Mehr Schutz für Kennzeichenrechteinhaber: die Internet-Verwaltung ICANN hat entschieden, im Zuge der Einführung neuer Top Level Domains ein sogenanntes „IP Clearinghouse“ zu schaffen. Neuer Streit scheint damit vorprogrammiert.
„ICANN auf Kurs beim Start neuer generischer TLDs“ – diese optimistische Botschaft verbreitet die Internet-Verwaltung auf ihrer Webseite und tritt damit ersten Befürchtungen entgegen, dass nach Absage des als „expressions of interest“ diskutierten Vorverfahrens der gesamte Prozess ins Wanken gerät. Vielmehr konzentriert sich ICANN nun auf die Lösung der so genannten „overarching issues“, wozu unter anderem effektive Mechanismen zum Schutz von Kennzeichenrechteinhabern vor Rechtsverletzungen zählen. Ein wesentlicher Baustein soll hierbei das „IP Clearinghouse“ werden, dessen Etablierung der ICANN-Vorstand offiziell beschlossen hat. Diese virtuelle Einrichtung soll als eine Art zentraler Datenbank fungieren, in der Informationen zu Kennzeichenrechten gespeichert sind. Dort sollen Registries kostengünstig und standardisiert Informationen über Kennzeichenrechte jeder Art abrufen können, wobei die Repräsentanten eines Rechteinhabers gegen Zahlung einer Gebühr ihre Daten einreichen und ihr Kennzeichen so erfassen lassen können; damit könnten Sunrise-Gebühren entfallen. Auf diesem Weg wird den berechtigten Anliegen der Markeninhaber Rechnung getragen, ohne dass sie bei Einführung jeder neuen Top Level Domain ihrerseits tätig werden müssen.
Doch der Teufel steckt im Detail. Nach den Vorschlägen des Implementation Recommendation Team (IRT), auf dessen Initiative die Idee eines IP Clearinghouse zurückgeht, sollen sowohl eingetragene als auch nicht eingetragene Markenrechte berücksichtigt werden; dies würde beispielsweise in Deutschland das weite Feld umfassen, in dem Markenschutz durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr entsteht. Da einheitliche, für alle Länder dieser Welt geltende Kriterien über die Begründung von Markenschutz fehlen, scheint so Streit in zahllosen Einzelfällen vorprogrammiert, zumal die Validierung durch das IP Clearinghouse selbst erfolgt. Dessen Aufgabe soll ein unabhängiger Service-Provider auf Grundlage eines mindestens fünfjährigen Vertrages übernehmen, und 365 Tage im Jahr rund um die Uhr erreichbar sein.
Weitere Details hat ICANN für die vierte Version des Bewerberhandbuchs angekündigt, dessen Veröffentlichung rechtzeitig vor dem Brüssel-Meeting Ende Juni 2010 in Aussicht gestellt ist.