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Doug Isenberg interviewt Renee Fossen (Direktorin des »Forum«) über das UDRP-Jahr 2020

Domain-Anwalt und UDRP-Entscheider Doug Isenberg hatte Gelegenheit, mit Renee Fossen, Direktorin der Mediationsstelle Forum, ehemals National Arbitration Forum (NAF), zu sprechen. Der Schwerpunkt des Gesprächs lag selbstverständlich auf den UDRP-Entscheidungen 2020, aber auch die Frage nach dem Umgang mit der DSGVO und COVID-19 blieb nicht aus.

Das halbstündige Video-Interview von Doug Isenberg von Giga.law mit Renee Fossen, Direktorin des Forum, beginnt mit einem Überblick darüber, was das bereits 1986 gegründete und sein 35-jähriges Jubiläum feiernde Forum alles macht, welche Dienstleistungen es anbietet. Der Start als allgemeine Mediationsstelle erstreckte sich von Anbeginn über ein weites Feld von Schlichtung und Vermittlung in den Bereichen Business-to-Business, Employment, Franchise, Intellectual Property und mehr, aber auch Training und Ausbildung. Mit Einführung der Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy (UDRP) durch ICANN im Jahr 1999 übernahm Forum auch die Beilegung von Domain-Streitigkeiten. Die in Minneapolis (Minnesota) sitzende Streitbeilegungsstelle ist die einzige von ICANN akkreditierte Institution in den USA. UDRP-Verfahren sind mittlerweile das Kerngeschäft. Hier biete man großen Kundenservice, melde sich bei Fragen üblicherweise binnen 24 Stunden zurück und liefere schnelle Entscheidungen: im Schnitt dauert es 35 Tage vom Antrag bis zur Entscheidung, üblicherweise dauert ein Verfahren maximal 40 Tage, selten länger. Man biete aufgrund des weltweit gespannten Netzes von Panelisten, die zahlreiche Sprachen sprechen, jedem die Möglichkeit, auf das Forum zurückzugreifen – bei besonderen Fremdsprachen müsse man gegebenenfalls nachfragen.

Für 2020 stellte sich heraus, dass es ein Rekordjahr für UDRP-Verfahren bei Forum war. Zunächst hatte man, als die COVID-19 Pandemie begann, eher mit einem Rückgang der Fälle gerechnet, wurde dann aber überrascht. Fossen ging zunächst davon aus, dass wegen Pandemie-bedingter geringer Einkünfte auch weniger Verfahren geführt werden würden. Das traf auch für die Branchen Unterhaltung, Mode und Reisen zu. Doch die Finanzindustrie, Versicherungen und Pharmaunternehmen legten sich dafür noch mehr ins Zeug. Einen Zusammenhang sieht Fossen auch im allgemeinen Anstieg von Domain-Registrierungen: Cybersquatter hatten mehr Zeit, ihr Ding zu machen, aber Rechtsanwälte konnten sich auch der Verfolgung von Cybersquattern mehr widmen. Natürlich seien zahlreiche Domain-Streitigkeiten über Covid- und Vaccine-Domains geführt worden; diese 5 Prozent seien zwar ein Faktor beim Anstieg, aber nicht ausschlaggebend. Fossen resümiert trotz der COVID-19 Pandemie 2020:

we had the busiest filing year we’ve ever had since the implementation of the UDRP.

Anders sah es für Uniform Rapid Suspension (URS) Verfahren aus. Diese Verfahrensart werde immer weniger genutzt, und erreichte 2020 ihren Tiefststand seit Einführung im Jahr 2014. Fossen vermutet, die Suspendierung der Domains als Folge eines erfolgreichen USR-Verfahrens reiche letztlich nicht aus, da die Domain nicht transferiert wird und weiter beobachtet werden muss. Gerade die weitere Beobachtung der Domain verursache zusätzliche Kosten. Davon abgesehen ist dieses Verfahren, das mittlerweile ja auch auf .org-Domains Anwendung findet, vielen Markeninhabern nach wie vor unbekannt. Isenberg bringt auch die Datenschutzgrundverordnung und ihre Auswirkung zur Sprache. Fossen weist da auf die Änderungen des Reglements hin: Da das WHOIS oft die notwendigen Daten nicht mehr hergebe, sei die Hürde für die Angaben über den UDRP-Gegner herabgesetzt worden. Auch im Hinblick auf die Kosten von Folgeschriftsätzen habe man Änderungen am Reglement vorgenommen: für sie werden keine Gebühren mehr erhoben und der einzelne Panelist entscheidet, ob er Folgeschriftsätze für das Verfahren zulässt.

Schließlich besprachen Fossen und Isenberg auch den internen Umgang mit der Pandemie. Das Forum selbst verzeichnete keine technischen Probleme. Mitarbeiter konnten sehr zügig ins Homeoffice geschickt werden. Einige Mitarbeiter, so genannte Case Coordinators, von denen manche seit über 20 Jahren dabei sind, müssen weiter ins Büro, um etwaige Post in Empfang zu nehmen, da es nach wie vor Parteien gäbe, die mit Scheck bezahlen. Davon abgesehen gab es keine Probleme bei den UDRP-Verfahren, die generell online abliefen. Im Hinblick darauf sehe man auch Vorteile gegenüber Zivilrechtsverfahren, die aufgrund der Pandemie eingeschränkt sind. Darüber hinaus konnte man auch die anderen Geschäftsfelder des Forum weiterführen, indem man beispielsweise Mediationen online via Zoom durchgeführt habe.

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