Netzregierung

ICANN fordert Unabhängigkeit

Vergangene Woche tagte die Arbeitsgruppe des Internet Governance Forums zur Vorbereitung des Treffens im September in Nairobi. Die dabei geäußerte Kritik von Interessengruppen an der Internetverwaltung ICANN ist so alt wie die Organisation selbst. Gegner vom Modell ICANN zerreden allerdings jeden Alternativvorschlag in endlosen Grundsatzdebatten. ICANN kanns nur recht sein.

Seit dem Jahr 1998 obliegt der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) auf der Grundlage von Vereinbarungen mit dem US-Wirtschaftsministerium die Aufsicht über das Domain Name System. Wie selbstverständlich entscheidet ICANN, wer generische Top Level Domains verwaltet, ob und unter welchen Bedingungen neue generische Top Level Domains eingeführt werden und welcher Registrar mangels Beachtung der geltenden Regeln um seine Akkreditierung fürchten muss. Auch wenn seither mit Kritik am „Modell ICANN“ mit seinen Akteuren aus Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft nicht gespart wird, bessere Modelle sind nur schwerlich zu finden und kaum praxistauglich, wie unter anderem das Internet Governance Forum (IGF) beweist. Im Jahr 2005 vom UN-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) gegründet, soll es sich ohne Entscheidungs- oder Aufsichtsfunktionen mit der Internet-Entwicklung befassen und Empfehlungen für die Praxis abgeben.

Soweit die Theorie. Wie Professor Wolfgang Kleinwächter von der Universität Aarhus, Experte für Internet Governance, berichtet, ist vergangene Woche bereits eine vorgeschaltete Arbeitsgruppe, die Empfehlungen zur Vorbereitung des IGF-Treffens im September 2011 in Nairobi ausarbeiten sollte, ohne Ergebnis zerstritten auseinandergegangen. So kritisiert China, dass es das IGF nicht geschafft habe, die einseitige Kontrolle der kritischen Internetressourcen (vor allem Root-Server, Domain-Namen, Internet-Protokolle und IP-Adressen) zu beenden und fordert eine Abkehr vom „bottom up approach“, bei dem das Internet „von unten“ gestaltet wird, hin zu einer zwischenstaatlichen Aufsichtsbehörde, um das Internet letztlich der UNO zu unterstellen. Dass die Staats- und Regierungschefs der über 190 UN-Mitgliedstaaten dagegen ein Multistakeholder-Modell favorisieren, ficht China nicht an. Mit anderen Worten: während die Regierungen dieser Welt noch über die grundsätzliche Organisationsstruktur der Internet-Verwaltung debattieren, schafft ICANN längst handfeste Fakten.

Doch auch ICANN selbst arbeitet an seinen Schwachstellen. So forderte CEO Rod Beckstrom erst Ende März 2011 in einem Brief an die National Telecommunications and Information Administration (NTIA) der USA zum wiederholten Mal die Privatisierung ICANNs. Beckstrom sieht das Vertrauen in ICANN durch die Vereinbarungen mit der US-Regierung und damit letztlich die Sicherheit und Stabilität des Internets beschädigt. Der aktuelle Vertrag läuft noch bis 30. September 2011, wobei derzeit keine Anzeichen dafür bestehen, dass ICANN dann die Netzverwaltung genommen wird. Das IGF scheint mit all seinen internen Streitigkeiten jedenfalls heftig und ungewollt bemüht, an der Position ICANNs auch in Zukunft wenig zu ändern.

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