ahd.de

Prioritätsgrundsatz vor der Kippe?

Das hanseatische Oberlandesgericht Hamburg bestätigte kürzlich die Klage eines jungen Unternehmens gegen die Inhaberin einer Domain auf Freigabe der lange vor Unternehmensgründung registrierten Domain ahd.de (Urteil vom 05.07.2006, Az.: 5 U 87/05). Die Entscheidung aus Hamburg überrascht, aber ist wohlbegründet.

Die Klägerin ist auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung tätig, tritt unter dem Unternehmensschlagwort ahd auf und ist seit Juli 2003 Inhaberin der Wort-/Bildmarke „ahd“. Sie macht Ansprüche auf Unterlassung der Nutzung des Zeichens „ahd“ seitens der beiden Beklagten, der Inhaberin der Domain und deren Geschäftsführer, im geschäftlichen Verkehr und Freigabe der Domain ahd.de geltend, sowie weitere Ansprüche. Dabei stützt sie sich vor allem auf ihr markenrechtlich geschütztes Firmenschlagwort „ahd“, weniger auf ihre Marke.

Die Beklagte ist Inhaberin einiger tausend Domains und spätestens seit Mai 1997 auch der Domain ahd.de. Sie reklamierte prioritätsältere Zeichenrechte gegenüber der Klägerin. Seit 2001 präsentiere man unter der Domain Informationen über die althochdeutsche Sprache (ahd). Die Beklagte beantragte die Klageabweisung. Das LG Hamburg gab dennoch der Klägerin Recht. Die Beklagten legten Berufung ein, über die nun das hOLG Hamburg entschieden hat.

Das hOLG Hamburg bestätigte das Urteil erster Instanz. Im Hinblick auf den Antrag auf Unterlassung gegen die Beklagte, mit dem Zeichen „ahd“ im geschäftlichen Verkehr aufzutreten, führt das Gericht aus, die Klägerin verfüge über die älteren und besseren Zeichenrechte. Diese Rechte ergäben sich aufgrund der als Firmenschlagwort verwendeten Geschäftsbezeichnung „ahd“ (§§ 15 Abs. 2, 5 Absatz 2, 6 MarkenG). Das habe die Klägerin spätestens am 02.01.2001 im geschäftlichen Verkehr in Gebrauch genommen. Die Beklagte dagegen könnte für die Domain ahd.de allenfalls September 2002 als frühesten Zeitpunkt der prioritätserzeugenden Nutzung für sich beanspruchen. Und diese Nutzung sei letztlich nicht wirklich brauchbar: Es entspricht der Grundfunktion eines Kennzeichens, als Herstellerhinweis für bestimmte Waren, Dienstleistungen oder geschäftliche Aktivitäten zu dienen. Solange das Bezugsprojekt eines potentiellen Zeichens noch nicht konkretisiert ist, kann sich diese Funktion nicht entwickeln.

Ein konkreter Bezugspunkt lag jedoch nicht vor: Die Inhalte zum Thema Althochdeutsch seien nur vorgeschoben, zur Abwehr von Ansprüchen. Die Beklagte bietet auf der Seite eine Vielzahl von Inhalten, die nichts mit der althochdeutschen Sprache zu tun haben. Deshalb sah das Gericht keine Konkretisierung des Zeichens auf einen Bezugspunkt, womit das auf Seiten der Beklagten genutzte Zeichen seine Identifizierungsfunktion nicht entwickelt hatte.

Neben dem Anspruch aus der Geschäftsbezeichnung steht der Klägerin nach Ansicht des Gerichts auch ein Anspruch aus der am 08.07.2003 angemeldeten Marke heraus gegen die Beklagten zu. Die Klägerin habe für die Zeit nach der Anmeldung einen rechtsverletzenden Internetauftritt der Beklagten nachgewiesen. Wie der genau aussieht, bleibt unklar. Das Gericht verweist lediglich auf eine Anlage.

Hinsichtlich des Freigabe- oder Löschungsanspruches bezieht sich das Gericht auf §§ 3, 4 Nr. 10, 8 Abs. 1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Die Beklagte müsse die Folgen der Kennzeichenverletzung beseitigen. Dazu gehört die Löschung der Domain. Eine ernsthafte Nutzungsabsicht sei bei den unterschiedlichsten Inhalten auf den Seiten von ahd.de nicht ersichtlich. Vielmehr beschränke sich das Interesse des Beklagten an einer Nutzung der Domain ausschließlich darauf, den Berechtigten von der Nutzung der Domain auszuschließen oder sie an diesen zu verkaufen.

Eine ähnliche Entscheidung hat vor Jahren bereits das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 06.07.2001, Az.: 38 O 18/01) entschieden. Der Inhaber der Domain literaturen.de musste diese aufgeben, nachdem die Inhaberin der deutlich nach Domain-Registrierung gegründeten Zeitschrift Literaturen entsprechende Ansprüche stellte. Das Gericht sah seinerzeit sittenwidriges Handeln (§ 826 BGB) auf Seiten des Domain-Inhabers, der die Domains aus spekulativen Gründen registriert habe.

Egal wie man das Kind beim Namen nennt, ob sittenwidriges Handeln oder Beseitigung der Folgen einer Kennzeichenverletzung, die Registrierung von Domains zu spekulativen Zwecken (sprich Domain-Handel), ist nach wie vor problematisch. Es ist allemal sinnvoller, ordentliche Projekte unter eine Domain aufzubauen, das dann gegebenenfalls wertsteigernde Wirkung entfaltet und den Preis anhebt.

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