BGH

Löschungsanspruch bei rechtswidriger Tatsachenbehauptung nur hinsichtlich einzelner Passagen

Der Bundesgerichtshof hatte in einer kürzlich ergangenen Entscheidung deutlich gemacht, dass, wer rechtswidrige Tatsachenbehauptungen online gestellt hat, die dann von Dritten verbreitet werden, darauf hinwirken muss, dass sie gelöscht werden.

Der Beklagte, ein Rechtsanwalt, hatte in einem Kanzleiwebblog über die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, berichtet und sich kritisch über deren Verhalten gegenüber ihren Anlegern geäußert. Die Klägerin mahnte den Beklagten seinerzeit ab, und der Bericht war dort nicht mehr zu finden. Allerdings fand die Klägerin den Bericht unter dem Titel »Zahlungsklage gegen A & L AG erhoben« auf verschiedenen anderen Internetportalen. Sie verklagte daraufhin den Rechtsanwalt auf Löschung dieses Artikels unter den verschiedenen Portalen. Das LG Hamburg wies die Klage ab (Urteil vom 31.05.2013, Az.: 324 O 550/12). Die Klägerin ging in Berufung zum OLG Hamburg, das die Klage unter der Auffassung abwies, der Klägerin stehe ein Löschungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, der Beklagte hafte nicht für die Folgeveröffentlichungen im Internet (Urteil vom 08.07.2014, Az.: 7 U 60/13). Die Klägerin ging daraufhin in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).

Der BGH sieht die Sache etwas anders als die Vorinstanz und geht davon aus, die Klägerin habe zwar keinen Löschungsanspruch auf den gesamten Artikel, aber auf die Passagen, die rechtswidrige Tatsachenbehauptungen darstellen (Urteil vom 28.07.2015, Az.: VI ZR 340/14). Zunächst bestätigt der BGH die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach der Hauptantrag der Klägerin, der den Löschungsanspruch bezüglich der gesamten Artikel umfasst, unbegründet ist. Dieser Antrag schießt weit über das Ziel hinaus, da der Bericht des Beklagten eine Vielzahl von Aussagen beinhaltete, die die Klägerin nicht als unzutreffend beanstandet hat. Als Betroffene habe die Klägerin lediglich Anspruch darauf, dass nachweislich falsche Behauptungen gelöscht werden. Retten konnte sich die Klägerin mit einem im Rahmen der Berufung gestellten Hilfsantrag, mit dem sie die Löschung einzelner Passagen des Berichts verlangte. Den hatte das Berufungsgericht ebenfalls verneint. Der BGH geht jedoch davon aus, der Hilfsantrag ist von der Klägerin wirksam in das Berufungsverfahren eingeführt worden. Die von der Klägerin im Einzelnen angegriffenen Behauptungen des Beklagten in dem Bericht führten zu einer rechtswidrigen und fortdauernden Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufs der Klägerin. Im Rahmen der Interessenabwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Beklagten sowie dem Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen, tritt die Meinungsfreiheit zurück. Schließlich ist der Beklagte als Verfasser und Erstveröffentlicher des Berichts für dessen Verbreitung im Internet letztlich mitverantwortlich und steht in der Pflicht, etwas dagegen zu unternehmen. Die Klägerin kann allerdings nicht vom Beklagten verlangen, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken:

Ihr steht lediglich der Anspruch zu, dass der Beklagte im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren bei den Betreibern der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinwirkt.

Inwieweit der Beklagte auf die Dritten einwirkt, damit diese die entsprechenden Behauptungen löschen, ist seine Sache.

Der BGH hob das Berufungsurteil auf und wies die Revision an das OLG Hamburg zurück. Das muss nun noch erforderliche Feststellungen hinsichtlich des Sachvortrags der Klägerin treffen und dann erst entscheiden. Letztlich stellte der BGH fest, dass wer nachweislich falsche Behauptungen in das Internet stellt (und wieder entfernt hat), dafür verantwortlich ist, wenn etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzungen erst durch das selbständige Dazwischentreten Dritter (die die rechtswidrigen Behauptungen kopierten und selber online gestellt haben) verursacht werden. Dabei muss er aber lediglich auf die Löschung dieser Behauptungen hinwirken. Störer (im Sinne von § 1004 BGB) ist damit jeder, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt.

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