Domain-Klau

Stadt Paris verliert vor US-Gericht

Peinliche Schlappe für Paris: ein US-Gericht verurteilte die französische Hauptstadt zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von über US$ 100.000,–. Der kuriose Vorwurf: die Metropole hat »reverse domain name hijacking« begangen.

Der Rechtsstreit nahm einen unspektakulären Beginn: der im kalifornischen Fremont ansässige Netzwerktechniker Jeffrey Walter hatte im Jahr 2006 in Anlehnung an das lateinische parvus (zu deutsch: »klein«) die Domain parvi.org registriert, um zunächst ein soziales Netzwerk und später ein Open Source Projekt zu betreiben. Dies missfiel jedoch der Stadt Paris; sie verwies auf ihre gleichnamige eingetragene Marke, die Walter allerdings nicht bekannt war. Nachdem Walter im November 2007 auf Vorschlag der Stadt Paris einen Disclaimer platziert hatte, schien die Angelegenheit erledigt zu sein; im Juli 2009 verlangte Paris jedoch plötzlich die Übertragung der Domain und leitete ein UDRP-Verfahren ein, wobei man Walter vorwarf, die Domain sowohl bösgläubig registriert als auch genutzt zu haben. Mit Urteil vom 19. November 2009 (Az. D2009-1278) gab das Schiedsgericht der WIPO der Klage überraschend statt und ordnete die Übertragung der Domain auf die Stadt Paris an. Das Gericht verzichtete in seinem Urteil kurzerhand darauf, dass nach den Regeln der UDRP die Bösgläubigkeit bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Registrierung vorliegen muss; eben das hatte die Stadt Paris nicht belegen können, da Walter nach eigenen Angaben die Marke Parvi nicht kannte.

Dies ließ sich Walter nicht gefallen. Er wandte sich daher im Dezember 2009 an das Gericht des »Southern District of Texas, Houston Division«, um den Transfer der Domain zu unterbinden und unter anderem feststellen zu lassen, dass er berechtigter Inhaber und Nutzer der Domain parvi.org sei, damit keine Rechte verletze und ihm die Stadt Paris gegenüber ferner zum Schadensersatz in Höhe von mindestens US$ 100.000,– verpflichtet ist. Doch nunmehr schien plötzlich der Stadt Paris die Lust an der Fortsetzung des Rechtsstreits vergangen zu sein: weder äusserte man sich schriftlich zu der Klage, noch erschien man zu einer Anhörung. Durch Versäumnisurteil (Az. 4:2009cv03939) gab Richterin Melinda Harmon nun Walter doch noch recht, und sprach ihm einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von US$ 100.000,– sowie weitere US$ 26.830,– an Anwaltskosten zu. Offen ist, ob die Stadt Paris bewusst untätig blieb oder schlicht übersehen hatte, dass man sich mit der Einleitung des UDRP-Verfahrens in die Hände eines US-Gerichts begeben hatte; maßgeblich ist danach nämlich der Sitz der Registrars, der sich im Streitfall in Texas befand.

Ob und gegebenenfalls wann sich Walter über die Zahlung der Schadensersatzsumme freuen darf, bleibt abzuwarten; die Vollstreckung inländischer Gerichtsurteile im Ausland ist in der Regel mit erheblichen tatsächlichen wie rechtlichen Hürden verbunden. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass Walter die Stadt Paris mit ihren eigenen Waffen schlägt: immerhin hat sie sich um die Verwaltung der Top Level Domain .paris beworben – und den Zuschlag erteilt bekanntlich ICANN, eine in den USA ansässige Organisation.

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