Dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) lag ein Antrag einer deutschen Domain-Inhaberin vor, die sich von den deutschen Gerichten nicht fair behandelt sah. Der Gerichtshof beurteilte die Sach- und Rechtslage und hat eine gute und eine schlechte Nachricht (Entscheidung vom 18.09.2007, Anträge Nr. 25379/04, 21688/05, 21722/05 und 21770/05).
Die Inhaberin von tausenden .de-Domains, die in den vergangenen Jahren zahlreiche Prozesse hat führen müssen, unterlag hinsichtlich der Domains freundin-online.de, ad-acta.de, eltern-online.de und duck.de gegenüber den jeweiligen Klägern und Rechteinhabern. Nicht nur zivilrechtlich sah sie ihre Interessen bei den Entscheidungen nicht korrekt gewürdigt, auch das Verfassungsgericht, welches sie anrief, folgte nicht ihren Anträgen. Die Gerichte verwiesen in der Regel darauf, dass die Inhaberin der Domains diese seit Jahren registriert habe, jedoch nicht nutze und man deshalb davon ausgehe, sie habe die Domains gegrabbt, um sie teuer an die Rechtsinhaber zu verkaufen. Die Inhaberin selbst gab im Rahmen der Prozesse kein gutes Bild ab, da sie nicht einmal klar vortrug, wie sie die Domains konkret zu nutzen gedenke.
Nachdem die Domain-Inhaberin bei den deutschen Gerichten keinen Erfolg hatte, wandte sie sich bezüglich der vier genannten Domains an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Der prüfte die Angelegenheit. Dabei stellte er fest, dass die Verträge zwischen DENIC, der Domain-Verwaltung für .de-Domains, und der Antragstellerin letztere dazu berechtige, die Domains nach Belieben zu nutzen und zu transferieren. Das aus dem Registrierungsvertrag sich konstituierende Recht erscheint im Lichte des Artikel 1 des Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten als Eigentumsrecht und nicht einfach nur als Besitz („possession“, was nicht zwingend Eigentum impliziert). Dieses Eigentumsrecht werde durch die Entscheidungen der deutschen Gerichte, die die Freigabe der Domains ausurteilten, beeinträchtigt. Doch habe sich die Antragstellerin mit Registrierung der Domains aufgrund des Vertrages mit DENIC verpflichtet, zu prüfen, ob durch die Registrierung der Domains Rechte Dritter verletzt würden; demnach war dem Antragsteller bewusst, dass er mit Registrierung der Domains ein gewisses Risiko eingeht. Zudem sehe Absatz 2 des Artikels 1 des Zusatzprotokolls vor, dass die jeweiligen staatlichen Gerichte diesem Recht durch Anwendung des örtlichen Rechts Grenzen ziehen dürfen. Diese Grenzen sieht das EGMR als von der Gerichtsbarkeit in Deutschland eingehalten. Die Urteile waren damit in Ordnung. Das EGMR wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass in der Tat die Klägerin die Rechte Dritter mit Registrierung der Domains verletzt und sie nicht in der Lage war, darzustellen wie sie die Domains in nicht rechtsverletzendem Rahmen sowohl gegenüber den Rechteinhabern als auch den Domain-Bedingungen von DENIC zu nutzen gedenke.
Wir halten also fest: Der Inhaber einer Domain hat nach Ansicht des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein Eigentumsrecht an ihr. Eine Feststellung, die zu begrüßen ist. Und die staatliche Gerichtsbarkeit kann dieses Eigentumsrecht im Rahmen ordentlicher Gesetze, die die Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse regeln, beschränken. Für die Antragstellerin ist das die schlechte Nachricht.