Die UDRP-Entscheidung über die Domain bespoke.com sorgt für Unmut unter Domainern, da die Panelisten Schwierigkeiten hatten, auf Reverse Domain Name Hijacking seitens der Antragssteller zu erkennen, teilweise den Antrag überhaupt zurückzuweisen. Da die Panelisten als Anwälte auch marktstarke Antragsteller vertreten, fragt sich, ob sie in einem Interessenkonflikt stehen und überhaupt als Panelisten tätig werden sollten.
Im Fall bespoke.com (WIPO D2014-1533) kam das Panel bestehend aus drei Panelisten zu keinem einheitlichen Ergebnis. Die Parteien stritten um die Domain bespoke.com. Inhaber ist ein Domain-Investor mit Sitz in Neuseeland, der die Domain im Mai 2014 im Rahmen einer Auktion freiwerdender Domains für US$ 18.805,– ersteigerte. Die Antragstellerin ist die Bespoke Service Group S.A. mit Sitz in der Schweiz, vertreten von der Law Firm SBKG & associés, die für sich mit Erfahrungen in UDRP-Verfahren wirbt. Sie ist seit 2013 Inhaberin einer internationalen Wort-/Bild-Marke »bespoke BSPK«, hat einen Business-Plan, laut dem sie unter der Domain bspk.com auftritt, deren Inhaber sie nicht ist, und will ein Finanzgeschäft aufbauen.
Schon bei der Frage, ob die Domain zum Verwechseln ähnlich mit der Marke ist, gingen die Meinungen der drei Panelisten auseinander: zwei sahen die Ähnlichkeit, weil sie den Schwerpunkt auf den Begriff »bespoke« legten. Der Dritte war der Überzeugung, dass alle Teile der Marke zu berücksichtigen sind, mit der Folge, dass bespoke.com und »bespoke BSPK« keineswegs ähnlich sind. Bei der Frage des legitimen Interesses des Antragsgegners an der Domain bespoke.com gingen die Meinungen wieder auseinander, doch diesmal in anderer Zusammensetzung. Zwei fanden, dass der Domain-Inhaber berechtigt sei, die Domain zu nutzen, da es sich bei »bespoke« um einen beschreibenden Begriff handele und eine besondere Verbindung zur Antragstellerin nicht bestehe. Zudem benutzen zahlreiche Unternehmungen den Begriff »bespoke« – auch in ihren Marken. Weiter gäbe es keine Hinweise, dass der Domain-Inhaber die Domain gegen die Antragstellerin nutze. Schließlich sei es unwahrscheinlich, dass der Domain-Inhaber in Neuseeland etwas von der noch nicht auf dem Markt aktiven schweizer Unternehmung wusste. Für die mit ihrer Meinung an dieser Stelle alleinstehende Panelistin Nathalie Dreyfus legten die anderen zu viel Wert auf die beschreibende Eigenschaft des Begriffs »bespoke«, anstatt festzustellen, dass der Antragsgegner mit der von ihm geparkten Domain die Marke der Antragstellerin ausbeuten wolle, indem er über Links auch zu Finanzdienstleistungen Pay-per-Click-Revenuen erlangt. Auch bei der Frage nach der Bösgläubigkeit gingen die Meinungen auseinander: die Mehrheit des Panels sah keine Anhaltspunkte bei einer Parking-Page mit zahlreichen Links, während für Natalie Dreyfus die Sache offensichtlich war, zumal die Domain auch noch zum Verkauf stehe. Das Panel wies letztlich den Antrag der Antragstellerin zurück. Den Antrag des Domain-Inhabers auf Feststellung von Reverse Domain Name Hijacking wies das Panel ebenfalls zurück, weil die Antragstellerin eher den Eindruck machte, die Voraussetzungen der UDRP missverstanden zu haben als bösgläubig motiviert zu sein.
Das Voneinander-Abweichen der Meinungen ist unter Juristen gang und gebe und gehört zum Geschäft. Die abweichende Ansicht von Frau Dreyfus ist in gewissem Rahmen noch vertretbar, aber letztlich steht sie auf schwachen Beinen. Das gilt aus unserer Sicht für die auch von einem Mitstreiter vertretene Ansicht hinsichtlich der Ähnlichkeit von Wort-/Bild-Marke und Domain. Gerade weil »bespoke« ein allgemeiner Begriff ist, wird die Marke über den Zusatz BSPK differenziert und unterscheidungsfähig. Für die Reduktion der Marke auf »bespoke« gibt es kein überzeugendes Argument. Darüber hinaus geht die Beurteilung des gesamten Panels hinsichtlich des Reverse Domain Name Hijacking in die falsche Richtung: Gerade weil die Antragstellerin möglicherweise unerfahren mit den Anforderungen der UDRP ist, hat sie Fachleute einer französischen Law Firm engagiert, die damit werben, sich mit der UDRP auszukennen. Dieses Wissen der Rechtsvertreter ist der Antragstellerin zuzurechnen. Damit spricht das gesamte Verhalten der Antragstellerin eher für einen Fall von Reverse Domain Name Hijacking. Dieser Fall wirft auch wieder einmal die Frage auf, inwieweit Panelisten, die andererseits als Anwälte auch Unternehmen in UDRP-Verfahren vertreten, wie Nathalie Dreyfus, in einen Interessenkonflikt stehen und ob die World Intellectual Property Organization und andere Streitbeilegungsorganisationen hier nicht engere Grenzen bei der Auswahl der Panelisten ziehen sollten.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.