OLG Frankfurt/M

Haariges Urteil hilft Beklagter

Mit einer haarigen Angelegenheit musste sich das OLG Frankfurt beschäftigen: Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Frage, ob zwischen Haarfärbemitteln und den in einem Frisiersalon erbrachten Dienstleistungen Ähnlichkeit bestand. Das OLG kam zu einem anderen Ergebnis als zuvor noch die Vorinstanz.

Die Klägerin, eine GmbH, ist Inhaberin einer vom Gericht als »X« bezeichneten Wortmarke. Diese genießt Schutz für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer sowie Haarwaschmittel. Gemeinsam mit einer Schwestergesellschaft hat sie ihre Marke für eine Serie von Haarfärbemitteln verwendet. Die Beklagte ist hingegen als Einzelkauffrau tätig und Inhaberin der Domain www.X1.de; darunter bietet sie Dienstleistungen eines Friseursalons an. Zugleich ist sie Mitinhaberin einer allerdings prioritätsjüngeren Wort-/Bildmarke »X1«, welche auf Betreiben der Klägerin zum überwiegenden Teil gelöscht worden ist. Die Klägerin gab sich damit aber nicht zufrieden, da sie sich durch das Verhalten der Beklagten an ihren Markenrechten verletzt sah. Vor dem Landgericht Frankfurt/Main hatte sie damit Erfolg; es verurteilte die Beklagte, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung »X1« und/oder »X« in Alleinstellung und/oder jeweils mit weiteren Zahlenbestandteilen zur Kennzeichnung von Waren und/oder Dienstleistungen zum Betrieb eines Friseursalons zu benutzen und/oder benutzen zu lassen und/oder unter der Benutzung »X1« einen Friseursalon zu betreiben und/oder betreiben zu lassen. Des Weiteren verurteilte das Landgericht die Beklagte, in die Löschung der Domain X1.de gegenüber der DENIC eG einzuwilligen. Dagegen zog die Beklagte in Berufung vor das Oberlandesgericht Frankfurt.

Das OLG Frankfurt/M prüfte den Sachverhalt nochmals intensiv und gab der Berufung sodann statt (Urteil vom 24.07.2014, Az. 6 U 45/13). Zwar bejahte das Gericht ebenso wie das Landgericht eine hohe Ähnlichkeit zwischen der Marke »X« der Klägerin einerseits und dem von ihr angegriffenen Zeichen »X1« der Beklagten andererseits. Nach seiner Ansicht fehlt es aber an der für §§ 4 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 Markengesetz erforderlichen Verwechslungsgefahr. Die Klagemarke wird bzw. wurde ausschließlich für Haarfärbemittel verwendet. Dem stehen auf Seiten der Beklagten die Dienstleistungen eines Friseursalons gegenüber. Es stellt sich also die Frage, ob das Publikum der Vorstellung erliegen könnte, dass der Hersteller bzw. Vertreiber eines Haarfärbemittels zugleich Friseursalons betreibt oder umgekehrt. Diese Frage verneinte das OLG Frankfurt. Zwar gehört der Einsatz von Haarfärbemitteln zu den typischen Dienstleistungen eines Friseursalons; Haarfärbemittel werden inzwischen aber auch in großem Umfang in Drogerien und Supermärkten angeboten. Zudem stehen die Dienstleistung des Haarefärbens und das freiverkäufliche Produkt Haarfärbemittel in Konkurrenz zueinander, sie ergänzen sich also nicht. Es liegt daher eine Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit vor, die die Annahme einer Verwechslungsgefahr und damit die von der Klägerin behaupteten Ansprüche ausschließt. Folglich war das erstinstanzliche Urteil aufzuheben, so dass die Beklagte auch ihre Domain behalten durfte.

Was sich wie juristische Haarspalterei liest, zeigt lediglich, dass sich im Markenrecht pauschale Vorhersagen oft nicht treffen lassen. Es kommt eben auf die Umstände des Einzelfalls sowie ihre individuelle Bewertung an. Ein Friseur mag zwar Haarfärbemittel verwenden; er stellt sie aber nicht her. Und der Hersteller von Haarfärbemitteln ist zumeist kein Friseur. Der Streitwert wurde übrigens mit EUR 55.000,– festgesetzt; damit lassen sich die von der Klägerin zu tragenden, gesetzlichen Anwalts- und Gerichtskosten mit über EUR 21.000,– beziffern. Gut möglich, dass sie jetzt erst recht Anlass hat, sich ihre Haare zu raufen.

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