rt.org

WIPO entlarvt Reverse Domain Hijacking

Die UDRP-Streitbeilegungsstelle WIPO durfte sich mit einem besonders rüden Fall von Reverse Domain Hijacking auseinandersetzen: »The Restored Church of God of Wadsworth« verlangte die Domain rt.org von ihrem Inhaber, der die Domain bereits vor 14 Jahren registriert hatte.

Die wiederhergestellte Gotteskirche von Wadsworth (»The Restored Church of God of Wadsworth«) beansprucht für sich, Inhaberin der (Nutzungs-)Marke „RT“ zu sein. Wie sie in ihrer Beschwerde gegenüber WIPO vorträgt, bringt sie seit 10 Jahren das Magazin „The Real Truth Magazine“ heraus, mit 2.005 Abonnenten der gedruckten und über 23.000 der Onlineausgabe. Sie behauptet, die RT-Marke erscheine auf dem Cover der Ausgaben und werde weithin mit diesem Magazin in Verbindung gebracht. Das Magazin sei in den gesamten USA verbreitet. Die Domain rt.org sei zum Verwechseln ähnlich mit der RT-Marke, und Leser des Magazins würden auf der Suche nach Informationen nach »The Restored Church of God« immer wieder auf die Domain zugreifen. Auf ein Kaufangebot über US$ 5.000,- in 2012 reagierte der Domain-Inhaber, der Inhaber von rund 8.686 Domains sei, mit der Erklärung, unter US$ 30.000,– würde er rt.org nicht verkaufen. Der Domain-Inhaber hielt entgegen, nicht RT sei die (Nutzungs-)Marke, sondern »The Real Truth Magazine«, und zu der bestünde keinerlei Verwechslungsgefahr. Außerdem habe er die Domain am 25. November 1998 registriert.

WIPO-Experte Harrie R. Samaras hatte leichtes Spiel: er vermochte keine Marke »RT« auf Seiten der Beschwerdeführerin zu erkennen, womit es an der Verwechslungsgefahr fehlte, und für die Bösgläubigkeit (bad faith) des Domain-Inhabers fanden sich auch keine Belege (WIPO-Entscheidung Fall Nr. D2013-0320). Die Beschwerdeführerin lieferte keinen Hinweis dafür, dass sie »RT« als Marke wirklich nutzt, sondern erklärte lediglich, sie nutze den Titel »The Real Truth Magazine« seit zehn Jahren. Weder auf der Website noch auf dem Cover des Magazins fand Samaras das Zeichen »RT«. Eine Zeichenidentität gab es damit nicht. Aber auch eine Verwechslungsgefahr zu rt.org erkannte der Experte nicht: Die Beschwerdeführerin belegte ihre Behauptung nicht, Leser des Magazins würden irrtümlicherweise auf die Domain des Gegners gehen. Samaras hält es zudem für unwahrscheinlich, dass ein Leser jemals einem solchen Irrtum erlegen sei. Was die Frage der Bösgläubigkeit des Gegners betraf, bei der es auf den Zeitpunkt der Domain-Registrierung ankommt, zeigte sich die Argumentation der Beschwerdeführerin ähnlich schwach: die Domain rt.org hatte der Gegner bereits 1998 registriert. Die Beschwerdeführerin selber erklärte, seit mehr als 10 Jahren das Magazin zu vertreiben. Und jetzt, erst 14 Jahre nach Domain-Registrierung, machte die Beschwerdeführerin Ansprüche geltend. Samaras kommt aufgrunddessen zwingend zu dem Ergebnis, dass der Gegner zum damaligen Zeitpunkt nicht wusste, dass »The Real Truth Magazine« bereits existierte, denn die Beschwerdeführerin begann überhaupt erst einige Jahre später, den Titel zu nutzen. Das Archiv der Internetseite der Beschwerdeführerin reicht lediglich in das Jahr 2003 zurück. Und die aktuelle Ausgabe des Magazins ist eine Jubiläumsausgabe, die auf dem Cover das 10-jährige Jubiläum des Magazins anpreist. In der Folge, stellt Samaras fest, spricht alles dafür, dass die Beschwerdeführerin dieses UDRP-Verfahren missbräuchlich gestartet hat und ein Fall von Reverse Domain Hijacking vorliegt. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin wies Samaras damit zurück.

Es gibt einen Grund, warum die Erfolgsquote bei UDRP-Streitigkeiten auf Seiten der Anspruchsteller bei über 85 Prozent liegt: die Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy ist eine relativ einfache, verständliche Norm, deren Tatbestandsvoraussetzungen nachvollziehbar und leicht darstellbar sind. Jeder der – sinnvoller Weise über einen spezialisierten Anwalt – zuvor seinen Anspruch ordentlich prüft und sich an die geforderten Merkmale der UDRP hält, hat hohe Erfolgsaussichten. Wenn aber schon die einfachsten Voraussetzungen der UDRP missachtet werden, besteht auch keine Erfolgsaussicht vor einer der akreditierten Streitbeilegungsstellen, und der Verdacht auf ein Reverse Domain Hijacking erhärtet sich leicht.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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