LG Hamburg

Grabbing auf einzelne TLDs begrenzt?

Das Landgericht Hamburg hat in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 12.08.2008, Az. 312 O 64/08) einmal mehr dem Domain-Grabbing eine Absage erteilt und zugleich die Frage verhandelt, wann eine Domain wegen Rechtsverletzung zu kündigen ist.

Unter der Domain area45cycles.de bietet der Kläger seine Waren im Internet an. Am 30. Oktober 2007 meldete er beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Wortmarke „Area 45 Cycles“ an, die am 09. Januar 2008 unter anderem für Waren der Klasse 12 „Motorräder, sowie deren Zubehör und Teile“ und der Klasse 41 „Konzeption, Organisation und Durchführung von Motorradveranstaltungen“ eingetragen wurde. Der Beklagte verkauft unter der Bezeichnung „Evil Cycles“ ebenfalls Motorräder und präsentiert seine Angebote im Internet unter der Domain evilcycles.de; darüber hinaus registrierte er im März 2007 die Domain area45cycles.com. Das stellte der Kläger im Oktober 2007 fest und mahnte den Beklagten ab. Kurz nach Erhalt der Abmahnung registrierte der Beklagte die Domains area45cycles.info, area45cycles.biz, area45cycles.net, area45cycles.org, area45cycles.eu, area45cycles.mobi, area45cycles.nl und area45cycles.es.

Der Kläger, der zunächst in einem einstweiligen Verfügungsverfahren hinsichtlich der .com-Domain erfolgreich war, erhob, nachdem er festgestellt hatte, dass der Beklagte weitere Domains registriert hat, Klage. Nachdem der Beklagte im Verlauf des Verfahrens die Domains weitestgehend auf einen Dritten übertragen hatte, beschränkte sich der Kläger auf einen Feststellungsantrag hinsichtlich Schadensersatz und einem Antrag auf Löschung der Domains area45cycles.eu, area45cycles .mobi und area45cycles.es sowie einen Zahlungsantrag auf den Restbetrag des Schadens aus der Abmahnung wegen der Nutzung der .com-Domain. Der Beklagte beantragte Klageabweisung; er ist der Ansicht, der Kläger habe kein Kennzeichenrecht, „45 Cycle“ habe keine Kennzeichnungskraft, da es ein in der Harley Davidson Szene bekannter Begriff für die Anordnung der Zylinder und zugleich der Name eines Motorrades der Firma sei. Zudem habe der Kläger das Kennzeichen so gar nicht genutzt, sondern die Zahlen ausgeschrieben und einen Slangbegriff zwischen die Zahlen geschoben.

Das Landgericht wies die Klage teilweise als unbegründet ab. Schadensersatzansprüche hinsichtlich der angemeldeten Marke kann der Kläger nicht geltend machen, da sie noch nicht eingetragen ist und somit keinen Schutz nach § 14 Abs. 6 MarkenG genießt. Doch aufgrund der Verletzung der Unternehmensbezeichnung ergeben sich Schadensersatzansprüche nach §§ 5, 15 Abs. 5 MarkenG, weshalb das Gericht den Feststellungsantrag bestätigte. Das Gericht geht vom Bestehen des Unternehmenskennzeichens „area45cycles“ vor März 2007 aus. Mit Registrierung und Nutzung der Domain areas45cycles.com verletzte der Beklagte damit die Rechte des Klägers. Wegen der weiteren registrierten Domains besteht nach Ansicht des Gerichts kein Feststellungsanspruch, da mangels Nutzung der Domains durch den Beklagten auch kein Schaden entstanden ist.

Ein Anspruch auf Löschung der Domains lehnt das Gericht unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) teilweise ab. Laut BGH (Urteil vom 19.07.2007, Az. I ZR 137/04) besteht ein marken- bzw. unternehmenskennzeichenrechtlicher Domain-Löschungsanspruch nur, wenn schon das Halten des Domain-Namens für sich gesehen eine Rechtsverletzung darstellt. Letzteres ist nur der Fall, wenn jede Nutzung, also auch solche außerhalb der für die Marke eingetragenen Branchen, der Domain eine Rechtsverletzung wäre. Dem ist aber in diesem Falle nicht so.

Das Landgericht Hamburg differenziert jedoch: bei der .eu- und der .mobi-Domain, die typischerweise auch für in Deutschland abgerufene Internetangebote genutzte Endungen sind, sieht das Gericht den Beklagten als Domain-Grabber und nimmt einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht an (§ 4 Nr. 10 UWG), womit der Löschungsanspruch in diesen Fällen begründet ist: Der Beklagte zeige kein eigenes Interesse an der Nutzung der Bezeichnung „area45cycles“. Da er die Domains gleich nach der Abmahnung registriert hat, sei von der Schädigungsabsicht seitens des Beklagten auszugehen. Bei der Domain mit der spanischen Endung .es greift wegen des Auslandsbezugs der Endung der wettbewerbsrechtliche Anspruch allerdings nicht, da der Kläger nicht darlegte, inwieweit er durch diese Domain im Wettbewerb behindert wird.

In der Vergangenheit sind zahlreiche Entscheidungen zum Thema der Löschung einer die Rechte Dritter verletzend genutzten Domain erschienen. Neben der genannten BGH-Entscheidung gibt es auch eine junge Entscheidung des OLG Köln (aidu.de, Urteil vom 01.06.2007, Az.: 6 U 35/07) und eine des OGH Österreich (Urteil vom 02-10.2007, Az.: 17 Ob 13/07x), die wir beide hier schon besprochen haben. Mit der neuen Variante des Landgericht Hamburg, das nun auch hinsichtlich der unterschiedlichen Endungen differenziert und nicht nur bezüglich der Nutzungsmöglichkeit, wird das Spektrum erweitert. Ganz leicht fällt es nicht, dem zu folgen, denn es scheint offensichtlich, dass die Domains hier mit Schädigungsabsicht registriert wurden; doch solange keine wirkliche Verletzung der Rechte des Kennzeicheninhabers vorliegt, besteht kein Anspruch.

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