Kinderpornosperre

Anhörung vor dem Bundestag

Am 27. Mai 2009 fand im zuständigen Ausschuss des Bundestags eine Anhörung zum Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen statt. Im Zuge dessen kann man wohl davon ausgehen, dass das Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr eingeführt wird. Mit der Online-Petition hatte die Anhörung noch nichts zu tun, auch wenn diese angesprochen wurde.

Die Expertenanhörung erfolgte alleine im Lichte des Gesetzesentwurfs und nicht hinsichtlich dem Sinn und Unsinn von Internetsperren im Allgemeinen. Experte Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Sieber, Direktor des Max-Planck-Instituts für Strafrecht, sah einen mit dem Gesetz einhergehenden Einschüchterungseffekt, der zur Selbstzensur in der Bevölkerung aus Angst vor Strafverfolgung führen könne. Jürgen Maurer, Direktor beim Bundeskriminalamt (BKA), machte deutlich, dass die Überprüfung der Inhalte unter den auf den Sperrlisten verzeichneten Angeboten mit hohem Aufwand verbunden sei und Mitarbeiter der Ermittlungsbehörden Schwierigkeiten hätten, verbotenes Material überhaupt zu finden. Die Experten sprachen sich teilweise dafür aus, dass Provider erst in Kenntnis gesetzt werden, ehe eine Sperrung durchgeführt werde, damit diese die Inhalte von sich aus entfernen können. Zudem empfahlen Experten auch die vorherige richterliche Prüfung von Sperrungsverfügungen.

Die CDU/CSU-Fraktion verbuchte in einer aktuellen Pressemitteilung mehr oder weniger einen Sieg und sieht sich in ihrem Vorhaben, Internetsperren einzuführen, bestätigt, weil die angehörten Experten den Internetsperren eine gewisse Wirkung nicht absprechen konnten. Weiter spricht sich die CDU/CSU-Fraktion für eine Nutzungsbegrenzung des Gesetzes alleine für Kinderpornographie aus. Inwieweit man sich an diese Aussage erinnern wird, sollte der Internetsperrmechanismus erst einmal implementiert sein, erfahren wir dann. Die SPD-Fraktion gab ebenfalls eine Pressemitteilung bekannt, in der sie sich für eine Nachbesserung des Gesetzesentwurfs ausspricht; unter anderem soll die Regelung in einem Spezialgesetz verankert und das Subsidiaritätsprinzip in Form einer Direktansprache von Providern durch die Ermittlungsbehörden eingearbeitet werden. Damit dürfte das Gesetzgebungsverfahren für den Entwurf, der in der Bundestagssitzung vom 18. Juni 2009 verabschiedet werden sollte, ins Stoppen geraten. Die Oppositionsparteien sprachen sich aus verfassungsrechtlichen Gründen gegen das Gesetz in der jetzigen Form aus. Mittlerweile äußerte auch der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates seine Bedenken hinsichtlich der Durchführbarkeit des seitens der Bundesregierung vorgeschlagenen Weges zur Bekämpfung der Kinderpornografie.

Der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (ak-zensur.de) zeigte noch kurz vor der Anhörung, dass es wirksamere und schnellere Methoden gibt, im Internet dokumentierten Kindesmissbrauch vom Netz zu nehmen. Möglicherweise hat dies die Neupositionierung der SPD mitbeeinflusst: Alvar Freude vom Arbeitskreis analysierte europäische Sperrlisten und schrieb die Provider an, auf deren Servern sich laut der Listen kinderpornographisches Material befinden soll; schon nach wenigen Minuten erfolgten erste Löschungen, innerhalb der ersten 12 Stunden nach Aussenden der Mails waren bereits 60 Webauftritte gelöscht. 250 von 348 angeschriebenen Providern reagierten auf die eMail und untersuchten die Inhalte der fraglichen Angebote. Überwiegend stellte sich heraus, dass es sich um legale Inhalte handelte. Die Aktion zeigt, dass Provider kooperieren und man über solche Methoden ohne großen Aufwand Inhalte tatsächlich entfernt – und nicht nur mit einer leicht umgehbaren Sperrung versieht.

Die Online-Petition gegen den Gesetzesentwurf, die mittlerweile ca. 105.000 mal gezeichnet wurde, finden Sie hier.

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