Das Verwaltungsgericht in Hamburg legt in einem Urteil den Begriff »Anbieter von Telemedien« weit aus und sieht auch dann den Domain-Inhaber als Verantwortlichen, wenn das Angebot unter einer Domain selbst von einem Dritten kommt (VG Hamburg, Urteil vom 21.08.2013, Az.: 9 K 507/11).
Die Klägerin betrieb zumindest bis in das Jahr 2010 ein Netzwerk von rund 50 Erotik- und Pornographieangeboten. Bis November 2008 war ausschließlich sie als Betreiberin der Seiten im Impressum angezeigt, bis August 2010 war sie als Domain-Inhaberin und Admin-C im WHOIS eingetragen. Die Klägerin erhielt bereits 2007 einen Hinweis von Jugendschutz.net, das die bis dahin bekannte Internetseite der Klägerin gegen Jugendschutznormen verstoße. Aufgrund einer Verwaltungsverfügung von 2011 wurde von jugendschutz.net bzw. der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) der Betrieb eines erotischen Webangebots beanstandet und untersagt, unter anderem weil die Inhalte jugendschutzrechtswidrig sind und die Klägerin kein sicheres Altersverifikationssystem verwendet. Gegen den Verwaltungsbescheid wandte sich die Klägerin an das Verwaltungsgericht Hamburg.
Das VG Hamburg wies die Klage indes zurück und bestätigte den Bescheid (Urteil vom 21.08.2013, Az.: 9 K 507/11): Die Klägerin sei Anbieter im Sinne des Jugendmedienstaatsvertrages und habe aufgrund pornographischer und jugendgefährdender Inhalte auf ihrem Internetangebot gegen die Bestimmungen des Jugendmedienstaatsvertrages verstoßen. Dabei legte das VG Hamburg den Anbieterbegriff des Jugendmedienschutzvertrages weit aus. Entscheidend sei, dass die Klägerin die Möglichkeit zur Einflussnahme auf den Inhalt des Angebots hat. Diese Möglichkeit der Einflussnahme haben einerseits der Domain-Inhaber, aber auch die im Impressum genannten Personen eines Internetangebots. Zwar war die Klägerin im Zeitpunkt der Beanstandung im Februar 2011 nicht mehr Domain-Inhaberin und im Impressum nur noch unter dem Punkt »Zahlungsabwicklung und Kundenservice« genannt. Gleichwohl sei sie Anbieter, weil sie zum maßgeblichen Zeitpunkt als Betreiberin des Angebots in den AGB genannt war. Nicht nachvollziehbar sei, wann die österreichische Unternehmung, die jetzt als Betreiberin im Impressum steht, und vorgeblich urheberrechtswidrig die alten AGB der Klägerin nutze, Inhaberin wurde. Weiter sei unklar, warum die Klägerin ihr Geschäftsmodell geändert habe und plötzlich (laut Impressum) nur noch für »Zahlungsabwicklung und Kundenservice« zuständig sei. Auch die Frage der Domain-Inhaberschaft sei undurchsichtig, da tatsächlich kein wirklich neuer Inhaber im WHOIS aufgeführt ist, sondern lediglich ein Dienstleister, der die Sicherheit und Anonymität des tatsächlichen Domain-Inhabers garantiert. Nach Ansicht des Gerichts lege all dies nahe, dass es sich um Verschleierungshandlungen der Klägerin handele. Da die Klägerin entgegen ihrer Mitwirkungspflicht bei der freien Beweiswürdigung und entgegen eines richterlichen Hinweises die näheren Umstände aus ihrer Sphäre und ihrem Erkenntnisbereich nicht aufklärte, ist sie als Anbieter anzusehen und muss für die Rechtsverstöße einstehen.
Dass das Ergebnis dieser Entscheidung akzeptabel ist, steht außer Frage. Ob aber die weite Auslegung des Anbieterbegriffs des Jugendmedienstaatsvertrages so haltbar ist, bezweifeln wir. Denn nicht jeder Domain-Inhaber verfügt über den notwendigen Einfluss auf die Inhalte. Er kann allerdings dafür sorgen, dass die Domain gesperrt oder gelöscht wird – dann sind die Inhalte ganz weg. Das muss im Einzelfall herausgearbeitet werden.
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