Dass das Internet ein rechtsfreier Raum sei, ist ein hartnäckiges Gerücht, welches sich besonders in der Politik hält. Binnen einer Woche erwies sich aber auch die neuere Web 2.0-Anwendung Twitter gleich dreifaltig als keinesfalls rechtsfreier Raum: Es erging eine einstweilige Verfügung, eine berechtigte Abmahnung und eine umstrittene Strafanzeige wegen Inhalten auf Twitter.
RA Henning Krieg hatte bereits im Frühsommer 2009 rechtliche Risiken des Twitterns angesprochen und darüber spekuliert, ob man für den Twitteraccount ein Impressum braucht oder nicht. Vieles spricht nach Ansicht von Rechtsanwalt Krieg dafür, dass Twitteraccounts mit einem Link zu einem Impressum nach den Vorgaben des Telemediengesetzes ausgestattet sein müssen – zumindest, wenn sie geschäftlich genutzt werden. Doch unter dem Motto zwei Juristen, drei Rechtsansichten gibt es auch Rechtsanwälte, die ein Twitter-Impressum nicht für notwendig erachten. Das aber sind Spezialfragen; was in jedem Fall jedem Juristen klar ist, ist dass rechtswidrige Äußerungen in Twitter rechtswidrige Äußerungen sind, gegen die man rechtlich vorgehen kann. Das zeigte nun die bereits besprochene Entscheidung des Landgerichts Frankfurt/M. Darüber hinaus kommen aber auch weitere mögliche rechtswidrige Nutzungen von Twitter in Betracht.
Rechtsanwalt Dramburg (dramburg.eu) berichtet von einer Abmahnung wegen des Versendens einer Direct Message mit werblichen Inhalten in Twitter. Der Betroffene ist Follower des Absenders der Twitter Direct Message, die werbliche Inhalte hatte. Eine Twitter Direct Message gleicht im Grunde einer eMail; sie ist ein direkter Datenaustausch zwischen Absender und Empfänger. Der Empfänger der Direct Message mahnte in diesem Falle den Versender wegen Versendung unerwünschter Werbung ab und verlangte eine Unterlassungserklärung. Die werbliche Direct Message war ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung (§ 7 Abs. 2 Ziffer 3 UWG) an den Follower gesendet worden und kann damit als Spam eingeordnet werden. Die Juristen sind sich wohl einig, dass, wenn man einem Tweet abonniert, darin keine Einwilligung zu sehen ist, über Direct Messages Werbung empfangen zu wollen.
Schließlich stellte der Bund Deutscher Kriminalbeamte (BDK) durch seinen Vorsitzenden Klaus Hansen Strafanzeige gegen den Twitterer Matthias Huch, der anlässlich einer Demonstration, bei der der BDK die schnelle Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung forderte, tweetete: „BDK fordert Gestapo 2.0 und will die Vorratsdatenspeicherung wieder.“ Beim BDK meinte man, das sei eine strafrechtlich relevante Verunglimpfung. Ob dies tatsächlich so ist, darüber darf man diskutieren. So meint etwa Rechtsanwalt Udo Vetter, der BDK sei als Personenvereinigung kein geschütztes Rechtssubjekt im Sinne der maßgebenden Strafnorm. Nichtsdestotrotz sollte klar sein, dass man via Twitter auch strafrechtlich relevante Aussagen artikulieren kann, was man tunlichst unterlassen sollte.