Registrarhaftung

LG Münster zu den Prüfpflichten eines Domain-Registrars bei umstrittenen Domain-Inhalten

Das Landgericht Münster prüfte die Haftung eines Domain-Registrars bei unklarem Sachverhalt hinsichtlich des Missbrauchs einer Domain. Das einstweilige Verfügungsverfahren um Inhalte der Domain eines Saunaclubs ging zu Gunsten des Registrars aus.

Die Antragstellerin führte ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegen einen Domain-Registrar. Sie selbst betreibt einen Saunaclub, den sie zunächst zur Untermiete vom Hauptmieter gemietet hatte. Mit dieser Untermiete einher ging die Nutzung der Website unter der dem Saunaclub zugeordneten Domain saunaclub##.de, wobei vereinbart war, dass die Hauptmieterin Änderungen am Website-Inhalt vornehmen würde. Als der Hauptmietvertrag endete, schloss die Antragstellerin einen Mietvertrag mit der Eigentümerin der Räumlichkeiten. Die Antragsgegnerin ist ein Domain-Registrar im B2B-Bereich; Internet-Service-Provider der vorgenannten Domain ist eine GmbH, welche die Domain ausschließlich technisch hostet und über die Systeme der Antragsgegnerin verwaltet. Domain-Inhaber ist eine dritte Person. Am 26. August 2019 zeigte die Website unter der Domain den Eintrag: »SORRY WE’RE CLOSED Dauerhaft geschlossen! Liebe Gäste, leider war ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr länger möglich. Aus diesem Grund waren wir leider dazu gezwungen das Angebot einzustellen. Wir bedanken uns bei allen Gästen und Freunden!« Die Antragstellerin forderte daraufhin die Antragsgegnerin auf, die Website stillzulegen. Das lehnte die Antragsgegnerin ab, nachdem sie über den Internet-Service-Provider eine Stellungnahme des Domain-Inhabers eingeholt hatte. Die Antragstellerin wandte sich mit einer einstweiligen Verfügung an das Landgericht Münster und trug vor, die Antragsgegnerin hoste die Domain, und bei der geänderten Website handele es sich um eine Störung ihres Geschäftsbetriebs, weshalb sie einen Unterlassungsanspruch habe (analog §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB). Sie beantragte, die Website saunaclub##.de abzuschalten. Die Antragsgegnerin hielt unter anderem entgegen, sie sei gar nicht der richtige Gegner (fehlende Passivlegitimierung), und ein unschwer zu erkennender, offensichtlicher Rechtsverstoß sei auch nicht ersichtlich.

Das Landgericht Münster wies mit Beschluss vom 24.09.2019 (Az. 8 O 224/19) den Antrag auf Erlass einer einstweilige Verfügung als unbegründet zurück. Aus Sicht des Landgerichts hatte die Anspruchstellerin schon ihren Verfügungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Davon abgesehen stehe ihr jedoch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. So sei der Entscheidung zu Grunde zu legen, dass die Gegnerin lediglich Registrar der Domain ist, sie aber nicht hostet. Die Antragsgegnerin hat als Registrar für die Registrierung und Konnektierung der Domain bei der Registry gesorgt und so dazu beigetragen, dass der Domain-Inhaber mit Hilfe der Domain Inhalte über das Internet verfügbar machen und Rechtsverletzungen begehen kann. Im Hinblick darauf gehe der Einwand der Antragsgegnerin, sie sei als Registrar nicht der richtige Anspruchsgegner, fehl. Sie träfen allerdings nur eingeschränkte Prüfpflichten, die eine Handlungspflicht nur dann auslösen, wenn die Verletzung der Rechte Dritter offenkundig und für sie unschwer, also ohne tiefgreifende tatsächliche und rechtliche Prüfung, feststellbar ist. Der Antragsgegnerin sei hier kein Pflichtverstoß vorzuwerfen. Ihrer eingeschränkten Prüfpflicht gemäß habe sie nach der Beschwerde der Antragstellerin eine Stellungnahme beim Internet-Service-Provider eingeholt, der seinerseits eine beim Domain-Inhaber einholte und sie an die Antragsgegnerin weiterleitete. Eine etwaige Rechtsverletzung war so nicht offenkundig und unschwer für die Antragsgegnerin festzustellen. Die in Rede stehende Website und ihre Inhalte für sich genommen gaben keinen Hinweis auf eine Rechtsverletzung: es handele sich nicht um den typischen Fall einer Persönlichkeitsverletzung oder einer Urheberrechtsverletzung. Der umfassende Sachverhalt war der Antragsgegnerin nicht bekannt, sie konnte sich nur am neutralen Text auf der Website orientieren und an der Stellungnahme des Domain-Inhabers, die vom LG Münster als nicht sehr aussagekräftig eingestuft wurde, aber den Vorwürfen der Antragstellerin entgegentrat. Die Nutzungsrechte hinsichtlich der Domain und die Absprachen, die die Antragstellerin mit der ehemaligen Hauptmieterin getroffen haben will, blieben weitestgehend im Dunkeln. Zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Diese hätte zudem nur eine vertiefte rechtliche Prüfung hinsichtlich eines etwaigen rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder einer rechtswidrigen Kreditgefährdung nach sich gezogen, wozu die Antragsgegnerin gar nicht befähigt war. Damit wies das LG Münster das Verlangen auf Abschalten der Domain saunaclub##.de zurück.

Dieser Fall liegt außerhalb der üblichen Kategorien Persönlichkeits- oder Urheberrechtsverletzung und war auf Grundlage des Sachverhalts wahrscheinlich einfacher im Rahmen von Prüfpflichten des Antragsgegners zu beurteilen. Das LG Münster schlüsselte in der Entscheidung kurz und knapp das Problem des Domain-Registrars, seinen Prüfpflichten nachzukommen, auf. Die Grenze wann eine Verletzung der Rechte Dritter, offenkundig und unschwer, ohne tiefgreifende tatsächliche und rechtliche Prüfung feststellbar ist, bleibt damit gleichwohl weiterhin ein Graubereich. Betroffene, die sich mit Unterlassungsansprüchen wie hier konfrontiert sehen, haben es auch nach dieser Entscheidung nicht leichter.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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