AG Köln

Webhoster haftet für Sperrandrohung

Dem Amtsgericht Köln stellte sich die Frage, ob sich der Betreiber einer Website die Drohung seines Webhosters, seine Seite wegen einer möglichen Rechtsverletzung zu sperren, gefallen lassen muss. Wie so oft kam es auf die Umstände des Einzelfalles an, die hier zugunsten des Betreibers der Website sprachen.

Der Kläger betreibt eine Website, auf der er einen Artikel veröffentlichte, durch den sich eine Tierschutzorganisation in ihren Rechten verletzt fühlt. Diese wandte sich direkt an den Webhoster des Klägers, um eine Sperrung der Seite zu erreichen. Der Webhoster wandte sich an seinen Kunden, den Kläger, und forderte ihn auf, den fraglichen Artikel zu entfernen. Der Kläger nahm dazu Stellung und machte deutlich, dass eine Rechtsverletzung nicht vorliege und die veröffentlichten Äußerungen vom Presserecht und dem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sind, weshalb er den Artikel nicht entfernen werde. Der Webhoster beharrte weiter darauf, der Artikel müsse sofort entfernt werden, andernfalls werde die Website gesperrt. Der Kläger forderte nun über seine Anwälte den Webhoster auf, eine Sperrung zu unterlassen. Der Webhoster gab die gewünschte Unterlassungserklärung ab, war aber nicht bereit, die Kosten der Inanspruchnahme durch die Anwälte zu begleichen. Der Kläger machte nun diese Forderung beim Amtsgericht Köln geltend.

Das AG Köln bestätigte die Forderung des Klägers auf Erstattung der Anwaltskosten (Urteil vom 09.01.2014, Az.: 130 C 257/13). Nach Ansicht des Gerichts verletzte die Beklagte mit Androhung einer Sperre der Webseiten des Klägers ihre Nebenpflichten aus dem Mietvertrag über Webspace einschließlich Domain. Rechtsanwalt Peter Kehl schreibt in seiner Zusammenfassung der Entscheidung des AG Köln: »Hintergrund der Weigerung des Webhosters war der Umstand, dass dieser grundsätzlich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung verpflichtet ist, Beschwerden von Dritten über von ihm gehostete Inhalte nachzugehen. Die Rechtsprechung sieht vor, dass Webhoster grundsätzlich verpflichtet sind, ihre Kunden zu einer Stellungnahme aufzufordern und zu prüfen, ob die Beanstandung gerechtfertigt sind oder nicht.« Da der Kläger sehr ausführlich dargelegt hatte, warum hier die von der Tierschutzorganisation pauschal behauptete Rechtsverletzung nicht vorliege, der Webhoster aber weiter auf Löschung des Artikels bestand, sah das Gericht die Einschaltung der Anwälte als notwendig an, weshalb der Webhoster die dem Kläger dafür entstandenen Kosten tragen müsse.

Das Urteil des AG Köln macht deutlich, in welche Zwickmühle die Webhoster und Provider mittlerweile gedrängt werden, weil etwaige Anspruchsteller, die meinen in ihren Rechten verletzt zu sein, sich nicht die Mühe machen, den eigentlichen vermeintlichen Verursacher anzugehen, sondern den bequemen Weg über den Mittler nehmen: Webhoster und Domain-Registrare übernehmen so das Risiko der rechtlichen Auseinandersetzung. Die sehen sich zwischen Skylla und Charybdis, zwischen der Formulierung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25.10.2011, Az.: VI ZR 93/10), wonach der Hostprovider – bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen – erst verantwortlich ist, wenn die Beanstandung des Betroffenen so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer bejaht werden kann. Und der jetzt vom AG Köln als unzureichend zurückgewiesenen allgemein und pauschal behaupteten Rechtsverletzung. Dazwischen liegt eine Meerenge, weit, stürmisch und flach genug, um jederzeit auf Grund zu laufen.

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