Online-Werbung

Bundesgerichtshof klärt die Vertragsqualität von elektronischen Werbeanzeigen unter einer Domain

Der Bundesgerichtshof klärte in einer aktuellen Entscheidung, dass ein Vertrag über die Platzierung einer elektronischen Werbeanzeige unter einer Domain rechtlich als Werkvertrag zu qualifizieren ist und nicht als Dienstvertrag. Ausserdem hielt er fest, welche Angaben für einen wirksamen Werkvertrag notwendig sind.

Die Parteien des Rechtsstreits streiten über die Vergütung für eine elektronische Anzeige in einem Internet-Branchenverzeichnis der Klägerin. Die Klägerin hatte sich mit dem Beklagten darüber geeinigt, eine elektronische Werbeanzeige in der Größe 440 x 130 Pixel auf der von ihr betriebenen Webseite zu schalten. Der Beklagte wollte jedoch den vereinbarten Preis dafür nicht zahlen, weshalb die Klägerin Zahlungsklage vor dem Amtsgericht in Bad Kreuznach erhob. Das AG Bad Kreuznach wies die Klage ab, da der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag hinsichtlich der Leistung zu unbestimmt sei: der geschuldete Werbeerfolg im Sinne einer möglichen Werbewirksamkeit im Vertrag sei nicht geregelt worden (Urteil vom 29.07.2016, Az.: 22 C 3/16). Die Klägerin ging in Berufung vor das Landgericht Bad Kreuznach und führte dort aus, dass das Amtsgericht den Vertrag fehlerhaft als Werkvertrag angesehen habe. Es handele sich vielmehr um einen Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen. Sie habe an 365 Tagen und täglich 24 Stunden eine Homepage bereitzustellen und somit die Abrufbarkeit der Anzeige zu gewährleisten. Der werkvertragliche Aufwand, einen Banner zu erstellen, trete deutlich hinter den Aufwand der dienstvertraglichen ständigen Bereitstellung der Homepage zurück. Sie meinte, bei einem Dienstvertrag werde kein Erfolg geschuldet; die werkvertraglichen Elemente des Vertrages bezögen sich allein auf die Erstellung und einmalige Einstellung des Brancheneintrags nach den Vorgaben und Vorlagen des Beklagten, womit die von ihr vorzunehmende Leistung in dem Vertrag hinreichend bestimmt gewesen sei. Der Beklagte stellte im Berufungsverfahren keinen Antrag und erschien auch nicht zum Termin zur mündlichen Verhandlung. Gleichwohl wies das LG Bad Kreuznach die Berufung als unschlüssig zurück (Urteil vom 01.03.2017, Az. 1 S 86/16). Das Landgericht ging dabei davon aus, dass die Parteien einen Werkvertrag schliessen wollten, der aber nicht wirksam zustande kam, da die Parteien zu einem wesentlichen Bestandteil des Werbevertrages, der Werbewirksamkeit, keine hinreichend bestimmte Vereinbarung getroffen hätten. Kriterien für die Werbewirksamkeit hätten Angaben zur Anzahl von Besuchen (sogenannte »Clicks«) in einem bestimmten Zeitraum, Auskunft über die Auffindbarkeit und die Attraktivität der Seite für interessierte Internetnutzer sowie die Auffindbarkeit in Suchmaschinen und die Position im Suchergebnis umfassen können. Das LG Bad Kreuznach liess allerdings die Revision gegen diese Entscheidung zu, da die Entscheidung der Frage, ob es sich bei einer Eintragung in einem elektronischen Branchenverzeichnis um einen Werkvertrag oder um einen Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen handelt, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und in einer Vielzahl von Fällen von Bedeutung sei. Von der Revisionsmöglichkeit machte die Klägerin Gebrauch und ging vor den Bundesgerichtshof.

Der Bundesgerichtshof kam zum Ergebnis, dass es sich bei dem Eintrag in ein elektronisches Branchenverzeichnis um einen wirksamen Werkvertrag handele. In Abweichung zu den beiden Vorinstanzen stellte der BGH jedoch fest, dass der vorliegende Werkvertrag der Parteien wirksam abgeschlossen sei (Urteil vom 22.03.2018, Az. VII ZR 71/17). Das Landgericht gehe davon aus, es fehle an der hinreichenden Bestimmtheit der geschuldeten Leistung, aufgrund der man den Willen zu einer vertraglichen Bindung annehmen könne, denn der Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden und damit die Werbewirksamkeit, auf die es nach dem Vertragszweck entscheidend ankomme, sei gänzlich ungeregelt geblieben. Der BGH bestätigte, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag über die elektronische Werbeanzeige unter der im Vertrag angegebenen Domain rechtlich ein Werkvertrag (§ 631 BGB) sei. Die Klägerin hatte zur Erfüllung des Vertrages die vom Beklagten ihrer Form und Art nach gebilligten Werbeanzeigen unter der im Vertrag angegebenen Domain während der Vertragslaufzeit einzustellen. Darin bestand der von der Klägerin zu erbringende Werkerfolg. Dem war sie nachgekommen. Im Hinblick darauf sei der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag hinreichend bestimmt und auch erfüllt. Der BGH führt weiter aus:

Vertragliche Regelungen, wie die Werbewirksamkeit der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige im konkreten Fall erreicht werden kann, gehören – vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung der Vertragsparteien – nicht zum wesentlichen Inhalt eines auf die Schaltung einer elektronischen Werbeanzeige gerichteten Vertrags.

Fehlten sie, führe das nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages. Vielmehr trage der Besteller das Risiko, dass mit der Werbemaßnahme die gewünschte Werbewirkung tatsächlich erzielt werden könne. Da zwischen den Parteien aus Sicht des BGH ein Werkvertrag wirksam zustandegekommen und die Klägerin ihrer vertraglichen Pflicht nachgekommen war, hob der BGH das Berufungsurteil auf. Selbst konnte erkeine Entscheidung treffen, da das LG Bad Kreuznach keine Feststellungen dazu getroffen hatte, ob die weiteren Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, womit der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif war. So wies der BGH die Sache an das Landgericht Bad Kreuznach zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.

Der Bundesgerichtshof räumte in dieser aktuellen Entscheidung mit Fehlvorstellungen auf, die sich aus einer missverstandenen Formulierung eines BGH-Urteils von 1984 (Urteil vom 19.06.1984, Az. X ZR 93/83) ergeben hatten. Das LG Bad Kreuznach hatte, unter Verweis auf die Rechtsprechung, die dem BGH-Urteil von 1984 folgte, unter dem Begriff der mit dem Werbewerkvertrag geschuldeten »einheitlichen und fortdauernden planmäßig erzielten Werbewirkung« mehr verstanden, als der BGH tatsächlich hineingelegt hatte. Im Urteil von 1984 ging es um den dauernden Aushang von Werbeplakaten während der vereinbarten Vertragszeit, der als Erfolg geschuldet war. Für die Rechtsprechung umfasste das in Printmedien auch Aussagen zur Auflage und Verbreitung des Werbeträgers sowie an welchen Stellen die Werbung verteilt werden sollte, damit geprüft werden könne, ob der geschuldete Werbeeffekt erzielt werde. Dem Landgericht Bad Kreuznach fehlten hier vergleichbare Angaben für die im Internet veröffentlichte elektronische Werbung. Der BGH machte nun deutlich, dass es derer nicht bedürfe, um einen wirksamen Werkvertrag anzunehmen, wobei das letztlich aber von den im einzelnen darüber hinaus getroffenen Vereinbarungen der Parteien abhänge.

Eine Parallel-Entscheidung des Landgericht Bad Kreuznach (Urteil vom 01.03.2017, Az. 1 S 84/16, statt Az. 1 S 86/16, die online nicht verfügbar ist) finden Sie hier.

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