Eine Domain kann nur dann als handelsrechtliche Firma verwandt werden, wenn ihr Unterscheidungskraft zukommt. Das ist nach Ansicht des Kammergerichts bei einem Gattungsbegriff, dem die Top Level Domain .de angehängt ist, nicht der Fall. Nun muss der BGH entscheiden.
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine Aktiengesellschaft, die seit dem 10. Januar 2008 zunächst im Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf und seit dem 16. Oktober 2015 im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen ist. Mit einer notariell beglaubigten und in elektronischer Form eingereichten Anmeldung vom 22. Dezember 2023 meldete das einzige Vorstandsmitglied dieser Aktiengesellschaft unter Beifügung eines notariell beurkundeten Beschlusses der Hauptversammlung vom gleichen Tag eine Neufassung der Satzung an. Diese enthält unter anderem eine Änderung der handelsrechtlichen Firma der Gesellschaft; sie beabsichtigt insoweit, künftig unter einer Bezeichnung zu firmieren, die nach dem Muster [gattungsbegriff].de AG aufgebaut ist, also einem allgemein-beschreibenden Begriff, der um die Top Level Domain .de ergänzt wird. Damit war das Registergericht nicht einverstanden; mit Zwischenverfügung vom 13. Februar 2024 beanstandete es die neu gewählte Firma mit dem Hinweis, dass es der Bezeichnung an der nach §§ 18, 30 HGB notwendigen Individualisierung mangele. Gegen diese Zwischenverfügung legte die Beschwerdeführerin Beschwerde ein. Der Verkehr nehme den Zusatz ».de« nicht nur als Anhängsel, sondern als Individualisierungsmerkmal wahr, weil allgemein bekannt sei, dass der Zusatz einer Top Level Domain wie .de mit dem weiteren Begriff, sei es auch eine Gattungsbezeichnung, nur einmal vergeben werde. Dementsprechend sei es auch in einer Vielzahl vergleichbarer Fälle zu Eintragungen gekommen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Kammergericht wies die Beschwerde zurück (Beschluss vom 06.05.2024 – Az. 22 W 16/24) und war ebenfalls der Ansicht, dass die gewünschte neue Firmierung nicht die notwendigen Anforderungen erfülle. Die nach § 18 Abs. 1 HGB erforderliche Unterscheidungskraft fehle nicht nur dann, wenn die Bezeichnung aus einem Allerweltsnamen bestehe, sondern auch dann, wenn sie rein beschreibender Natur ist, wie dies etwa bei Gattungsbezeichnungen der Fall sei. Danach wäre die Bezeichnung »vertrieb.de« mangels ausreichender Unterscheidungskraft nicht geeignet, als Name einer Handelsgesellschaft zu dienen. Bei der gewünschten Bezeichnung handele es sich darüber hinaus zwar um eine Domain, die nach den Vergaberichtlinien der DENIC eG nur einmal vergeben werde. Hieraus werde teilweise geschlossen, dass die gewählte Bezeichnung unabhängig von ihrer Unterscheidungskraft im Allgemeinen aufgrund der durch die Top Level Domain hervorgerufenen Alleinstellung auch Namensfunktion haben könne. Diese Ansicht teile das KG aber nicht. § 18 HGB setze keine Alleinstellung der Bezeichnung in irgendeiner Richtung voraus, sondern eine Kennzeichnungskraft im allgemeinen Geschäftsverkehr. Diese soll vor allem auch eine Verwechslungsgefahr ausschließen, die im Internet ausgeschlossen sein mag, nicht aber im Übrigen. So wäre eine solche etwa bei der […].com AG, die aufgrund ihrer Alleinstellung ebenfalls zulässig sein müsste, nicht gegeben, weil der Verkehr die Top Level Domain in der Regel nicht als prägend wahrnehme. Erst aus der notwendigen Kennzeichnungskraft der zulässig gewählten Firma folge dann die firmenrechtliche Alleinstellung. Hinzu komme das Freihaltebedürfnis bezüglich einer allgemein gehaltenen Bezeichnung, die die Bildung anderer Firmen nicht übermäßig beeinträchtigen dürfe. Dass die Bezeichnung zu Gunsten der Beschwerdeführerin Verkehrsgeltung habe, werde nicht behauptet und sei auch nicht ersichtlich. Folglich wies das KG die Beschwerde zurück.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Kammergericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die Frage der Zulässigkeit der Bildung einer Firma aus einer Domain, die aus nicht unterscheidungskräftigen Bestandteilen besteht, umstritten sei. Von dieser Möglichkeit hat die Beschwerdeführerin daraufhin Gebrauch gemacht. Soweit ersichtlich, ist das Verfahren über die Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof unter dem Az. II ZB 9/24 anhängig.
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