Schon seit etwa einem Jahr marschiert die Metro-Gruppe in den Fusstapfen des Konzerns mit dem großen T. Das versteht Metro wohl auch unter »The Spirit of Commerce«. Zahlreiche Domain-Inhaber, die Domains mit dem Begriff »metro« besitzen, wurden in den vergangenen Monaten von der Metro-Gruppe abgemahnt. Aber nicht nur auf dem virtuellen Feld des Internet, sondern auch in der steinharten Umgebung von Großstädten zeigt Metro seinen Willen zur Kennzeichendominanz: Metrokarten für öffentliche Verkehrsmittel, Kennzeichnungen für Busse und Bahnen mit dem Präfix »Metro«“ finden keine Gnade vor dem sich wenig metropolisch gebarenden Markeninhaber. Niemand ist mehr sicher. Und das liegt nicht nur an der aggressiven Markensicherungshysterie, sondern auch an den Gerichten: Seit kurzem liegt eine Domainrechtsentscheidung des Landgericht Hamburg vor (Urteil vom 16.07.2004, Az.: 416 O 300/03).
Die Metro-Gruppe klagte gegen die Inhaberin der Domains metrosex.de, metro-sex.de und metrosexuality.de. Sie ist unter anderem der Ansicht, die Domain-Namen würden ihre Marken- und Namensrechte verletzen. Ein einstweiliges Verfügungsverfahren war bereits erfolgreich (LG Hamburg vom 20.10.2003, Az. 416 O 259/03). Die Beklagte, die unter anderem darauf verwies, die Domains würden gar nicht genutzt, drängte auf ein Hauptsacheverfahren und erhob Widerklage. Mit der Widerklage versuchte die Beklagte die Marken der Klägerin löschen zu lassen.
Das Landgericht Hamburg, vor dem der Rechtsstreit verhandelt wurde, gab der Klägerin Recht. Das Gericht hatte keine Probleme, der Klage der Metro-Gruppe statt zu geben. Es bestätigte die Ansichten der Klägerin, wonach eine Gefahr der Verwechslung zwischen den unterschiedlichen Zeichen bestehe. Für das Gericht war unerheblich, dass die Domains nicht genutzt werden, da die Nichtbenutzung der Gefahr der Nutzung nicht entgegenstehe.
»Angesichts der Bezeichnung selbst und ihres geschäftlichen Umfeldes ist erkennbar, wofür die Domäne benutzt werden kann, und in Verbindung mit welchen Waren und Dienstleistungen ihre Nutzung erfolgen soll.«Insbesondere drohten aufgrund der Domain-Namen fragwürdige Angebote aus dem Erotikbereich:
»Es ist nicht auszuschließen, dass sexbezogene Angebote unter den Domains erfolgen werden, wie die Bezeichnung selbst nahelegt und wie aus dem Zusammenhang mit den Angeboten der Tochterfirma der Beklagten, die über die Homepage www.eros.de pornographisches Material verbreitet, wahrscheinlich ist.«Die Erklärung der Herkunft der Begriffe »Metrosex« und »Metrosexuality« aus einem Artikel der New York Times über großstädtisches Leben eines bestimmten, markenbewussten Männertypus, dessen Prototyp der englische Fußballer David Beckham ist, half nichts. Und dass der Domain-Inhaber noch nicht wisse, wie er die Domains nutzen werde, vermochte das Gericht ebenfalls nicht zu überzeugen. Es war auch nicht überrascht, dass die Beklagte die Domains nicht auf das Angebot unter www.eros.de weiterleitete, obwohl das nahe gelegen hätte, wenn die Beklagte ein erotisches Angebot unter den streitigen Domains hätte anbieten wollen.
Das Gericht resigniert, oder macht es sich zu einfach, beugt sich der Macht des Konzerns, oder war mit den Gedanken irgendwo anders, wenn es meint:
»Im übrigen ist es angesichts der nahezu alle Klassen umfassenden Warenverzeichnisses der Marken der Klägerin letztlich ohne Bedeutung, für welches Gebiet sich die Beklagte im einzelnen entscheidet.«Wenn da aber noch Klassen nicht besetzt sind von Metro? Und der Domain-Inhaber sich für eine solche entscheiden würde, bei dem Angebot auf seinen Domains? Aber das lag gar nicht nahe, hatte doch die Beklagte vorgetragen, die Domains nicht im Rahmen des Produktabsatzes schon gar nicht im Zusammenhang mit Produkten zu betätigen. Zu deutsch: eine geschäftsmäßige Nutzung strebt die Beklagte nicht an, womit Ansprüche aus dem Markenrecht und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wegfallen.
Das Gericht brauchte diesen Vortrag wohl nicht weiter zu untersuchen, weil es ja gerichtsbekannt ist,
»dass die Marke Metro in erheblichen Umfang für einen denkbar weitesten Bereich von Waren und Dienstleistungen verwendet wird.«Wie da die Beklagte ein demoskopisches Gutachten vom April 2003, das den Bekanntheitsgrad von nahezu 75 % der Klägerin belegt, anzweifeln könne, war für das Gericht nicht nachvollziehbar. Überprüft wurde das Gutachten nicht; Zweifel am Grad der Bekanntheit hatte das Gericht keine.
Neben dem Unterlassungsanspruch aus dem Markenrecht (§ 14 MarkenG)
»Zwischen den streitigen Bezeichnungen besteht Verwechslugnsgefahr. […] Angesichts der Vielfältigkeit der Geschäftsbereiche der Metrogruppe und der Klägerin selbst wird der Gedanke nahe liegen, dass es sich bei der Bezeichnung »Metrosex« oder »Metrosexuell« um den Geschäftsbereich Sex und Pornographie des bekannten Handelsunternehmens bzw. der Handelsunternehmensgruppe handelt.«und dem Namensrecht (§§ 12, 1004 BGB), einerseits für von der Metro-Gruppe eingetragene Marken, andererseits für den Namen des Unternehmens, bestätigte das Gericht auch einen Anspruch aus § 1 UWG wegen Rufschädigung
»Die Klägerin muss sich nicht dem Verdacht unterziehen, den das Sex- und Pornographiegeschäft eingestiegen zu sein und dies unter den angegriffenen Domains dem Publikum anzubieten.«(angeboten wurde unter den Domains freilich gar nichts, wie sollte da der Ruf ) sowie einen Löschungsanspruch aus §§ 14, 18 Abs. 3 MarkenG in Verbindung mit § 1004 BGB. Auch Auskunfts- und Feststellungsansprüche wurden ausgeurteilt.
Die Widerklage der Beklagten wies das Gericht zurück.
Unklar bleibt, wer bei den in Streit stehenden Domain-Namen tatsächlich auf die Idee kommt, die Metro-Gruppe oder eine Sparte aus dem Konzern werde damit bezeichnet. Zumal die Metrogruppe selbst nur sehr begrenzt Domain-Namen für die eigenen Gruppensparten nutzt, bei denen das Präfix »Metro« auftaucht. Die Gruppe sucht der Interessierte ausschließlich unter www.metro.de, allenfalls unter www.metrogruppe.de. Woanders würde er sie auch kaum finden. Wer »www.metro-media.de« eingibt, sucht wahrscheinlich etwas anderes als die Metro-Gruppe, möglicherweise ein Internet-Systemhaus.
Die Entscheidung aus Hamburg ist noch nicht rechtskräftig. Sie wird sicherlich vom OLG Hamburg überprüft werden. Welches Ergebnis zu gewährtigen ist, darüber lässt sich nur spekulieren, aber schon früher hat das OLG Hamburg nicht das richtige Fingerspitzengefühl für Domain-Rechtsentscheidungen an den Tag gelegt (siehe die Entscheidung www.mitwohnzentrale.de). So muss man zunächst darauf hoffen, dass die Sache irgendwann zum Bundesgerichtshof kommt und überprüft wird. Beide Parteien werden wahrscheinlich den Rechtsweg ganz ausschöpfen, soweit möglich.