Das französische Markenschutzunternehmen IP Twins hat eine Studie zu außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren unter country code Top Level Domains veröffentlicht. Auch wenn die UDRP allgemein hohes Ansehen genießt, stellt sie nur eine von mehreren Lösungsmöglichkeiten dar.
Im Dezember 2024 feiert die Uniform Domain-Name Dispute Resolution Policy (UDRP) ihren 25. Geburtstag. Eingeführt für Streitigkeiten um Domain-Namen mit generischer Endung (gTLDs) wie .com, .net oder .shop, haben inzwischen zahlreiche Länderendungen (ccTLDs) die UDRP in inhaltlich unveränderter Form übernommen, namentlich .ag, .ai, .as, .bm, .bs, .bz, .cc, .cd, .co, .cv, .cy, .dj, .ec, .fj, .fm, .ga, .gd, .gt, .la, .lc, .md, .me, .mg, .mw, .nr, .nu, .pa, .pk, .pn, .pr, .pw, .ro, .sc, .sl, .sn, .so, .tj, .tt, .tv, .ug, .ve, .vg und .ws; dazu gibt es etliche Länderendungen wie .ac, .br, .ch, .es oder .lv, deren Streitbeilegungsverfahren an die UDRP angelehnt, aber nicht mit ihr identisch ist. In einem 12-seitigen »Whitepaper«, das kostenfrei gegen Hinterlegung einiger persönlicher Angaben abgerufen werden kann, hat IP Twins versucht, einen Überblick über die weltweit verschiedenen Streitbeilegungsverfahren zu geben, die für 239 untersuchte ccTLDs zur Anwendung kommen. Dabei werden regionale Unterschiede und die jeweiligen Schiedsgerichte, die diese Verfahren durchführen, hervorgehoben. Ziel ist es, Markeninhaber zu informieren und besser zu schützen, um den Missbrauch von Domains einzudämmen.
Nach den Recherchen von IP Twins bieten insgesamt 153 ccTLDs ein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren. Für 114 hiervon gilt die UDRP oder ein angelehntes Verfahren, für das beispielsweise zusätzliche Kriterien zum Nachweis von Bösgläubigkeit erfüllt werden müssen, bei dem das Verfahren auf Rechte jenseits von eingetragenen Marken ausgedehnt ist oder für das eine bestimmte Verfahrenssprache vorgeschrieben wird; die restlichen 39 ccTLDs setzen auf ein eigenes Verfahren. In Europa, Amerika und Ozeanien haben mehr als 65 Prozent der untersuchten Länder formelle Streitbeilegungsmechanismen eingeführt; in Amerika und Ozeanien ist die UDRP mit rund 35 Prozent sehr häufig anwendbar. Europa zeigt seine Besonderheit mit einer sehr hohen Verfügbarkeitsrate eines außergerichtlichen Verfahrens, das fast 75 Prozent der Domain-Endungen bieten. In Afrika haben dagegen nur die Hälfte der untersuchten Länder Richtlinien zur Streitbeilegung für ihre ccTLDs implementiert. Grund dafür sind begrenzte Ressourcen, ein heterogenerer Grad der digitalen Nutzung und nationale Prioritäten, die sich auf andere Aspekte der digitalen Entwicklung konzentrieren. Nicht zu vergessen sei jedoch, dass in über 35 Prozent der Länder weltweit gar kein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren für Domains existiert. Dieser Mangel an formellen Mechanismen erhöht die Risiken für Rechteinhaber, da es oft keinen schnellen oder leicht zugänglichen Weg gibt, um Domain-Streitigkeiten außergerichtlich beizulegen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Markeninhaber oder andere Inhaber von Rechten an geistigem Eigentum auf oft langwierige, kostspielige und komplexe Gerichtsverfahren zurückgreifen müssen, um Probleme wie Cybersquatting zu bekämpfen.
In der Studie Erwähnung findet übrigens auch Deutschland, für dessen Landesendung .de kein außergerichtliches Streitschlichtungsverfahren existiert. Hierzulande setzt man – wie in Luxemburg – auf den sogenannten Dispute-Eintrag. Dazu muss der Anspruchsteller gegenüber der DENIC eG nachweisen, dass ihm ein Recht an der streitigen Domain zukommen könnte; eine Domain, die mit einem Dispute-Eintrag versehen ist, kann dann von ihrem Inhaber zwar weiter genutzt, jedoch nicht auf einen Dritten übertragen werden. Es liegt jedoch am Domain-Inhaber selbst, sein behauptetes Recht weiterzuverfolgen und gegebenenfalls zivilgerichtlich durchzusetzen. Dieser Ansatz stellt nach Einschätzung von IP Twins ein minimalistisches Verfahren dar.