Netzsperren

OLG München bestätigt kinox.to-Urteil des LG München I

Nachdem das Landgericht München I am 1. Februar 2018 auf Betreiben von Constantin Film ein Urteil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erlassen hatte, wonach Vodafone Kabel Deutschland ihre Kabelkunden von einer Nutzung des Portals kinox.to ausschließen muss, ging Vodafone in Berufung und scheiterte vor dem OLG München.

Das OLG München bestätigte das Urteil des LG München I; die Entscheidung liegt uns noch nicht vor. In erster Instanz machte die Constatin Film ihre Verwertungsrechte an dem Film »Fack Ju Göhte 3« geltend. Unter der Domain kinox.to war dieser Film ab dem 07. November 2017 durchgehend als Links zu Sharhostern verfügbar, die es ermöglichten, ihn per Stream kostenlos von überall zu jeder Zeit abzurufen. Die Antragsgegnerin Vodafone bietet unter anderem Kabelanschlüsse an und versorgt so rund 3,340 Mio. Kunden mit Internetanschlüssen. Die Webseite kinox.to hält kein Impressum bereit, allerdings ein Kontaktformular, über das die Antragstellerin die Betreiber von kinox.to erfolglos abmahnte. Im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wurden die Brüder Selimi als Verantwortliche für die Internetseite ermittelt. Diese versuchte die Constantin Film erfolglos, in Anspruch zu nehmen und wandte sich nun an die Vodafone als Access-Provider ihrer Kabelkunden. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass kinox.to ein illegales Geschäftsmodell betreibe und die Maßstäbe aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Störerhaftung des Access-Providers“ (Urteil vom 26.11.2015, Az. I ZR 174/14) anwendbar sind, mit der Folge, dass eine DNS-Sperre oder eine Sperre in Bezug auf eine IP-Adresse von Vodafone für ihre Kabelkunden vorzunehmen sei. Die Antragsgegnerin wendete unter anderem ein, die Kosten für die Einrichtung einer DNS- und IP-Sperre lägen bei mindestens EUR 150.000,–. Zudem bestünde bei IP-Sperren, die leicht umgangen werden könnten, die Gefahr des »Overblockings«.

Das Landgericht München I ließ sich von den Einwendungen allerdings nicht überzeugen und untersagte der Antragsgegnerin nach mündlicher Verhandlung, »ihren Kunden über das Internet Zugang zum Film ‚Fack Ju Göhte 3‘ zu vermitteln, soweit dieser Film über den gegenwärtig ‚kinox.to‘ genannten Internetdienst abrufbar ist« (Urteil vom 01.02.2018, Az. 7 0 17752/17). Das Landgericht stützte diesen Anspruch auf die Grundsätze der Störer­haftung und bezog sich dabei auf das Bundesgerichtshof-Urteil zur »Störerhaftung des Access-Providers«. In diesem Urteil hatte der BGH auf Grundlage europarechtlicher Erwägungen entschieden, dass ein Telekommunikationsunternehmen, das den Zugang zum Internet bereitstellt, von einem Rechteinhaber als Störer darauf in Anspruch genommen werden könne, den Zu­gang zu Internetseiten zu unterbinden, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden. Selbst Vodafone stellte nicht in Abrede, dass kinox.to einen hoch kriminellen Charakter hat. Aus Sicht des LG München sei sie als Störerin anzusehen, denn als Internetanbieterin träfen sie zumindest dann Prüfpflichten, wenn sie auf klare Rechtsverletzungen hingewiesen würde und diese Kontrollpflichten ihr Geschäftsmodell nicht wirtschaftlich gefährdeten oder ihre Tätigkeit nicht unverhältnismäßig erschwerten. Im Urteil setzte sich das LG München ausführlich mit Fragen der Effektivität der Sperrmaßnahmen auseinander und kam zu dem Ergebnis, dass alle Schutzmöglichkeiten mit etwas Sachkenntnis umgangen wer­den könnten. Dies sei aber unbeachtlich, weil nicht erwartet werden könne, dass durch das Vorgehen gegen einen Internetzugangsprovider die Verbreitung urheberrechtsverletzender Inhalte im Internet abschließend unterbunden werde. Maßgeblich sei, dass durch die Sperre der Zugang für Gelegenheitsnutzer erschwert werde. Die Kosten von EUR 150.000,– seien kein überzeugendes Argument, da sie nur die erstmalige Einrichtung einer DNS- und IP-Sperre beträfen und sonst jedem Begehren die Ersteinrichtungskosten entgegenhalten werden könnten. Abzustellen sei auf die Kosten im Verhältnis zum Gesamtumsatz, der hier im Milliardenbereich liege.

Nach dieser Entscheidung ging Vodafone Kabel vor das OLG München in Berufung. Das aber bestätigte die vorangegangene Entscheidung des LG München I (OLG München, Urteil vom 14.06.2018, 29 U 732/18). Die Entscheidungsgründe liegen uns noch nicht vor. Auf pr-online.de heißt es, Vodafone habe sich enttäuscht von dem Urteil des OLG München gezeigt und prüfe nun, welche weitere rechtlichen Schritte zu ergreifen sind. Die Constantin Film erklärte laut pr-online.de, sich zu laufenden Verfahren nicht äußern zu wollen. Vodafone hatte vorher schon, um der einstweilige Verfügung nachzukommen, eine DNS-Umleitung für ihre Kabelkunden eingerichtet, die diese auf eine Sperrseite weiterleitet, sobald sie kinox.to in ihre Browser eingeben. Problematisch daran ist, dass nicht nur der Zugang zu »Fack ju Göhte 3« verhindern wird, sondern zum gesamten Portal. Die Betreiber von kino.to teilen auf ihrem Portal mit,

Dank Constantin Film haben wir in Deutschland bald Internet Zensur wie in China oder Nord Korea. Sagt Tschuess zum freien Internet! Wir haben dennoch knapp 280~ Ersatzdomains gesichert.
und geben Vodafone-Kunden Tipps, wie sie die DNS-Sperre umgehen können.

Eine Stellungnahme von netzpolitik.org zum Urteil des LG München finden Sie hier.

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