Domain-Streit

Gute Gründe für eine gütliche Einigung

Ist es sinnvoll, sich in domain-rechtlichen Streitigkeiten gütlich zu einigen? Der renommierte US-Jurist Doug Isenberg zählt in einem aktuellen Blog-Artikel gute Gründe auf, sich auch in vermeintlichen klaren Fällen zu einigen – oder wann man es besser lassen soll.

Wer sich entscheidet, ein (schieds-)gerichtliches Verfahren zu beginnen, ist von der eigenen Rechtsposition in der Regel überzeugt. Das gilt erst recht, wenn ein solcher Schritt nach anwaltlicher Prüfung erfolgt, denn von Juristen erwartet man eine verlässliche Einschätzung der Rechtslage. Rechtliche Prognosen spiegeln aber nur Einschät­zungen der Meinungs­ver­teilung in der Rechts­pflege wider, absolute Sicherheit gibt es in der Juristerei nicht. Eine von Juni bis August 2020 durchge­führte Studie des Empirical Legal Studies Center der Freien Universität Berlin (FUELS) ergab, dass 74 Prozent der Befragten davon ausgingen, dass ihre eigene Auffassung auf eine mehrheitliche Zustimmung stoße; zwingend ist das aber nicht, zumal an Gerichten nur Menschen arbeiten. Selbst in vermeintlich eindeutigen Fällen kann es sich also lohnen, eine gütliche Lösung anzustreben. Drei Gründe hierfür zählt Isenberg in seinem Blog-Artikel auf. Der erste ist ebenso banal wie bedeutend: man hat ein garantiertes Ergebnis. Wer unbedingt die Kontrolle über einen Domain-Namen haben möchte, für den steht das Ziel im Vordergrund, nicht der Weg. Ein »guaranteed outcome«, wie es Isenberg formuliert, gibt es aber in Gerichtsverfahren nicht. Eine vertragliche Vereinbarung zur Übertragung bietet hier einen deutlich höheren Grad an Sicherheit. Die UDRP etwa widmet einem solchen »settlement« einen eigenen Abschnitt.

Der zweite Grund vermag in schiedsgerichtlichen Verfahren kaum zu überzeugen – Zeit. Von der Einleitung bis zum Abschluss zum Beispiel eines UDRP-Verfahrens dauert es oft weniger als vier Wochen. Umso mehr gilt dieses Argument aber in Verfahren vor ordentlichen Gerichten. Bis die Klage zugestellt ist und erwidert wurde, sind selbst in einfachen Fällen sechs Wochen vergangen, und ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist noch gar nicht in Sicht. Eine Domain in falschen Händen kann in dieser Zeit bereits viel Schaden anrichten, zumal bis zu einer zweitinstanzlichen Entscheidung Monate vergehen. Eine gütliche Einigung kann diese Dauer auf wenige Tage verkürzen. Und auch Geld, der dritte von Isenberg genannte Grund, kann für einen Vergleich sprechen. Zwar wird der Domain-Inhaber regelmäßig einen finanziellen Ausgleich für die Übertragung verlangen, aber gerichtliche Verfahren sind auch nicht umsonst. Und mit der Dauer des Verfahrens steigen auch die Kosten. Nicht nur die UDRP-Schiedsgerichte, auch die ordentlichen staatlichen Gerichte erstatten dabei einen Teil der Gerichtskosten, wenn man sich einigt. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass zumindest das deutsche RVG die Anwälte bei einer Einigung mit der Einigungsgebühr finanziell belohnt.

Insgesamt zeigt der Artikel von Isenberg nichts auf, was nicht auch ein verlässlicher Rechtsberater seinen Mandanten im Rahmen einer Auseinandersetzung wissen lassen sollte. Allerdings kommen diese Hinweise aus berufenem Mund ohne finanzielles Interesse im konkreten Fall, denn Isenberg gilt im Bereich des Domain-Rechts als Experte. Daher weist er auch darauf hin, wann es keinen Sinn macht, sich gütlich zu einigen. Wer etwa einem Grabber die Grundlage entziehen oder ein Präzedenzurteil erstreiten möchte, hat von einem Vergleich nichts. Auch das sollte im Vorfeld der Auseinandersetzung aber kommuniziert werden.

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