LG Dortmund

Glücksspielangebote unter einer .de-Domain richten sich an ganz Deutschland

Wer sein Internetangebot unter einer .de-Domain betreibt, richtet sich an Kunden in ganz Deutschland und nicht nur in einzelnen Bundesländern. Diese Feststellung hat das LG Dortmund (Urteil vom 11.05.2022 – Az. 12 O 185/21) getroffen.

Die Beklagte betreibt eine Webseite in deutscher Sprache unter einer .de-Domain. Auf dieser Seite veranstaltet sie öffentliche Glücksspiele im Internet, darunter klassische Casinospiele und Spielautomaten. Sie verfügt zwar über eine Lizenz einer Glücksspielaufsichtsbehörde, nicht jedoch für Nordrhein-Westfalen. Der Kläger, der seinen Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen hat, spielte nach der Arbeit und in seinen Pausen von zu Hause auf der Internetseite der Beklagten im Casino Roulette. In den Jahren 2018 und 2019 verspielte er so einen Betrag in Höhe von EUR 73.830,00. Diesen Betrag verlangt er nun von der Beklagten zurück. Er sei irrig davon ausgegangen, dass es sich um legale Online-Glücksspiele handele. Die Beklagte gebe an, über eine Lizenz zu verfügen und habe ihren Geschäftsbetrieb gezielt auf den deutschen Markt ausgerichtet, wie sich aus der Verfügbarkeit der Internetseite auf Deutsch, der Verwendung der für Deutschland typischen Endung .de in der Domain sowie die auf den deutschen Markt ausgerichteten Werbetexte ergebe. Aufgrund der undurchsichtigen Gesetzeslage zu Online-Glücksspielangeboten könne nicht unterstellt werden, dass er als juristischer Laie hätte herausfinden können, dass das Angebot nicht erlaubt sei. Die Beklagte meint hingegen, der Kläger habe ein legales Angebot in Anspruch genommen. Jedenfalls sei ein Anspruch auf Rückforderung gemäß § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen. Diese Norm sei anwendbar, weil der Kläger bei der Wahrnehmung des Glücksspielangebotes gewusst habe, dass die Teilnahme am Online-Glücksspiel aus der Perspektive deutschen Rechts illegal gewesen sei.

Das Landgericht Dortmund folgte dem Kläger und verurteilte die Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB zur Rückzahlung. Die Beklagte habe die Spieleinsätze des Klägers durch dessen Leistung ohne rechtlichen Grund erlangt. Denn der Vertrag über die Teilnahme an dem von ihr betriebenen Online-Glücksspiel war gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. nichtig. Danach ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Die Beklagte hat gegen diese Verbotsnorm verstoßen, indem sie ihr Online-Angebot auch Spielteilnehmern aus Nordrhein-Westfalen zugänglich gemacht hat. Der Bereicherungsanspruch scheitere auch nicht an § 817 Satz 2 BGB. Die Beklagte habe schon keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, anhand derer der Kläger auf eine Illegalität des angebotenen Glücksspiels im Internet schließen musste. So hat sie nicht dargelegt, in welcher Weise sie auf ihrer Internetseite auf das gesetzliche Verbot des Online-Glücksspiels in Nordrhein-Westfalen hingewiesen hat. Zudem hat die Beklagte sich durch die Gestaltung der Website auf Deutsch mit einem deutschen Domain-Namen (.de) gezielt an deutsche Kunden gewandt, ohne deutlich – wie dies zum Beispiel in den von der Beklagten angeführten Fernsehspots getan wird – darauf hinzuweisen, dass das Online-Glücksspiel nur für Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Schleswig-Holstein erlaubt war.

Das letzte Argument gilt zwar spezifisch nur für Online-Glücksspiele, darf aber als Ohrfeige für die Beklagte verstanden werden:

»Ein Ausschluss der Rückforderung, wie ihn § 817 S. 2 BGB eigentlich vorschreibt, würde die Anbieter von Online-Glücksspielen zum Weitermachen geradezu ermutigen, denn sie könnten die erlangten Gelder – ungeachtet der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt herrschenden Illegalität ihres Geschäftsmodells und somit der Nichtigkeit des Vertrages – behalten.«

Ob die Sache anders entschieden worden wäre, wenn das Internetangebot unter einer geoTLD für Schleswig-Holstein erreichbar gewesen wäre, konnte das Gericht übrigens offenlassen, da es eine solche nicht gibt: das Kürzel .sh ist bereits von St. Helena, einer Insel vulkanischen Ursprungs im Südatlantik, besetzt.

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