Das Marktsegment der Blockchains-Domain hat seinen eigenen Lobby-Verband gegründet: die Web3 Domain Alliance, in der unter anderem Unstoppable Domains vertreten ist, will sich vor allem gegen missbräuchliche Verwendung der Technik engagieren.
Seit geraumer Zeit tauchen immer mehr Anbieter von Blockchain-Domains in den Schlagzeilen auf. Dabei haben Blockchain-Domains, auch NFT-Domains genannt, mit klassischen Domain-Namen wenig gemein. Anstelle der zentralen Verwaltung wie das Domain Name System funktionieren Blockchains-Domains dezentral. Dazu werden die Rechtsverhältnisse einer solchen Domain dauerhaft in der Blockchain gespeichert. Nur der Inhaber kann Änderungen vornehmen; deshalb sollen Blockchains-Domains auch beispielsweise nicht gesperrt werden können. Zwar lassen sich so auch klassische Webseiten ansteuern; besonders beliebt sind die Domains jedoch als Ersatz für die sperrige Adresse der persönlichen Krypto-Geldbörse (»Wallet3«). Die drei aktuell bekanntesten Anbieter von Blockchain-Domains sind Ethereum Name Service, Unstoppable Domains und Handshake. Der große Nachteil: zieht ein Anbieter den Stecker, sind alle Blockchain-Domains praktisch wertlos. Notfall- oder Sicherungssysteme wie bei ICANN gibt es nicht. Und das ist kein theoretisches Risiko: Unstoppable Domains hat erst vor wenigen Wochen wegen einer potentiellen Kollision mit .coin-Domains des Anbieters Emercoin mit sofortiger Wirkung den Verkauf von eigenen .coin-Domains eingestellt.
Um der aufkommenden Kritik entgegenzutreten, soll die Web3 Domain Alliance nun für ein positives Image des Web3-Ökosystems sorgen. Dabei zählt die technische Weiterentwicklung genau so wie der Schutz von Verbrauchern. So soll zum Beispiel auf Ebene der Top Level Domain der Grundsatz »first come, first served« gelten und verhindern, dass mehrere Unternehmen Adressen mit gleicher Domain-Endung anbieten. Außerdem sollen Rechte des geistigen Eigentums auf Ebene der Second Level Domain geschützt werden; wie genau, verrät die Organisation aber bisher nicht. Vor allem der anonyme Charakter der Blockchain-Domains schließt ein klassisches WHOIS-System aus. Im Fall von juristischen Auseinandersetzungen ist ausserdem offen, wie der Transfer einer Blockchain-Domain verhindert bzw. im Fall des Obsiegens erzwungen werden soll. Dass neben Unstoppable Domains bisher nur kaum bekannte Web3-Unternehmen wie Bonfida (.sol), Tezos Domains (.tez), Polkadot Name System (.dot), Hashgraph Name (.hbar) oder Syscoin (.sys) in dem neu gegründeten Lobby-Verband vertreten sind, dürfte dessen Ansehen kaum steigern. In jedem Fall profitiert VeriSign: da die Web3 Domain Alliance unter web3domainalliance.com im Netz auftritt, kassiert die .com-Registry hierfür Gebühren.
Dem Image von Blockchain-Domains nicht wirklich nützen wird zudem eine Äußerung, die der Internet-Pionier Tim Berners-Lee anlässlich des Web Summit in Lissabon getätigt haben soll. Nach einem Bericht von CNBC soll Berners-Lee empfohlen haben, Krypto-Visionen für das Internet zu ignorieren. Berners Lee meint:
»It’s a real shame in fact that the actual Web3 name was taken by Ethereum folks for the stuff that they’re doing with blockchain. In fact, Web3 is not the web at all.«
Allerdings ist fairerweise anzugeben, dass Berners-Lee die Veranstaltung genutzt hat, um für Solid (»Social Linked Data«) zu werben. Solid ist ein Projekt zur Dezentralisierung des World Wide Web, das von Berners-Lee geleitet wird. Er sagt:
»Ignore the Web3 stuff, random Web3 that was built on blockchain. We’re not using that for Solid.«
Ganz allein steht er mit seiner Kritik aber nicht; auch Twitter-Mitgründer Jack Dorsey und Tesla-CEO Elon Musk haben Zweifel an dem Konzept Web3 geäußert.