ATF

Kurzer Prozess um die schwedische Domain ferringpharmacy.se

Wir hatten bereits vor zwei Wochen einen Domain-Streit unter der ATF, der UDRP für schwedische .se-Domains, besprochen. Da zeigte sich ein Umstand, bei dem sich das Verfahren nach den schwedischen Regeln von der UDRP unterscheidet. Im Streit um die Domain ferringpharmacy.se zeigt sich nun eine weitere Differenz zur UDRP: ein beschleunigtes Verfahren.

Das niederländische Pharmaunternehmen Ferring B.V. sah seine Rechte durch die im September 2019 registrierte schwedische Domain ferringpharmacy.se verletzt und startete vor der WIPO ein Verfahren nach der Internetstiftelsens alternativa tvistlösningsförfarande (ATF), gewissermaßen der UDRP für schwedische Domains. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin mehrerer Marken »FERRING« und »FERRINGPHARMAZEUTICALS«. Sie beantragte einen Transfer der Domain ferringpharmacy.se auf sich und im Falle, der Gegner melde sich nicht zur Sache, ein beschleunigtes Verfahren (Accelerated Proceeding). Die Beschwerdeführerin machte geltend, der Domain-Name sei den FERRING-Marken sehr ähnlich, wobei die angefügte Beschreibung »pharmacy« einerseits ihre Wort-/Bildmarke wiedergebe und andererseits ihr Kerngeschäft bezeichne. Weiter sei die ungenutzte Domain bösgläubig registriert worden, und der Domain-Inhaber habe kein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain. Der Gegner meldete sich nicht zu Wort, weshalb der schwedische Rechtsanwalt und Entscheider in dieser Sache, Peter Hedberg, das beantragte beschleunigte Verfahren zuließ, die Sache kurz durchprüfte, die Argumentation der Beschwerdeführerin in fünf Zeilen bestätigte und auf Übertragung der Domain ferringpharmacy.se entschied (WIPO Case No. DSE2019-0043).

Was hier in schneller, praktischer Weise zu einem positiven Ergebnis für die Beschwerdeführerin führte, wäre bei anderen Endungen allenfalls über ein URS-Verfahren und im Ergebnis nur annähernd erreichbar, denn das URS-Verfahren führt nur zur Suspendierung der Domain, nicht aber zur Übertragung. Die schwedische ATF hat neben der Möglichkeit eines beschleunigten Verfahrens und der vor zwei Wochen angesprochenen abweichenden Beurteilung der Bösgläubigkeit (»oder« statt »und« bei der Frage von bösgläubiger Registrierung und Nutzung) noch weitere interessante Abweichungen. So werden durch die Streitbeilegungsordnung nicht nur Marken abgedeckt, sondern auch Geschäftsbezeichnungen, Familiennamen, Künstlernamen, Titelbezeichnungen und ein paar weitere Namensarten. Bei der Verfahrenssprache geht man die Sache ebenfalls leichtherziger an: so ist ein Antrag auf Schwedisch oder Englisch zu stellen, und die Entscheidung fällt in derselben Sprache aus.

Auch die Gebühren für das ATF-Verfahren sind andere. Zunächst richtet sich die Höhe der Verfahrensgebühren nach der Person des Beschwerdeführers: Privatpersonen zahlen bei einem Einzelentscheider SEK 4.000,– (ca. EUR 375,–), bei einem Dreierpanel das doppelte. Kleinunternehmen und NGOs zahlen SEK 5.000,– (ca. EUR 470,–) bzw. SEK 10.000,– (ca. EUR 940,–), und schwedische Unternehmen und Behörden zahlen SEK 10.000,– (ca. EUR 940,–) für einen Einzelentscheider und wieder das Doppelte für ein Dreierpanel. Für nichtschwedische, aber europäische Beschwerdeführer gelten ähnliche Preise, nichteuropäische Beschwerdeführer hingegen zahlen in der Regel etwas weniger. Dem stehen für das normale UDRP-Verfahren bei der WIPO Einstiegspreise von US$ 1.500,– entgegen – orientiert an der Anzahl der Domains (für bis zu fünf Domains), die im Verfahren geprüft werden. Auch wenn also das schwedische ATF-Verfahren aus der UDRP entsprungen ist, gibt es deutliche, den Beschwerdeführer begünstigende Abweichungen und es ist weit günstiger als das UDRP-Verfahren. Man muss sich allerdings um eine Domain unter der schwedischen Endung .se streiten.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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