In einer aktuellen Entscheidung setzt sich das Landgericht in Bonn mit dem Online-Gesundheitsportal des Bundes (»gesund.bund.de«) und der Marktverhaltensregelung des aus der Institutsgarantie der Presse gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleiteten Gebots der Staatsferne der Presse auseinander. Anders als in der vor knapp einem Jahr ergangenen BGH-Entscheidung über das Stadtportal dortmund.de, gibt das Landgericht Bonn dem klagenden Verlag Recht.
Das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn erging am 28. Juni 2023 (Az. 1 O 79/21). Kläger ist ein Verlag, der selbst mehrere Gesundheitsportale betreibt, in denen er Informationen zu den Themen Gesundheit und Krankheiten für den medizinischen Laien in aufbereiteter Form anbietet. In dem Klageverfahren verlangt er von der Bundesrepublik Deutschland, das sogenannte Nationale Gesundheitsportal »gesund.bund.de« nicht länger mit pressemäßig aufbereiteten Artikeln zu allgemeinen Gesundheitsthemen zu betreiben bzw. anzubieten. In der Pressemitteilung zum ergangenen Urteil des LG Bonn heißt es:
Der Kläger sieht in dem Gesundheitsportal des Bundes eine Konkurrenz gegenüber den eigenen Angeboten, mit dem der Bund das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt. Dieses sog. Institut der freien Presse dient dazu, eine Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten zu verhindern. Es soll die private Presse zudem vor einem Leserverlust durch staatliche Publikationen schützen, die ein Zeitungsangebot zu ersetzen vermögen.
Darüber hinaus beantragte der Kläger die Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Bundes.
Das LG Bonn entschied, dass dem Kläger gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) in Verbindung mit dem aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse zusteht. Zur Begründung heißt es in der Pressemitteilung, ein Großteil der auf dem Portal eingestellten Artikel überschreite die Grenzen des zulässigen staatlichen Informationshandelns:
Diese Artikel enthalten keinerlei Hinweise zu akuten Gefahrensituationen, sondern allgemeine Informationen wie ein Gesundheitslexikon oder Tipps und Ratschläge für ein gesundes Leben. Um seinen staatlichen Aufgaben und Fürsorgepflichten gegenüber den Bürgern gerecht zu werden, bedarf es eines solchen Portals des Bundes nicht. Zudem geht der Substitutionseffekt zu Lasten der privaten Anbieter ähnlicher Formate.
Den Antrag auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Bundes wies das Gericht ab, weil der Kläger hinsichtlich des Eintritts eines Schadens nicht konkret vorgetragen habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob der Bund in Berufung geht und wie weitere Instanzen entscheiden, bleibt zunächst offen, da die Details des Sachverhalts in der Angelegenheit erst mit Veröffentlichung der Urteilsbegründung einseh- und einschätzbar werden. Dann lässt sich sagen, inwieweit die Vorgaben der BGH-Entscheidung über dortmund.de Einfluss genommen haben.