Netzsperren

Umstrittene europäische Antiterror-Richtlinie verabschiedet

Die so genannten Trilogverhandlungen von EU-Rat, EU-Kommission und EU-Parlament zu einer europäischen Anti-Terrorismus-Richtlinie sind abgeschlossen: am 16. Februar 2017 hat das EU-Parlament eine neue Richtlinie verabschiedet, die den Einsatz von Websperren legitimiert.

Die Richtlinie ersetzt einen Rahmenbeschluss des Rates aus dem Jahr 2002, um mit den neuesten Entwicklungen und Bedrohungen (wie zum Beispiel durch ausländische Kämpfer oder »einsame Wölfe«) Schritt zu halten. Zu diesem Zweck enthält die Richtlinie Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und die Festlegung von Sanktionen auf dem Gebiet von terroristischen Straftaten, Straftaten im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung und Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten sowie Maßnahmen zum Schutz, zur Unterstützung und zur Hilfe der Opfer des Terrorismus. Um eine wirksame Verfolgung der Straftaten sicherzustellen, gestattet die Richtlinie aber auch Maßnahmen gegen eine öffentliche Aufforderung darstellende Online-Inhalte. Zentrale Vorschrift ist insoweit Artikel 21, der den Grundsatz »löschen vor sperren« umsetzen möchte. In Absatz 1 heißt es:

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Online-Inhalte, die eine öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat im Sinne des Artikels 5 darstellen und sich auf Servern in ihrem Hoheitsgebiet befinden, unverzüglich entfernt werden. Sie sind ferner bestrebt, die Entfernung solcher Inhalte, die sich auf Servern außerhalb ihres Hoheitsgebiets befinden, zu erwirken.

Ist die Entfernung der Inhalte an der Quelle allerdings nicht durchführbar, so können die Mitgliedstaaten nach Absatz 2 aber auch Maßnahmen treffen, um den Zugang zu solchen Inhalten für die Internetnutzer in ihrem Hoheitsgebiet zu sperren. Die Entfernungs- und Sperrmaßnahmen sind gemäß Absatz 3 der Richtlinie in transparenten Verfahren festzulegen und haben ausreichende Schutzvorkehrungen zu bieten, insbesondere um sicherzustellen, dass die Maßnahmen auf das Notwendige beschränkt und verhältnismäßig sind und dass die Nutzer über den Grund für diese Maßnahmen informiert werden. Die Schutzvorkehrungen in Bezug auf die Entfernung oder Sperrung müssen dabei auch die Möglichkeit von Rechtsbehelfen einschließen. Die Richtlinie, vorab zwischen Parlament und Rat im November 2016 vereinbart, wurde im EU-Parlament mit 498 Stimmen angenommen, bei 114 Gegenstimmen und 29 Enthaltungen. Sobald die Richtlinie im EU-Amtsblatt veröffentlicht ist, haben die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit, um die Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen. Das Vereinigte Königreich und Irland sind nicht beteiligt, können der EU-Kommission aber mitteilen, wenn sie die Richtlinie auf ihrem Staatsgebiet anwenden wollen. Dänemark ist nicht betroffen.

Nach Ansicht von Berichterstatterin Monika Hohlmeier sei es gelungen, eine gute Balance zwischen der Sicherheit auf der einen Seite und dem strikten Einhalten von Grundrechten auf der anderen Seite zu finden. Maryant Fernández Pérez von European Digital Rights (EDRi) hielt dagegen an seiner Kritik fest.

Eine Richtlinie zu verabschieden, die derart unklar formuliert ist und so viele Missbrauchsmöglichkeiten offenlässt, ist rücksichtslos und waghalsig.

Dem schloss sich auch Alexander Sander vom Verein Digitale Gesellschaft an:

Während der Sicherheitsgewinn durch nichts belegt ist, begründet die Richtlinie konkrete Risiken für kreative digitale Protestformen sowie für die Meinungs- und Informationsfreiheit im Netz.

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