Dass Domain-Namen auch in arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen von Bedeutung sein können, belegt ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Thüringen: die Nutzung einer eMail-Adresse unter fremder Domain rückte im Streitfall eine Arbeitnehmerin organisatorisch näher an den Beklagten heran, als es diesem lieb war (Urteil vom 23.11.2016 6 Sa 283/15).
Der Beklagte hatte im Jahr 1991 ein gemeinnütziges Siedlungsunternehmen im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes gegründet. Dessen Aufgabe war unter anderem die Entwicklung der Agrarstruktur sowie die Entwicklung von ländlichen Räumen im Freistaat Thüringen. Dem Beklagten gehörte ferner eine von ihm 2001 gegründete, nicht rechtsfähige Anstalt. Mit dieser Anstalt schloss der Beklagte im Jahr 2011 einen Rahmenvertrag, wonach die Anstalt bei bestimmten Projekten mitwirken sollte. Der Beklagte verpflichtete sich dabei, unter anderem die notwendigen Räumlichkeiten und die Telekommunikationszugänge zur Verfügung zu stellen, während die Anstalt bewegliche Materialien wie PC und Handy zu stellen hatte. Mitarbeiter des Beklagten sollten ausserdem Zielvereinbarungsgespräche direkt mit den Mitarbeitern der Anstalt führen. Eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besass die Anstalt nicht. Die Klägerin schloss im November 2011 einen Vertrag mit der Anstalt, um zum 1. März 2012 ihre Tätigkeit beim Beklagten aufzunehmen; sie war durchgängig mit Aufgaben des Rahmenvertrages beschäftigt. Ihre Erreichbarkeit im Wege von Telekommunikationsmitteln und per eMail war unter anderem über eine Domain des Beklagten möglich. Mit Urteil vom 02. Juli 2015 hat das Arbeitsgericht Gera festgestellt, dass nicht zwischen der Klägerin und der Anstalt, sondern zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht; zur Begründung führte das Gericht an, dass die Klägerin in den Betrieb des Beklagten weisungsgebunden eingegliedert worden sei. Hiergegen wandte sich der Beklagte mit seiner Berufung zum Landesarbeitsgericht Thüringen.
Das Landesarbeitsgericht Thüringen wies die Berufung jedoch im Wesentlichen zurück, da auch nach seiner Auffassung zwischen den Parteien ein gesetzlich begründetes Arbeitsverhältnis (§§ 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 AÜG) bestand. Der »Rahmenvertrag« zwischen dem Beklagten und der Anstalt erweist sich seinem wahren Geschäftsinhalt nach als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. So soll die Steuerung von Projekten durch den Beklagten erfolgen. Das spricht dagegen, dass die Anstalt selbst ihre Leistung organisiert. Zudem macht der Beklagte Vorgaben für Qualität des Personals, wobei er zahlreiche Arbeitsmittel stellt. In der Zusammenschau mit den Zielvereinbarungsgesprächen werde deutlich, dass der Inhalt der Arbeit im Einzelnen, das »wie und was«, durch den Beklagten gesteuert wird; dies betrifft den Kern des Arbeitgeberweisungsrechts. Gegen Fremdpersonal spricht auch, dass die Klägerin in das Telekommunikationsnetz des Beklagten eingebunden war, wobei sie von außen nicht als Mitarbeiter eines anderen Unternehmens gekennzeichnet und auch per eMail auf einer Domain des Beklaten erreichbar war. Dies liess wenig Zweifel an der vollständigen Eingliederung der Klägerin in die betriebliche Organisation des Beklagten.
In rechtlicher Hinsicht bringt die Entscheidung des LAG Thüringen wenig Neues. Allerdings wirft die Abgrenzung zwischen Werkvertrag und erlaubnispflichtiger Arbeitnehmerüberlassung häufig praktische Fragen auf. Im Streitfall wirkte sich zu Lasten der Beklagten aus, dass sie der Klägerin eine eMail-Adresse unter ihrer Domain zur Verfügung stellte; dies verstärkt für Aussenstehende den Eindruck, dass die Klägerin organisatorisch in den Betrieb der Beklagten eingegliedert war. Wer daher Dritten eine eMailadresse einrichtet und dafür auch die eigene Unternehmensdomain nutzt, sollte sich also dieser Wirkung bewusst sein, und im Zweifel lieber darauf verzichten.
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