OLG Hamm

Städte-Portale dürfen in Maßen werbefinanzierte Inhalte vorhalten

Bereits vor zwei Jahren hatten wir vom Streit eines Verlages mit einer Stadt und dem Stadtportal berichtet, auf dem es werbefinanzierte Inhalte gab. Der Verlag sah darin einen Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse. Vor zwei Jahren stritt man sich noch über die Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit gegenüber der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Jetzt ging es um die Sache selbst. Damals wie heute entschied das OLG in Hamm.

Die Sache ist komplex: Ein Verlag verklagt eine Stadt wegen werbefinanzierter Inhalte auf deren Webseite, da die Gemeinde als öffentlich-rechtliche Institution mit Werbung die Neutralität der Presse (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Gebot der Staatsferne der Presse) verletze. Die Stadt meint, der Verlag wolle ihre Website ganz abschalten, was alleine über den öffentlichrechtlichen Klageweg gehe. Das angerufene Zivilgericht sieht sich als unzuständig an, weshalb zuerst die Frage der Zuständigkeit geklärt werden muss. Es verweist den Rechtsstreit von Amts wegen an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Beschluss vom 26.06.2018, Az. 3 O 262/17). Gegen diesen Beschluss legt die Klägerin sofortige Beschwerde ein, der das Landgericht Dortmund nicht abhilft. Die Sache wird dem OLG Hamm zur Prüfung vorgelegt. Dies wiederum hebt den Beschluss des LG Dortmund auf und verweist die Sache zurück an dieses, damit es in der Sache entscheide (Beschluss vom 14.02.2019, Az. 4 W 87/18). Daraufhin gibt das Landgericht Dortmund der Klage des Verlages statt (Urteil vom 08.11.2019, Az. 3 O 262/17). Es ist der Ansicht, die beklagte Stadt verstoße gegen den Grundsatz der Staatsferne der Presse, weil das von ihr betriebene Internetportal als Informationsplattform mit journalistischen Beiträgen über das gesamte politische und gesellschaftliche Leben in der Stadt berichten wolle. Die beklagte Gemeinde ging gegen dieses Urteil in Berufung vor das OLG Hamm.

Das OLG Hamm bestätigte mit seiner Entscheidung vom 10.06.2021 (Az. 4 U 1/20) die Berufung der Gemeinde gegen das Urteil des LG Dortmund, welches der Klage des Verlages stattgegeben hatte. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. In einer Pressemitteilung des OLG Hamm heißt es, in der mündlichen Verhandlung seien Sach- und Rechtsfragen mit den Parteien und ihren Anwälten ausführlich erörtert worden. Das OLG Hamm könne im Großen und Ganzen nicht feststellen, dass das Internetportal der Stadt in unzulässiger Weise die private Presse ersetze. Weiter heißt es in der Pressemitteilung:

Im Hinblick auf den Umfang des Internetportals einschließlich der großen Anzahl an Haupt- und Unterseiten könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass durch den Betrieb des Stadtportals in der streitgegenständlichen Form ein Leseverlust bei der privaten Presse und eine damit dem Institut der freien Presse zuwider laufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten eintrete.

Einzelne Artikel verstießen zwar gegen das Gebot der Staatsferne der Presse, würden aber aufgrund der abrufbaren Fülle an Informationen »untergehen«.

Das OLG Hamm hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Sollte der Verlag, nachdem er die Entscheidungsgründe gesichtet und geprüft hat, in Revision gehen, wird es wieder einige Jahre dauern, ehe man von dem Streit hört. Doch scheint das Thema durchaus von Interesse für zahlreiche Verlage und Stadtportale zu sein, weshalb mit einem Gang zum Bundesgerichtshof zu rechnen ist.

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