inhalte auf: »Domain inquiries: info@newreach.com« oder »stable.com may be available DOMAIN INQUIRIES: info@newreach.com«.

Der als Entscheider berufene Rothnie wies die Beschwerde ab und stellte ein Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) fest (WIPO Case No. D2023-2594). Dass Domain und Marke identische sind, erklärte er in zwei Sätzen. Die Frage einer Berechtigung des Gegners übersprang er, und die Frage nach der Bösgläubigkeit brachte er schnell auf einen Nenner: Der Beschwerdeführer stütze sich überwiegend darauf, dass der Gegner die Domain nicht nutzt. Er habe ein Jahr abgewartet, doch noch immer werde angezeigt, dass die Domain möglicherweise zum Verkauf stehe. Sollte die Domain für Finanzdienstleistungen genutzt werden, so würde sie die Marke des Beschwerdeführer verletzen. Wie auch immer, so Rothnie, der Gegner habe die Domain gekauft, einen Monat bevor der Beschwerdeführer überhaupt gegründet wurde und bevor die Marken beantragt wurden. Wahrscheinlich habe der Beschwerdeführer in Kenntnis dieses Umstands vorgetragen, die WhatsApp Gruppe „Stable“ im Januar 2022 gegründet zu haben. Doch nach allgemeiner Kenntnis sei WhatsApp-Kommunikation Ende zu Ende verschlüsselt und niemand außer den Gruppenmitgliedern, nicht einmal WhatsApp selbst, habe Einblick in die verschlüsselten Nachrichten. Dass der Gegner Einblick in die WhatsApp-Gruppe hatte, hat der Beschwerdeführer nicht vorgetragen. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände meinte Rothnie, scheitere der Beschwerdeführer am Nachweis der bösgläubigen Registrierung der Domain seitens des Gegners. Die Prüfung eines Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners könne deshalb entfallen.

Hingegen widmete sich Rothnie der Prüfung eines Reverse Domain Name Hijacking, das er bejahte. Der Beschwerdeführer wußte aufgrund des Angebots der Werbeagentur, in dem eine Markenregistrierung empfohlen wurde, dass die Domain bereits registriert war. Mit diesem Wissen versuchte Delgado den Ankauf der Domain und authorisierte ein Gebot von US$ 900,–, obgleich er wußte, dass der Inhaber die Domain kurz zuvor für über US$ 1 Mio. gekauft hatte. Darüber hinaus werde in der Beschwerde versucht, die Beratung durch den so genannten „Domain-Broker“ als missbräuchliches Verhalten des Gegners darzustellen. Schließlich kam hinzu, dass der Beschwerdeführer sich in dem UDRP-Verfahren von einer Anwaltskanzlei professionell vertreten ließ. Rothnie stellte RDNH fest und wies die Beschwerde ab.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Episerver GmbH, Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top