UDRP

12 Jahre verspätet gestellter Anspruch ist nicht verwirkt

Wir haben an dieser Stelle schon mehrfach UDRP-Entscheidungen besprochen, bei denen der Anspruch auf Freigabe oder Übertragung der Domain mit dem Einwand der Verwirkung (Laches) abgewehrt wurde, weil der Anspruchsteller über Jahre zögerte. Nun hat ein Panel des National Arbitration Forum (NAF) den Einwand der Verwirkung nicht gelten lassen, obgleich die in Streit befindliche Domain bereits seit zwölf Jahren in den Händen der Gegnerin steht.

Anspruchstellerin ist die 8×8 Inc., die behauptet, die Marke »8×8« seit dem Jahr 1996 zu nutzen. Unter ihrer Domain 8×8.com bietet sie VoIP-Dienstleistungen an. Antragsgegner ist eine 8×8 Mediacom Services Ltd., die seit 2001 als Inhaberin der Domain 8×8.net im WHOIS steht. Unter der Domain fanden sich zuletzt im Rahmen des Sedo-Parkingservices Links zu Wettbewerbern der Antragstellerin. Schließlich wandte sich die Antragstellerin an das National Arbitration Forum (NAF). Sie sieht ihre Rechte durch die Nutzung der Domain 8×8.net verletzt und verlangt die Übertragung auf sich. Die Gegnerin, ein Domain-Investor, meint, eine Rechtsverletzung liege nicht vor, es handele sich bei »8×8« um die Abkürzung eines allgemeinen computertechnischen Begriffs: byte by byte. Außerdem habe die Antragstellerin ihr Recht verwirkt, da sie erst 12 Jahre nach Domain-Registrierung mit einem UDRP-Verfahren ankommt. Das Panel gab den Parteien mehrfach Gelegenheit, zum Vortrag der anderen Partei Stellung zu nehmen. So führte die Antragstellerin weiter aus, nach Erhebung des Verfahrens habe sich der Anwalt der Gegnerin gemeldet und angeboten, die Sache beizulegen und die Domain zu übertragen, wenn die Antragstellerin US$ 5.000,– zahle. Hinsichtlich des Sachvortrags erklärte sie, »byte by byte« sei kein allgemeingebräuchlicher Begriff. Den Anspruch habe sie nicht verwirkt, da die Verwirkungsfrist erst beginnen könne, wenn klar werde, dass eine Domain zu Unrecht genutzt werde. Aufgrund des WHOIS-Eintrags musste sie aber annehmen, die Gegnerin habe legitime Interessen an der Domain. Eine legitime Nutzung der Domain für Waren und Dienstleistungen liege hier aber bisher nicht vor. Es gäbe keine ordentliche Website der Gegnerin, sondern nur die Parkingseite.

Das mit den drei Spezialisten Neil Anthony Brown QC, Hector Ariel Manoff und Clive Lincoln Elliott QC (Vorsitz) besetzte National Arbitration Forum-Panel (NAF) kam zum Schluss, dass die Domain zu transferieren sei (Claim Number: FA1309001520424). Die Domain 8×8.net ist mit der Marke »8×8« der Antragstellerin identisch. Dass der Antragsgegner keinerlei Berechtigung oder legitimes Interesse an der Nutzung des Kennzeichens »8×8« hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass die Domain nicht für ein gutgläubiges geschäftliches Handeln genutzt wird, sondern lediglich geparkt ist und die »8×8 Mediacom Services Ltd.« außer in den WHOIS-Daten nirgendwo in Erscheinung tritt und sie nicht aufgrund der Nutzung der Domain 8×8.net allgemein bekannt ist. Weiter trägt der Umstand dazu bei, dass die Gegnerin den Begriff »byte by byte« nicht wirklich als allgemeingültig belegte. So bestätigte sich der erste Anschein, der sich aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt, wonach der Gegner die Domain registrierte, um am Kennzeichen der Antragstellerin zu partizipieren und sie gegebenenfalls gegen einen ordentlichen Preis an diese zu verkaufen. Indem der Antragsgegner die Domain parkt und über die Traffic-Weiterleitung Geld mit der Marke der Antragstellerin verdient, erweist sich auch, dass sie die Domain bösgläubig registriert hat. Was nun aber die vom Antragsgegner eingewandte Verwirkung des Anspruch betrifft, so waren sich die Experten einig, dass die Anwendung dieses Rechtsinstituts wegen Fristablauf umstritten ist, sie aber keinen ernsthaften Grund sehen, es hier anzuwenden. Die Argumentation der Antragstellerin leuchtete den Panelisten ein: Diese musste aufgrund des WHOIS-Eintrags lange Zeit annehmen, dass eine berechtigte Registrierung vorliege. Nur weil über Jahre sich nichts änderte, sah sie sich letztlich durch das rechtswidrige Handeln der Gegnerin dazu gezwungen, aktiv zu werden und gegen die unberechtigter Weise in böser Absicht genutzte Domain vorzugehen. Dies, so das Panel, sei kein geeigneter Fall, den berechtigten Anspruch wegen zeitlicher Verwirkung zurückzuweisen.

Die Frage der Verwirkung im Rahmen von UDRP-Streitigkeiten bekommt eine neue Facette. So wie der Zeitrahmen für die Verwirkung zwischen 4 und 12 Jahren schwankt, so wird die Wirkung der Einwendung nun auch in vermeintlich eindeutigen Fällen in Frage gestellt. Der Domain-Investor, oder in diesem Falle besser Grabber, der mit einem vermeintlichen Firmennamen im WHOIS sein Recht an der Domain unterstellt, aber tatsächlich nichts aufzuweisen hat, unterstreicht seine böse Absicht. Die Entscheidung des Panels kann man gut nachvollziehen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

Weitere UDRP-Entscheidungen zum Thema Verwirkung finden Sie hier und hier von uns besprochen.

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