In einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main konnte ein Verein vom ehemaligen Vereinsvorsitzenden erfolgreich den Verzicht auf die Vereins-Domain erstreiten. Der ehemalige Vereinsvorsitzende hatte in verbotener Eigenmacht die Domain auf sich übertragen. Statt des veranschlagten Gegenstandswerts von EUR 50.000,– war aus Sicht des Gerichts der Betrag von EUR 30.000,– für die Sache angemessen.
Der Verfügungskläger, ein Verein, begehrt vom Verfügungsbeklagten, dem ehemaligen Vereinsvorsitzenden, die »Rückübertragung« der .de-Vereins-Domain. Der Verfügungskläger ist Inhaber eines Accounts bei einem Registrar, über den die Vereins-Domain, deren Inhaber der Verein war, registriert war. Der Verfügungsgegner war am 07. Februar 2022 als Vorstand des Vereins ausgeschieden. Er hatte als einziger die Zugangsdaten zum Domain-Account des Vereins. Der neue Vorstand forderte den Verfügungsgegner auf, ihm die Zugangsdaten mitzuteilen, die er am 22. Juli 2022 auch erhielt. Am selben Tag stellte er fest, dass die Vereins-Domain nicht mehr in dem Domain-Account vorhanden war; kurz vor Mitteilung der Zugangsdaten hatte der Verfügungsgegner die Vereins-Domain auf sich und in seinen eigenen Account übertragen. Unter der Domain zeigte sich nun nur noch eine weiße Seite mit dem Satz »Diese Domain wurde nicht gefunden«. Der Verfügungskläger beantragte bei der Domain-Verwaltung DENIC eG einen Dispute-Eintrag, der am 26. Juli 2022 eingetragen wurde. Daraufhin mahnte der Verfügungskläger durch seine Prozessbevollmächtigten den Verfügungsgegner ab und forderte ihn auf, binnen 24 Stunden auf die Domain zu verzichten. Nach einigem ergebnislosen Hin- und Her zwischen den Parteien beantragte die Verfügungsklägerin vor dem Landgericht Frankfurt am Main den Erlass einer einstweiligen Verfügung, dernach der Verfügungsgegner verpflichtet werde, gegenüber DENIC eG auf die .de-Domain zu verzichten. Der Verfügungsgegner beantragte die Zurückweisung und verwies unter anderem darauf, der Verfahrenskläger könne ja eine andere seiner Domains für die Vereinsseite nutzen. Außerdem habe der Verfahrenskläger seit dem 28. Juli 2022 die AUTH-Codes für den Transfer der streitigen Domain. Schließlich sei er vom Verfahrenskläger nicht aufgefordert worden, den Verzicht auf die Domain gegenüber der DENIC eG zu erklären.
Das Landgericht Frankfurt am Main gab dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung statt (Urteil vom 22.09.2022, Az. 2-28 O 173/22). Die einstweilige Verfügung sei zulässig und begründet. Der Verfügungskläger habe gegen den Verfügungsgegner einen Anspruch, den Verzicht auf die Domain gegenüber DENIC zu erklären (§§ 823 Abs. 2 i.V.m. § 303 a StGB, §§ 858, 861 BGB analog). Der Verfügungsgegner hatte nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand kein Recht zum „Besitz“ der Domain mehr, gleichwohl übertrug er sie am gleichen Tag auf sich, als er die Zugangsdaten für den Domain-Account des Vereins dem Vorstand mitteilte. Das sei verbotene Eigenmacht in Form einer Datenveränderung gemäß § 303 a StGB und begründe einen Anspruch des Verfügungsklägers auf Wiedereinräumung des Zugriffs auf die Domain (»§§ 858, 861 BGB analog bzw. §§ 823 Abs. 2 i.V.m. § 303 a StGB«). Der Verfügungsgegner müsse danach gegenüber der DENIC eG den Verzicht auf die Domain erklären. Da ein Disput auf die Domain besteht, könne eine Inhaberübertragung über die AUTH-Codes nicht durchgeführt werden. Aus diesem Grunde könne der Verfügungsgegner sich im Hinblick auf die Bekanntgabe der AUTH-Codes nicht auf Erfüllung berufen. Die Verzichtserklärung gegenüber DENIC eG habe er unstreitig noch nicht abgegeben. Das Gericht stellt fest:
»Es ist unerheblich, ob der Verfügungskläger den Verfügungsbeklagten zuvor ausdrücklich aufgefordert hat, eine Verzichtserklärung gegenüber der […] eG., abzugeben.«
Der Verfügungskläger habe, obwohl mehrfach vom Verfügungskläger zum Verzicht auf die Domain aufgefordert, nicht das Erforderliche unternommen, um die Löschung herbeizuführen und so dem Verfügungskläger den Zugriff auf die Domain zu ermöglichen.
Der Verfügungskläger habe darüber hinaus schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die einstweilige Verfügung nötig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden. So sei der Verfügungskläger für seine Mitglieder nicht mehr über die Domain erreichbar, und die leere Seite unter der Domain vermittle den Eindruck, der Verein existiere nicht mehr. Es liege auf der Hand, dass dem Verfügungskläger deshalb erheblicher Schaden drohe. Dass der Verfügungskläger vorübergehend eine andere URL für die Kommunikation nutzt, sei unerheblich. Danach war aus Sicht des Gerichts der einstweiligen Verfügung stattzugeben. Nicht einverstanden war das Landgericht lediglich mit dem vom Verfügungskläger angegebenen Gegenstandswert von EUR 50.000,–, den es für übersetzt erachtete und auf EUR 30.000,– festlegte.
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