Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen stösst mit ihren Plänen zur Blockade kinderpornographischer Webseiten mit Hilfe des Domain Name Systems (DNS) auf heftige Kritik: anlässlich einer Anörung im Unterausschuss Neue Medien des Bundestags bezeichneten Experten die geplanten Maßnahmen als „wirkungslos“.
Im Zuge der Bekämpfung kinderpornographischer Inhalte im Internet setzt die Bundesregierung auf das DNS. Im Kern sollen sich die Internet Service Provider (ISPs) vertraglich verpflichten, bestimmte, von staatlicher Seite vorgegebene Domain-Namen zu sperren, um so keinen Zugriff mehr auf die darunter erreichbaren Inhalte zu erlauben. Vergangene Woche hatte der in Hamburg ansässige Chaos Computer Club (CCC) den Vertrag in seiner Entwurfsfassung erstmals öffentlich gemacht. Demnach ist angedacht, dass das Bundeskriminalamt „an Tagen mit Dienstverpflichtung“ spätestens bis 10.00 Uhr eine Liste mit „vollqualifizierten Domain-Namen“ erstellt, bei welchen die darunter angebotenen Inhalte gegen § 184b des Strafgesetzbuches verstoßen. Der ISP verpflichtet sich im Gegenzug, nach Erhalt der nichtöffentlichen Liste und spätestens binnen sechs Stunden den Zugang zu diesen Domains durch Sperrmaßnahmen zu erschweren und Statistiken über die abgewehrten Angriffe mitzuteilen. Für Vermögensschäden aus der Verletzung von Pflichten des BKA übernimmt das Amt die Haftung.
Die Mehrzahl der befragten Experten bezweifelte jedoch, dass sich Kinderpornographie damit wirksam bekämpfen lässt. Hannes Federrath, IT-Sicherheitsforscher an der Universität Regensburg, wird mit den Worten „Diese Technik schadet nichts, sie nützt aber auch nichts.“ zitiert. Dem pflichtete Oliver Süme für ECO, den Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V., bei; auf diese Weise würden schätzungsweise nur zehn Prozent der im Netz kursierenden illegalen Bilder und Videos erfasst, einer Verbreitung über Chats und direkte Rechnerverbindungen stehe eine Domain-Sperre nicht entgegen. Ebenso liegt auf der Hand, dass Domains kurzfristig gewechselt werden – ein „Hase und Igel“-Spiel wäre die Folge. Die Experten fürchten weiter, dass eine solche „schwarze Liste“ den Weg für die Zensur des Internets eröffne; ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags sieht daher Beeinträchtigungen für die Artikel 5 und 10 des Grundgesetzes.
Ministerin von der Leyen scheint sich hiervon nicht abbringen zu lassen: Der Vertragsentwurf soll den acht grössten ISPs bereits übersandt worden sein.