Ein spanisches Unternehmen mit Sitz in Sevilla erwirkte vor dem Landgericht Hamburg gegen den Inhaber der Domain erotikmarketing.de eine einstweilige Verfügung. Das Unternehmen berief sich dabei auf seine Firma, verlangte die Löschung der Domain und bekam Recht. Wieder einmal hatte ein Gericht in einem einstweiligen Verfügungsverfahren die Hauptsache Vorweg genommen und der eigentlich berechtigte Domain-Inhaber eine Domain unnötiger Weise aufgegeben.
Es bleibt nach wie vor ein Problem der Domain-Rechtsprechung, dass einige Gerichte im Rahmen einstweiliger Verfügungsverfahren die Parteien vor vollendete Tatsachen stellen, wo lediglich eine vorübergehende Lösung erlaubt ist, indem sie den Freigabe- bzw. Löschungsanträgen der Antragsteller statt geben. So auch das LG Hamburg mit seiner einstweilige Verfügung vom 17.06.2003 (Az.: 312 O 448/03).
Der Antrag richtete sich auf Unterlassung der Belegung oder Nutzung des Begriffs »erotikmarketing« in jeder Schreibweise im Internet und anderen Datennetzen. Der Antragsteller war die Firma »Erotik at web Marketing S.L.«, die erotische Produkte und Marketing und Werbung solcher Produkte im Internet vermarktet. Sie ist Inhaberin der Domains erotik-marketing.de (seit 02.11.2003) und erotik-marketing.com (seit 17.10.2002).
Antragsgegner war ein in ganz anderen Bereichen tätiges Unternehmen, das bereits am 25.03.2000 die Domain erotikmarketing.de und am 17.10.2002 die Domain erotikmarketing.com registrierte. Unter beiden Domains fand sich kein Inhalt.
LG Hamburg gab dem Antrag des spanischen Unternehmens am 17.06.2003 statt und nahm so die Hauptsache vorweg. Der Antragsgegner trennte sich daraufhin von der .com-Variante der erotikmarketing-Domains. Als die Antragstellerin weitere Forderungen geltend machte, wechselte die Antragsgegnerin den Anwalt; der legte Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung ein. Den begründete sie mit der Ansicht, die von der Antragstellerin verwendete Firma »Erotik at Web Marketing S.L.« sei mit der Domainbezeichnung »erotikmarketing.de« nicht verwechselbar. Die Bezeichnung »Erotikmarketing« sei ein rein beschreibenden Begriff, an dem Kennzeichenrechte nicht entstehen könnten. Zudem sei man selber nicht im Erotikbereich tätig, so dass kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Schließlich gehe das Verbot zu weit, weil auch zulässige Domain-Bezeichnungen wie z. B. »www.FCR-Erotikmarketing.de« darunter fallen würden.
Die Sache wurde jetzt vor der selben Kammer des LG Hamburg mündlich verhandelt. Da es nur noch um die .de-Domain ging, stellte das Gericht fest (Urteil vom 03.02.2004), dass die Antragstellerin noch nicht einmal hinreichend konkret deutlich und glaubhaft gemacht habe, dass sie überhaupt in relevanter Weise auf dem deutschen Markt tätig sei und Namens- oder Firmenrechte erworben hätte.
Die Antragstellerin habe noch nicht einmal dargelegt, dass die Antragsgegnerin die Domain kennzeichenmäßig gebrauche. Die Bezeichnung »Erotikmarketing« sei im Wesentlichen beschreibend. Aber selbst bei einem kennzeichenmäßigen Gebrauch der Bezeichnung bestünde kein Verwechslungsgefahr zwischen dem Firmenschlagwort der Antragstellerin und einer Domainbezeichnung, die den Bestandteil erotikmarketing habe.
»Im Hinblick auf die registrierte Firma der Antragstellerin fehlen in der Domain der Beklagten maßgebliche Bestandteile, insbesondere ›at web‹ und ›S.L.‹. Die verbleibenden Bestandteile ›Erotik‹ und ›Marketing‹ beschreiben im Wesentlichen die Dienstleistung selbst und vermögen daher nicht die klägerische Gesamtbezeichnung ›Erotik at web Marketing S.L.‹ zu prägen. Im Hinblick auf das Firmenschlagwort ›Erotik@web‹ fehlt der von der Antragsgegnerin benutzte Bestandteil ›Marketing‹. Zudem verändert das deutlich hervorgehobene Element ›@‹ die Gesamtbezeichnung der Antragstellerin erheblich.«Selbst im Falle einer Branchenidentität könne, so das Gericht, von keiner Verwechslungsgefahr ausgegangen werden. Aus den von der Antragstellerin registrierten Domains erotik-marketing.de und erotik-markting.com ergäbe sich kein kennzeichenrechtlicher Schutz.
Und schließlich kam das Gericht dann doch noch auf den eigenen prozessualen Fehler, den es zuvor begangen hat:
»Zudem hätte dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch – zumindest im Hinblick auf die Begehungsvariante des ›belegens‹ einer Domain – nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes entsprochen werden dürfen, weil damit eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist.«Ohne Reagieren des hinzugezogenen und auf das Domain-Recht spezialisierten Anwalts, wäre die Erkenntnis des Landgerichts wohl nicht zu Tage getreten und der Domain-Inhaber hätte auch seine .de-Domain noch aufgegeben.